Impfchef Berger gibt im «Club» zu, nicht zu wissen, wie viel die Impfberater bringen. Ein Medizinhistoriker weiss, dass die Politisierung zu mehr Toten führt.
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Der Bund will die Impfquote nach oben treiben. Doch selbst der Impfchef weiss nicht, wie viel die Massnahmen bringen. - Keystone, SRF
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Impfoffensive des Bundes sieht Berater vor, die von Tür zu Tür ziehen.
  • Impfchef Berger hofft, dass damit die Unsicheren und Bequemen überzeugt werden können.
  • In der Schweiz wollten alle mitreden, egal, ob sie viel wüssten oder nicht.

Die Schweiz will mit einer grossen Impfoffensive die Quote nach oben treiben. Impfbusse, die an verschiedenen Orten das Vakzin anbieten, Gutscheine für eine erfolgreiche Impfvermittlung, Impfberater, die von Tür zu Tür ziehen. Damit will der Bund die Leute von der Impfung überzeugen.

«Ich weiss nicht, wie viel es bringen wird», gibt sogar der Schweizer Impfchef im SRF-«Club» zu. «Doch es ist wichtig zu probieren, die, die unsicher sind, zur Impfung zu bewegen.» Dies sagt Christoph Berger, der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF).

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Christoph Berger, Präsident EKIF: «Bei denen, die sich gegen die Impfung entschieden haben, würden die Impfberater wohl nicht viel ändern.»
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Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärzte: «Viele lassen sich nicht impfen, weil sie die Notwendigkeit nicht sehen.»
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Michael Hermann, Politgeograf: «Es gibt auch konservative Impfgegner, die gegen den Staat und die vermeintliche Diktatur sind.»
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Flurin Condrau, Medizinhistoriker: «Die Politisierung führt zur Verlängerung der Pandemie und zu Toten.»

Die Impfberater könnten als Druck ausgelegt werden, so Berger, dies müsse aber nicht sein. «Sie können aber bei jenen helfen, die zu bequem sind, die die Impfung zu mühsam oder zu unwichtig fänden.» Diese könnten so erreicht werden.

Mit solchen Personen hat auch Rudolf Hauri Erfahrungen gemacht. «Ich habe von vielen gehört, dass sie sich nicht impfen liessen, weil sie die Notwendigkeit nicht sähen. Sie seien ja jung und gesund», so der Präsident der Vereinigung der Kantonsärzte. Im Gespräch habe er dann viele zur Impfung bringen können.

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Der Bundesrat beendete Mitte Februar die ausserordentliche Lage. Seither nimmt die hiesige Wirtschaft langsam wieder Fahrt auf. - Keystone

Bei denen, die sich gegen die Impfung entschieden haben, würden die Impfberater wohl nicht viel ändern, so Berger. Für Michael Hermann lassen sich die impfunwilligen Personen in zwei Gruppen unterteilen: «Viele, die sich nicht impfen lassen wollen, sind der Ansicht, dass krankwerden eine Einstellungsfrage sei.» Es sei für sie keine Frage der Gene oder des Essens, so der Politgeograf und Leiter der Forschungsstelle Sotomo.

Hauri bringt das Beispiel von Personen aus der Landwirtschaft, «die sagen, dass sie gesund seien und deshalb keine Impfung bräuchten». Ihnen versuche er aufzuzeigen, dass eine Impfung eben auch für sie Vorteile bringen kann.

Medizinhistoriker: Politisierung führt zu Toten

Andererseits gibt es laut Hermann die «konservativen Impfgegner», die gegen den Staat, die Obrigkeit und die «vermeintliche Diktatur» seien. Über die Zeit sei die ganze Haltung zur Pandemie in der Schweiz sehr politisch geworden. In vielen westeuropäischen Staaten sei dies weniger geschehen als in der Schweiz und den USA. «Auffällig ist, dass die USA und die Schweiz unter diesen Ländern die tiefste Impfquote haben», so Hermann.

Länder mit einer geringeren Politisierung der Pandemie hätten eklatant weniger Probleme mit dem Coronavirus, so Medizinhistoriker Flurin Condrau. «Die Politisierung führt zu einer Verlängerung der Pandemie und zu mehr Toten.» In Dänemark, wo die Massnahmen aufgehoben wurden, hätten die Menschen vollstes Vertrauen in das Gesundheitswesen und die Akteure.

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Doch Dänemark habe ein anderes politisches System, so EKIF-Präsident Berger. «In der Schweiz wollen wir viel mehr mitreden, ob wir viel verstehen oder nicht.»

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