Forderung: Taschenmunition soll wieder an Soldaten abgegeben werden
Wegen der veränderten Sicherheitslage soll jeder Soldat wieder 20 Schuss zuhause aufbewahren – für den Einsatz im Notfall.
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Das Wichtigste in Kürze
- An Schweizer Soldaten soll wieder Taschenmunition abgegeben werden.
- Die 20 Schuss für den Notfall gibt es seit 2007 nicht mehr.
- Bürgerliche unterstützen die SVP-Forderung, die SP hat Bedenken.
Ursprünglich waren es 30 Schuss. Beim «alten» Sturmgewehr 57 ein Magazin voll (also 24) und beim Sturmgewehr 90 noch 20 Schuss: die Taschenmunition.
Bis 2007 wurde sie jedem Schweizer Soldaten nach der RS in einer Büchse mit nachhause gegeben. Im Kriegsfall sollte sie mit beiliegendem Schlüssel geöffnet werden, um beim Einrücken den Selbstschutz sicherzustellen.
Taschenmunition für erhöhte Bereitschaft
Nun sei es an der Zeit, dass die Taschenmunition erneut abgegeben werde, findet SVP-Ständerat Werner Salzmann. Eine entsprechende Motion zur «Erhöhung der Bereitschaft der Armee und des Wehrwillens» hat er eingereicht.

2007 habe der Bundesrat versprochen: Sollte sich die sicherheitspolitische Lage ändern, komme er auf seinen Abschaffungs-Entscheid zurück. «Ich nehme ihn jetzt beim Wort», so Salzmann. Denn die sicherheitspolitische Lage habe sich geändert.
Die Armee müsse sofort in den Einsatz können. Aber das sei eben nicht der Fall, sagt der Sicherheitspolitiker mit Dienstgrad Oberst. Es gebe Situationen – Verkehrskontrollen, Bewachung/Sicherung – in denen sie direkt an den Einsatzort aufgeboten würden. Dort müssten sie sofort bereit sein, und das gehe nur, wenn man sie komplett ausrüste.
SVP-Salzmann: «Dann reichen 20 Schuss»
Ein Magazin voll Patronen: Das scheint für einen militärischen Einsatz vergleichsweise wenig zu sein und wäre theoretisch innert weniger Sekunden verschossen. Werner Salzmann sieht darin dennoch Sinn. Denn die Armee wäre bei einem Grossereignis – etwa ein Terrorakt – der Polizei untergeordnet im Einsatz.
«Sie wird also nicht primär Munition einsetzen, braucht sie aber zur Bewachung oder Verkehrskontrolle, um im Notfall schiessen zu können. Dann reichen 20 Schuss.»
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Salzmanns Anliegen erhält etwa auch aus der Mitte-Partei Unterstützung. Nationalrat Reto Nause (M/BE) hält die Abgabe von Taschenmunition zwar für eine symbolhafte Forderung: «Sie dokumentiert, dass wir wieder wehrhaft werden wollen.» Doch sei es schon so, dass die Armee ganz andere Probleme habe, wie fehlende Munition für die Luftabwehr.
Seiler Graf (SP): Nicht nötig, nur gefährlich
Als Nau.ch die Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission, Nationalrätin Priska Seiler Graf (SP/ZH), mit der Taschenmunitions-Forderung konfrontiert, stutzt diese nur. Ihr sei nicht klar, warum das nötig sein soll: «Es gibt gar kein Szenario, welches dafürsprechen würde.»
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Dass die sicherheitspolitische Situation sich geändert habe, will sie gar nicht bestreiten, nur gebe es keinen Zusammenhang zur Taschenmunition. Bis es auf Schweizer Boden Krieg gebe, wo terrestrisch gekämpft werden müsste, müsste noch einiges vorher passieren. «Die Russen stehen nicht am Rhein mit den Panzern.»
Priska Seiler Graf hinterfragt auch, wie das ganz praktisch überhaupt funktionieren solle: «Können denn die Leute das?» Denn eigentlich seien solche Einsätze etwas für Profis, weshalb auch die Polizei zuständig sei.
Hingegen sieht sie Gefahren, wenn man die Taschenmunition den Soldaten wieder mitgeben sollte. «Nämlich all die Suizide und Tötungsfälle, die es mit der Ordonnanzwaffe gibt.»
140'000 Dienstpflichtige mit Munition und einem Sturmgewehr zuhause – dies wiederum sieht Ständerat Werner Salzmann nicht als Problem: «Das war bis 2007 so und es war nie eine Gefahr.» Die Taschenmunition sei abgepackt und müsse bei jedem WK wieder vorgewiesen werden. «Demzufolge ist dieses Risiko überhaupt nicht vorhanden.»