Albert Rösti soll für den präventiven Wolfsabschuss Bedenken der Bundeskanzlei und Juristen des Bundes ignoriert haben. Pro-Wolf-Verbände sind entsetzt.
Albert Rösti Wolf
Ein Tschechoslowakischer Wolfshund hält eine Maske von Bundesrat Albert Rösti im Mund bei der Einreichung der Petition gegen den Wolfsabschuss. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Dokumente aus der Verwaltung zeigen, wie die Teilrevision der Jagdverordnung zustande kam.
  • Bundeskanzlei sowie die Bundesämter für Umwelt und Justiz hatten verschiedene Bedenken.
  • Der WWF und die Gruppe Wolf Schweiz kritisieren SVP-Umweltminister Albert Rösti.
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Im Dossier «Wolf» läuft es für Albert Rösti aktuell nicht rund. Am Freitagmittag entschied das Bundesverwaltungsgericht, die präventive Rudelregulierung müsse gestoppt werden: wenigstens so lange, bis das Gericht über die Beschwerden der Umweltverbände gegen die Wolfsabschüsse entschieden hat. Die Kantone Wallis und Graubünden hatten beide ein Gesuch gegen dieses Aufschieben eingereicht.

Wie «CH Media» zudem berichtet, hat Albert Rösti für seine Anpassung der Jagdverordnung, die präventive Abschüsse ermöglichte, vieles ignoriert. Sitzungsprotokolle, die ein Journalist einsehen konnte, zeigen: Rösti entschied schon im Mai, dass ab Dezember proaktives Erlegen von Wölfen möglich sein werde.

Sorge um Übereinstimmung mit Berner Konvention

Der Vorsteher des Umweltdepartements entschied zudem, die zulässige Untergrenze für Wolfsrudel in der Schweiz herunterzuschrauben. Sie wurde auf zwölf reduziert. Sein Sekretariat hatte zuvor noch eine Untergrenze von 15, 14 oder 10 Rudeln in Betracht gezogen. Gemäss Bundesamt für Umwelt (Bafu) müsste die Untergrenze bei 20 liegen, um im Einklang mit der Berner Konvention zu sein.

Rösti Bafu Wolf
Bundesrat Albert Rösti und Bafu-Direktorin Katrin Schneeberger an der Medienkonferenz zur Teilrevision der Jagdverordnung, 1. November 2023. - keystone

Vor der Einführung verzichtete Röstis Generalsekretariat auf eine Vernehmlassung. Schliesslich seien die Positionen aller Akteure bekannt, da erst gerade über das Jagdgesetz abgestimmt worden sei. Die Bundeskanzlei hatte Bedenken, gab aber auch zu, dass schlussendlich die «federführende Verwaltungseinheit» verantwortlich sei. Und das Bundesamt für Justiz vermerkte, dass eine Begründung für die Zahl 12 gänzlich fehle.

Aber da «landwirtschaftsnahe Kreise» zufrieden sind, geht die Vorlage in den Bundesrat, wo sie am 1. November verabschiedet wird. Die Untergrenze bleibt bei zwölf Rudeln.

Gruppe Wolf Schweiz wirft Albert Rösti «Bedienung der Wählerklientel» vor

Auf Anfrage von Nau.ch hält sich der Geschäftsführer der Gruppe Wolf Schweiz, David Gerke, mit Kritik nicht zurück: «Es ist unverständlich, dass die Forderungen der Fachbehörden aus dem Bereich Tierschutz und Umweltschutz einfach ignoriert und übergangen wurden.»

Gerke fügt hinzu: «Das zeigt, dass die Revision der Jagdverordnung ein rein politisch motivierter Entscheid zur Bedienung der eigenen Wählerklientel ist und jeder fachlichen Grundlage entbehrt.» Dies fördere das Vertrauen in die Institutionen nicht, betont der Wolfsaktivist.

Gerke Wolf Schweiz
David Gerke (links), Geschäftsführer der Gruppe Wolf Schweiz. - keystone

Der WWF bezeichnet die Untergrenze ebenfalls als «völlig willkürlich, das wird durch den Artikel und die veröffentlichten Dokumente bestätigt». Es sei bedenklich, dass der zuständige Bundesrat die Inputs seiner Fachpersonen ignoriere. Der Verband fügt hinzu: «Ob die Abschüsse mit der Berner Konvention vereinbar sind, werden die Schweizer Gerichte aufgrund unserer Beschwerden feststellen.» Man hoffe immer noch, «bald zu einem fachlich fundierten und gesetzeskonformen Umgang mit dem Wolf» zurückzufinden.

Geht die Schweiz falsch mit dem Wolf um?

Ralph Kreuzer, Sprecher von Albert Rösti, hält am Telefon dagegen: «Es wurden keine Experten ignoriert. Der Bundesrat hat einfach eine andere Entscheidungsgrundlage.» Über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gab er keinen Kommentar, da es sich um ein laufendes Verfahren handle.

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