Die Zauberformel für die Verteilung der Sitze im Bundesrat hat ausgedient. Eine neue Formel müsste aber viel mehr Ansprüchen genügen, als diejenige von 1959.
Bundesrat Zauberformel CVP
Das offizielle Bundesratsfoto 2019 mit je zwei SVP-, SP- und FDP-Vertretern und einer CVP-Vertreterin. Alle Mitglieder sind erneut gewählt. - Schweizerische Bundeskanzlei
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Grünen fordern einen Sitz im Bundesrat aufgrund ihrer Wählerstärke.
  • Auch für künftige Verschiebungen bei Wahlen braucht es eine neue Zauberformel.
  • Diese muss auf alle möglichen Konstellationen Rücksicht nehmen können.

Die Grünen wollen einen Bundesratssitz, die FDP pocht auf die gute alte Zauberformel. Diese ist allerdings etwas angestaubt: Sie beruht auf der politischen Situation von 1959.

Nun kursieren verschiedene Vorschläge, wie die Sitzverteilung im Bundesrat neu geregelt werden könnte. Diese berücksichtigen aber nur gerade die aktuellen Machtverhältnisse. Für eine Formel, die wieder 60 Jahre hält, taugen die Vorschläge von Christoph Blocher oder den Grünen aber nur bedingt.

Ziel: Bundesrat repräsentiert Mehrheit der Wähler

Um zu einer neuen Formel zu gelangen, muss zuerst einmal klar sein, was man eigentlich will. Die Zauberformel bewirkte, dass 70 oder 80 Prozent der Wählenden im Bundesrat repräsentiert waren. Das ist keine Selbstverständlichkeit: Andere Länder kennen solch hohe Hürden nicht, fallsweise kommt es sogar zu Minderheits-Regierungen.

Sitzverteilung Bundesrat Zauberformel
Die Verteilung der Sitze im Bundesrat gemäss Zauberformel und die Anteile der Parteien bei den Wahlen 1959. - Nau

Mit der 2:2:2:1-Formel ist es theoretisch möglich, dass sich weit weniger als 70 Prozent Wähleranteil im Bundesrat widerspiegeln. Hypothetisch wären auch weniger als 50 Prozent möglich – wenn sich über die Hälfte der Stimmen auf Kleinstparteien zersplittern. Immer wieder gewünscht und ursprünglich auch so angedacht ist, dass kein Block die Mehrheit erlangt.

Einfach schwierige Zauberformel

Dies zu erreichen, war 1959 rein rechnerisch einfach und der politische Wille zur Konkordanz gross. Mit den neuen, sich schneller ändernden Kräfteverhältnissen wird es aber schwierig, diesen Ansprüchen gerecht zu werden.

Zunächst müsste festgelegt werden, wie hoch der Wähleranteil aller Regierungsparteien zusammen sein soll. Wäre es wünschenswert, dass mindestens 60 oder noch mehr Prozent der Wähler von einem Bundesrat vertreten sind? Und wer wird da dazugerechnet – darf man eine 9-Prozent-Partei mit reinnehmen, nur damit man auf 60,1 Prozent kommt?

Bundesratspartien Wähleranteile 2015 2019
Die Bundesratsparteien repräsentieren im Vergleich zu 2015 nach den Wahlen 2019 einen kleineren Anteil der Wählerschaft. - Nau

Unter diesen Parteien würden dann die sieben Sitze verteilt, aber auch dies kann verzwickt werden. Die neue Zauberformel müsste auch bestimmen, wie man sieben Sitze auf sechs annähernd gleich grosse Parteien verteilt. Oder auf eine riesige und ein paar kleine Parteien.

Politik muss sich festlegen

Auch über weitere Rahmenbedingungen müssten sich die Parteien mal einigen. Muss ein gutes Wahlresultat erst einmal vier Jahre später bestätigt werden – und was gilt dann als «bestätigt»? Auch die Abwahl von amtierenden Bundesräten müsste diskutiert und festgelegt werden.

Sieg der Zauberformel
Sieg der «Zauberformel»: Schlagzeile in der NZZ vom 19. Dezember 1959, nachdem erstmals zwei Vertreter der SP in den Bundesrat gewählt wurden. - SMD/NZZ

A propos festlegen: Will man die Regierungs-Formel in ein Gesetz oder in die Bundesverfassung schreiben? Denn die Zauberformel ist ein ungeschriebenes Gesetz. Sich an ein solches zu halten, auch noch mit etwas Zauber dran, hat ja auch etwas Schönes.

Nur: Der Begriff «Zauberformel» stammt von einem der vehementesten Kritiker. Der verärgerte Nationalrat Max Rohr von der Konservativen Volkspartei (heute CVP) benutzte als erster den Begriff. Erst später wurde aus dem «faulen Zauber» eine «zauberhafte» politische Einigung.

Sondernummer der Schweizer Filmwochenschau vom 25.12.1959: Die Zauberformel gelangt erstmals zur Anwendung, «ein neues Kapitel in der Geschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft hat begonnen». - Schweizerisches Bundesarchiv
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