Der Bundesrat schickt die Schweiz ab Montag in den Lockdown. Die rigorosen Coronavirus-Massnahmen lösen viel Frust aus, treffen aber auch auf Verständnis.
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Alain Berset, Guy Parmelin und Ueli Maurer verkünden an einer Medienkonferenz drastische Massnahmen. Erst am 14. April sind neue Entscheide zu erwarten. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat hat aufgrund der prekären Lage zu einschneidenden Massnahmen gegriffen.
  • So werden ab Montag die meisten Läden geschlossen. Der «Beizen-Lockdown» wird verlängert.
  • Die strengen Entscheide spalten die Gemüter.

Nach wochenlangem Zögern verschärft die Schweiz ihre Corona-Massnahmen deutlich: Von Montag an bleiben alle Geschäfte geschlossen, die keine Güter des täglichen Bedarfs verkaufen. Zudem müssen Arbeitgeber Homeoffice anordnen, wo immer dies möglich ist. An privaten Veranstaltungen dürfen wegen des Coronavirus nur noch maximal fünf Personen teilnehmen.

Grund für den Entscheid sei die Ausbreitung der neuen Virusvarianten, sagte Präsident Guy Parmelin am Mittwoch in Bern. Diese sind deutlich ansteckender als die früheren Varianten.

Detailhändler bezeichnen Ladenschliessung als «schweren Schlag»

Die vom Bundesrat verfügte Schliessung der Non-Food-Läden sei für den Detailhandel «ein schwerer Schlag», schrieb Swiss Retail am Mittwoch. Dies werde viele Geschäfte in eine existenzbedrohende Lage manövrieren.

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Bereits im Frühling 2020 war die Schweiz wegen dem Coronavirus mehrere Wochen im Lockdown. - keystone

In seiner Medienmitteilung heisst es weiter, der Detailhandel sei kein Ansteckungsherd. Obwohl man sich im «Lockdown light» anpassungsfähig, proaktiv und vorbildlich gezeigt habe, werde er jetzt unverhältnismässig mit einem Lockdown bestraft. Für Mitarbeitende im Detailhandel sei die Aussicht auf Kurzarbeit aufgrund von Ladenschliessungen sehr belastend und führe zu einer grossen Verunsicherung.

Die Economiesuisse pflichtet dem Detailhandels-Verband in einer Medienmitteilung bei. Man unterstütze den Bundesrats-Entscheid, die bereits geltenden Schutzmassnahmen bis Ende Februar zu verlängern. «Hinter die deutliche Verschärfung der Einschränkungen setzt der Wirtschaftsdachverband jedoch ein grosses Fragezeichen.» Weiter schaffe die zusätzliche Schliessung vieler Läden trotz funktionierender Schutzkonzepte grosse Probleme.

Beim Schweizer Tourismusverband nimmt man den Entscheid zu Kenntnis. Er fordert aber, dass die dadurch verursachten Ertragseinbussen im Gegenzug dringend entschädigt werden müssten. Es sei zu hoffen, «dass der Bundesrat wie angekündigt rasch weitere Massnahmen zur unmittelbaren Unterstützung prüfen und in die Wege leiten wird».

GDK zeigt Verständnis für Verschärfungen wegen des Coronavirus

Die kantonalen Gesundheitsdirektoren zeigen Verständnis für die Verlängerung und Verschärfung der Massnahmen des Bundes gegen das Coronavirus. Skepsis herrscht auch hier gegenüber der Schliessung der Läden und Märkte sowie der Homeoffice-Pflicht.

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Der Bundesrat stockt die Hilfe für geschlossene Unternehmen auf. (Archiv) - Keystone

Die vom Bundesrat beschlossenen Erleichterungen für den Zugang zu den Härtefallhilfen begrüsste die GDK am Mittwoch in einer Mitteilung. Positiv gewürdigt werden von ihr auch die Ausweitung der Maskenpflicht am Arbeitsplatz.

Grüne, SP und CVP begrüssen Bundesrats-Entscheid...

Die Grünen unterstützen laut ihrem Parteipräsidenten Balthasar Glättli die Verschärfung der Corona-Massnahmen. Endlich habe der Bundesrat den Ernst der Lage erkannt. Die Grünen begrüssten diese «Kursänderung», erklärte der Zürcher Nationalrat am Mittwoch.

Auch die SP Schweiz ist zufrieden mit den neuen Corona-Beschlüssen des Bundesrates. Dieser Schritt sei nötig, um die Zahl der Erkrankten rasch und dauerhaft zu senken, erklärte die Partei am Mittwoch. Sie fügte an: «Der Bundesrat übernimmt endlich Verantwortung».

Für die CVP sind die Verschärfungen der Corona-Massnahmen «leider notwendig». Die Partei begrüsst insbesondere die starke Vereinfachung der Härtefallregelung. Die Hilfe für die betroffenen Branchen könne nun rasch und unbürokratisch erfolgen.

...und die SVP tobt

Anders sieht es bei der SVP aus. Die bürgerliche Partei verurteilt das Vorgehen des Bundesrates massiv. So ist in der entsprechenden Medienmitteilung zu lesen: «Der Bundesrat – allen voran Gesundheitsvorsteher Alain Berset – scheint den Bezug zur Wirklichkeit komplett zu verlieren.»

Thomas Aeschi macht seinem Ärger auf Twitter Luft. Der Bundesrat treibe die Schweiz in die Armut, wettert der Fraktionspräsident.

FDP will rascher impfen, um Konkurse zu verhindern

Und die FDP? Sie fordert eine Impfoffensive von Bund und Kantonen. Impfstoffe seien ein zuverlässiges Mittel zur Bekämpfung der Krise. Damit sollen die Einschränkungen «zum frühstmöglichen Zeitpunkt wieder aufgehoben werden».

Den Entscheid des Bundesrates aber begrüsse man «sehr», schreibt die Partei in ihrer Reaktion. Insbesondere, dass die Beträge für betroffene KMU umgehend und unbürokratisch gelockert würden.

Das Überleben vieler KMU stehe auf dem Spiel. Darum gelte: «Je schneller und umfassender geimpft wird, desto besser kann den Unternehmen geholfen werden.»

Härtefall-Programm kommt bei Kantonen gut an

Die Volkswirtschaftsdirektoren der Kantone begrüssen die vom Bundesrat beschlossenen Anpassungen des Härtefall-Programms ebenfalls. Unter anderem gelten Betriebe als Härtefälle, die mehr als 40 Tage durch behördliche Anweisung geschlossen werden. Christoph Brutschin (SP) kommentierte die Lage am Mittwoch vor den Medien in Bern. Brutschin ist Präsident der Konferenz der Kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) und Baselstädter Wirtschafts- und Sozialdirektor.

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Der Bundesrat beantragt dem Parlament, die Finanzhilfen auf 10 Milliarden Franken aufzustocken. - sda - KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI

Der Ansatz, behördlich geschlossene Betriebe automatisch als Härtefall zu betrachten, sei zielführend, so Brutschin. Es sei in seinen Augen richtig, sich auf das Härtefall-Programm zu konzentrieren. «Wir müssen schauen, dass die Gelder bei jenen ankommen, die sie nötig haben. Diese Krise geht nun in die Breite», sagte er mit Blick auf erneute Schliessungen von Läden ab Montag.

Umsetzung der Finanzhilfen nicht einfach

Mit den neuen Corona-Massnahmen können mehr Unternehmen ein Gesuch um finanzielle Hilfe stellen. Für die Kantone, welche die Massnahmen vollziehen müssen, bedeutet das viel Arbeit. Die Finanzdirektoren erachten den Weg aber als wichtig, richtig und zielführend.

Der Bund habe den finanzpolitischen Rahmen für die weiterführende Hilfe gesetzt. Dies sagte Ernst Stocker, Vorsteher der Finanzdirektion des Kantons Zürich und Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK). Nun liege die Umsetzung bei den Kantonen.

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