So sollen die Prioritäten beim Verkehrsnetz gesetzt werden

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Bern,

Für den Ausbau des Bahn- und des Strassennetzes in den nächsten 20 Jahren stehen mehr Projekte an, als Mittel verfügbar sind. Das sind die Prioritäten.

Schienen- und des Strassennetz
Für den Ausbau von Schienen- und Strassennetz gibt es mehr geplante Projekte als verfügbare finanzielle Mittel. (Archivbild) - afp

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein ETH-Bericht hat die Prioritäten für den Ausbau des Verkehrsnetzes empfohlen.
  • Der Fokus soll auf Lückenschliessungen und Redundanzen gelegt werden.
  • Der Bahnhof Stadelhofen soll ein viertes Gleis bekommen, um ausbaufähig zu bleiben

Für den Ausbau des Schienen- und des Strassennetzes in den nächsten zwanzig Jahren sind mehr Pläne in der Pipeline als Mittel verfügbar. Hinzu kommt, dass das Stimmvolk an der Urne mehrere Autobahn-Ausbauten abgelehnt hat.

In einem vom Bundesrat angeforderten Gutachten sind nun Verkehrsprojekte auf ihre Priorität hin geprüft worden. Diesen Bericht will der Bundesrat für das weitere Vorgehen heranziehen. Das sind die Empfehlungen von Studienautor Ulrich Weidmann, ETH-Professor für Verkehrssysteme am Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme, und seinem Team.

Bahnhof Stadelhofen soll viertes Gleis bekommen

Konkret empfiehlt die ETH-Studie in der Region Zürich, die Oberlandautobahn Uster-Betzholz auszubauen. Dies sei wichtig, um die «Verkehrssicherheit und die Innenentwicklung zu verbessern». Zudem haben der Zimmerberg-Basistunnel 2 und das vierte Gleis am Bahnhof Stadelhofen höchste Priorität. Andernfalls sei das Zürcher Netz «nicht mehr ausbaufähig».

stadelhofen
Der Bau des vierten Gleises am Bahnhof Stadelhofen soll prioritär behandelt werden. - keystone

Dafür fallen die «ausserordentlich teure» Glatttalautobahn und die Zug-Direktverbindung Zürich-Aarau weg. Der Fäsenstaubtunnel für Autos bei Schaffhausen und die Tram- und Stadtbahnprojekte in Zürich-Nord und Glattal werden auf nach 2045 verschoben.

Experte rät zum Ausbau des Bahnhofs Luzern

In der Zentralschweiz das starke Wachstum des Kantons Luzern in der Verkehrspolitik beachtet werden. Weidmann rät zum Ausbau des Durchgangsbahnhofs Luzern – ein «Schlüsselprojekt der Periode 2025-2045». Der Bahnhof sei der am drittstärksten frequentierte, weise aber fahrplantechnische Engpässe und kurze Perrons auf.

luzern
Der Bahnhof Luzern soll ausgebaut werden. - keystone

Dafür soll der Ausbau des Gütschtunnels wegfallen. Der Halbstundentakt Bern-Luzern soll verschoben werden. Zudem wird der Ausbau der Autobahn zwischen Buchrain und Rütihof auf sechs Spuren nicht empfohlen.

Experte: Hohe Belastung in Region Bern

Weidmann sieht in der Region eine hohe Belastung von Bahn und Autobahn. Der Abschnitt Wankdorf-Schönbühl soll deshalb, «wenn finanziell möglich», schon vor 2045 ausgebaut werden. Zwischen Schönbühl und Kirchberg soll dafür der Pannenstreifen umgenutzt werden.

unfall felsenauviadukt
In der Region Bern sind Schiene und Strasse stark belastet. - sda - Raphaël Zwahlen

Der Experte betont die Wichtigkeit der Ligne directe zwischen Neuchâtel und La-Chaux-de-Fonds, um den Neuenburger Jura «deutlich aufzuwerten». Der Grimseltunnel hingegen sollte nur bei ausreichender Finanzierung priorisiert werden.

Experten-Empfehlung widerspricht Volksentscheid

In der Ostschweiz stellt sich Weidmann gegen das Volk: Er rät, die dritte Röhre Rosenberg zu realisieren – die Stimmbevölkerung hatte dies aber vor einem Jahr abgelehnt. Der Ausbau würde aber «das Potential zur Aufwertung des Strassenraums und zur städtebaulichen Entwicklung» eröffnen.

Keine oberste Priorität hat die Ost-West-Bahnverbindung zwischen Genf und St. Gallen. Es fehle eine überzeugende Perspektive, heisst es im Gutachten.

Fokus auf die Bahn in der Westschweiz

In der Westschweiz, wo sowohl Strasse als auch Bahn überlastet seien, soll der Fokus auf der Bahn liegen. Der Ausbau der Strecke zwischen Genf und Lausanne habe Priorität, zusammen mit dem Tiefenbahnhof Genéve-Cornavin und der Strecke Morges-Perroy. Auch Lausanne-Fribourg soll ausgebaut werden. Bern-Lausanne hingegen soll verschoben werden.

genf lausanne
Experten empfehlen den Ausbau der Zugstrecke zwischen Genf und Lausanne. - keystone

Die ETH-Forschenden befassten sich mit den Jahren 2025 bis 2045. Der Schwerpunkt sollte bei Projekten mit mehreren Kernnutzen und viel Ausstrahlung gesetzt werden, wie Studien-Hauptautor Ulrich Weidmann sagte. Ergänzt werden sollten diese mit gezielten Ausbauten an kapazitätskritischen Stellen. Dagegen würden mit kleinteiligen Ausbauten grundlegende Mängel und Kapazitätsengpässe noch über Jahrzehnte bestehen bleiben.

Lückenschliessungen und Redundanzen haben Priorität

Im Bahnnetz raten die Fachleute allgemein dazu, Grossprojekten höchste Priorität zu geben. Etwas weniger hoch gewichten sie Ausbauten für den Personen- und den Güterverkehr. Noch weiter unten stehen Fahrplanverdichtungen, Bahnhof-Ausbauten und neue Haltestellen.

Im Nationalstrassennetz werden Projekte für Lückenschliessungen sowie Redundanzen als prioritär beurteilt. Erst danach folgen Kapazitätsausbauten, und als noch weniger prioritär werden Ortsentlastungen eingestuft.

So viel Geld steht zur Verfügung

Den finanziellen Rahmen für die zwanzig Jahre bis 2045 setzte das Uvek. Demnach stehen für Nationalstrassenvorhaben 9 Milliarden Franken zur Verfügung und für Bundesanteile an Agglomerationsverkehrsprojekten 7,5 Milliarden Franken. Bei der Bahn, wo die Kosten für den jüngsten beschlossenen Ausbauschritt 14 Milliarden Franken höher sein könnten als beschlossen, liess das Uvek zwei Finanzrahmen untersuchen: einen mit 14 Milliarden und einen mit 24 Milliarden Franken.

Zum Beispiel ist die Rede davon, das befristete Mehrwertsteuer-Promille für den Bahninfrastukturfonds weiterhin zu erheben. Es gäbe auch noch andere Finanzierungsquellen. Diese müssen aber gemäss Bundesratsbeschluss mit dem Entlastungspaket 27 vereinbar sein. Auch die Schuldenbremse müsse respektiert werden, sagte Verkehrsminister Albert Rösti.

Was sind die finanziellen Vorgaben?

Insgesamt wurden 226 Positionen unter die Lupe genommen und nach Priorität eingereiht, ihr Volumen beläuft sich zusammengezählt auf rund 113 Milliarden Franken. Vor allem Vorhaben für das Nationalstrassennetz und für die Bahn beanspruchen drei- bis viermal so viele Mittel, wie beim Bund bis 2045 zur Verfügung stehen. Bei den Agglomerationsprogrammen ist die Abweichung weit weniger gross.

Mit den im Gutachten nach fachlichen Kriterien gesetzten Prioritäten könnten 90 Prozent der Projekte mit hoher Priorität gebaut werden – unter der Voraussetzung, dass im Bahninfrastrukturfonds (BIF) mehr Geld zur Verfügung steht. Ist das aber nicht der Fall, müssten zusätzlich Bahnprojekte zurückgestellt werden.

Bundesrat will sich im Januar inhaltlich äussern

Verkehrsminister Albert Rösti nahm am Donnerstag inhaltlich noch nicht Stellung zu dem Gutachten. «Es braucht jetzt umfassende Diskussionen, vor allem mit den Direktbetroffenen und den Kantonen», sagte er vor den Medien.

rösti
Bundesrat Albert Rösti will sich erst im Januar zu dem Bericht äussern. - keystone

Der Fall sei dies vor allem dort, wo die Resultate des Gutachtens nicht den Erwartungen entsprächen. «Wir gehen das ergebnisoffen an, es braucht eine mehrheitsfähige Vorlage.» Inhaltlich zum Bericht äussern wolle sich der Bundesrat erst im Januar.

Wie geht der Bundesrat nun vor?

Bis Ende Januar 2026 muss das Uvek Projekte vorschlagen, die in die Nationalstrassen- und die Bahninfrastruktur-Ausbauschritte sowie ins fünfte Programm Agglomerationsverkehr aufgenommen werden sollen. Eine für alle Verkehrsträger gemeinsame Vernehmlassungsvorlage soll Ende Juni 2026 vorliegen. Darin will der Bundesrat einen Ausbauschritt 2027 für Strasse, Bahn und Beiträge ans Programm Agglomerationsverkehr beantragen und einen Ausblick auf die weiteren Ausbauschritte 2031 und 2035 vornehmen.

Der Bundesrat will mit diesem Vorgehen die gesamtheitliche Planung aufzeigen. Gedacht ist laut Verkehrsminister Rösti, dass das Parlament ab 2027 erste Entscheide fällen kann. Für Strasse und Schiene soll es separate Beschlüsse geben, zu denen dann je ein Referendum möglich ist.

Kommentare

User #2159 (nicht angemeldet)

Auto Steuern für alle Benzin ,Diesel, E-Auto Für alle gleich

User #5926 (nicht angemeldet)

Rösti hat den gordischen Knoten durchschlagen und feiert die Rückkehr der erst abgelehnten Autobahnstrecken (9 millionen). Seit der Abstimmung haben sich offenbar alle Ablehnungsgründe in Luft aufgelöst. Jetzt planen wir also überall 4-spurige Autobahnen, Tunnels kreuz u. quer durch das Alpenmassiv und über sämtlichen Seen kleine goldengate Brücken und leben dann frei und glücklich nach Onkel Albert , wenn wir bis dann nicht gestorben sind.

Weiterlesen

Rösti
19 Interaktionen
Vorwurf
Bahnhof
4 Interaktionen
Zürich
Kilometer Auto Stau
7 Interaktionen
Stau
Smartphone
104 Interaktionen
Kupfer, Nickel & Co.

MEHR AUS STADT BERN

Bad Bunny
Jahrescharts sind da
onebear
Pop-Up Store
Simone Richner FDP Gastbeitrag
Simone Richner (FDP)
Bernmobil
Das sagt Bernmobil