Rösti erntet Kritik für ETH-Bericht zur Verkehrsinfrastruktur
Der von Bundesrat Albert Rösti und dem Verkehrsdepartement in Auftrag gegebene ETH-Bericht zur Schweizer Verkehrsinfrastruktur stösst vielerorts auf Kritik.

Der von Bundesrat Albert Rösti und dem Verkehrsdepartement in Auftrag gegebene Bericht der ETH Zürich zur Schweizer Verkehrsinfrastruktur kommt vielerorts nicht gut an. Bemängelt werden das Comeback der Autobahnausbauten und die im Vergleich dazu geringe Priorisierung von Bahn- und Agglomerationsprojekten.
Abgelehnte Projekte kämen erneut auf den Tisch und der im vergangenen November an der Urne abgelehnte Autobahnausbau werde untergraben, teilten die Grünen am Donnerstag mit. «Mit diesem Bericht bestellt Rösti neue Autobahnen im Umfang von neun Milliarden Franken», wird Präsidentin Lisa Mazzone zitiert. Die dringend nötige Diskussion über eine nachhaltige Zukunftsvision der Mobilität finde in diesem Gutachten nicht statt.
Auch die verkehrspolitische Umweltorganisation Umverkehr verurteilt das Comeback der abgelehnten Autobahnausbauten. Falls die Politik dieses Vorgehen nicht stoppe, werde das Referendum ergriffen, hiess es in ihrer Medienmitteilung. Es überrasche nicht, dass der Bericht von ETH-Professor Ulrich Weidmann grösstenteils seinem Auftraggeber Rösti folge. Der Autobahnausbau sei klimaschädlich und verhindere daher die gesetzlich verankerten und von der Bevölkerung beschlossenen Klimaziele.
Eine Gesamtschau des Verkehrsnetzes sei sinnvoll, aber ohne Kapazitätserweiterungen auf dem Nationalstrassennetz, schrieb der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS). Der VCS fordere stattdessen, dass Projekte für Bahn-, Bus-, Velo- und Fussverkehr finanzpolitisch und planerisch priorisiert werden. Diese würden zur Verkehrswende beitragen und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Schienenausbauten sollen Vorrang vor Strassenausbauten haben.
Velo vom Bundesrat bis 2045 vernachlässigt
An den Strassenrand verdammt werde das Velo. Es spiele keine Rolle in den Verkehrsüberlegungen des Bundesrats bis Ende 2045, teilte der Verein Pro Velo Schweiz mit. Er fordert ein Umdenken bei der Verteilung der finanziellen Mittel, insbesondere mit Blick auf die Umsetzung des Veloweggesetzes.
Die SP forderte den Bundesrat dazu auf, die Bahninfrastruktur sowie Agglomerationsprojekte zu priorisieren und die Investitionen in diesen Projekten zu garantieren. Nur so könne ein Mobilitätssystem sichergestellt werden, dass die regionale und soziale Gleichstellung, die Versorgungssicherheit, die Klima- und Umweltverträglichkeit und die Bewegungsfreiheit der Menschen gewährleistet, schrieb die Partei.
Die Interessensgemeinschaft öffentlicher Verkehr verlangte, dass der Bahninfrastrukturfonds um zehn Milliarden auf 24 Milliarden aufgestockt wird. Nur mit einer solchen Aufstockung seien die wichtigen Ausbauten möglich, die dringend erforderlich seien, um das Angebot zu erhöhen und die erhoffte Nachfragesteigerung auf der Bahn zu bewältigen.
TCS lobt ETH-Bericht
Im Allgemeinen positiver bewertet wird der ETH-Bericht vom Touring Club Schweiz (TCS). Der Bericht schaffe eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur, schrieb der TCS. Es sei insbesondere positiv, dass der Bericht straffere Planungs- und Bewilligungsprozesse empfehle. Die momentan lang andauernden Verfahren gefährdeten den Ausbau der Infrastruktur.
Die Kantone begrüssen die ganzheitliche Betrachtung der Mobilität und die Fokussierung auf die Bedürfnisse der Menschen. Das teilten die Konferenzen der kantonalen Direktorinnen und Direktoren für Verkehr sowie Bau, Planung und Umwelt mit. Sie fordern nun eine sichere und ausreichende Finanzierung der Infrastrukturprojekte. Insbesondere im Hinblick auf die klimapolitischen Ziele, welche sich die Schweiz gesetzt hat.