Bundesrat räumt Mängel im heutigen Einbürgerungssystem ein
Der Bundesrat hält an seinem Nein zur Demokratie-Initiative fest, obwohl er Mängel bei den Einbürgerungsverfahren sieht.

Der Bundesrat sieht mit Blick auf die Chancengleichheit Mängel bei den Einbürgerungsverfahren. Dies, weil erhebliche Unterschiede zwischen den Kantonen bestehen. An seinem Nein zur Demokratie-Initiative hält er dennoch fest.
Die Landesregierung befasste sich am Mittwoch mit zwei Postulatsberichten zum Thema Einbürgerungen, wie sie mitteilte. Gestützt auf diese und ein Gutachten schlägt sie vor, dass die Kantone gemeinsam Möglichkeiten zur Vereinfachung und Harmonisierung des Einbürgerungsverfehrens prüfen – insbesondere für Ausländerinnen und Ausländer der zweiten Generation.
«Damit wäre es nicht mehr so entscheidend, in welcher Gemeinde und in welchem Kanton eine Bewerberin oder ein Bewerber der zweiten Generation das Gesuch einreicht», hiess es im Communiqué.
Der Bundesrat ist ausserdem der Ansicht, dass eine Pflicht zur Protokollierung von Einbürgerungsgespräche die Rechtssicherheit erhöhen würde. Er will diese Erkenntnis nach eigener Aussage in die laufende Evaluation des Bürgerrechtsgesetzes einfliessen lassen.
Mit den Ankündigungen anerkennt der Bundesrat die von den Urheberinnen und Urhebern der Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» vorgebrachte Kritik am heutigen System ein Stück weit. An seinem im Februar gefällten Entscheid, das Volksbegehren ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen, änderte er am Mittwoch aber nichts.
Er verabschiedete die Botschaft ans Parlament mit der zuvor beschlossenen Stossrichtung. Sein Hauptargument ist, dass mit der Initiative zu stark in die Zuständigkeiten von Kantonen und Gemeinden eingegriffen würde.
Demokratie-Initiative: Einheitliche Kriterien im Bundesrecht
Die Demokratie-Initiative fordert, dass künftig der Bund für die Gesetzgebung im Bereich der Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern zuständig ist.
Zwar würden die Verfahren weiterhin von Kantonen und Gemeinden durchgeführt. Neu gäbe es aber einheitliche Kriterien im Bundesrecht. Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller hätten nach fünf Jahren rechtmässigen Aufenthalts in der Schweiz Anspruch auf eine Einbürgerung, unabhängig von der Niederlassungsbewilligung.
Ausgeschlossen von jenem Rechtsanspruch wären Personen, welche die Sicherheit des Landes gefährden, zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt wurden oder in keiner der Landessprachen über Grundkenntnisse verfügen.
Heute dürfen sich ausschliesslich Personen einbürgern lassen, die über eine Niederlassungsbewilligung C verfügen und seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz wohnen.
Die Demokratie-Initiative wurde von der zivilgesellschaftlichen Allianz «Aktion Vierviertel» lanciert. Es wird von einer breiten Bewegung aus der Zivilgesellschaft sowie von der SP, den Grünen, der Operation Libero, der Stiftung für direkte Demokratie, Campax, der Unia, dem Hilfswerk Heks und weiteren Organisationen getragen.
Die Initiantinnen und Initianten begründen ihr Anliegen namentlich mit den heute bestehenden Ungleichheiten bei der Einbürgerung. Es brauche einen Föderalismus ohne Willkür. Sie kritisieren zudem, dass heute ein Viertel der Menschen in der Schweiz sich nicht politisch beteiligen könnten.
«Einbürgerung darf keine Lotterie sein»
«Der Bundesrat beharrt auf einer Drei-Viertel-Demokratie», liess sich denn auch der Zürcher Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli in einer Stellungnahme zum Bundesratsentscheid vom Mittwoch zitieren.
«Einbürgerung darf keine Lotterie sein – der Wohnort darf nicht über die Chancen entscheiden», zitierte die SP Glättlis sozialdemokratische Zürcher Nationalratskollegin Céline Widmer.
Auch die Gewerkschaft Unia zeigte sich enttäuscht vom Nein des Bundesrats. Sie verwies namentlich auf die hohen Kosten von Einbürgerungsverfahren. Dadurch würden Menschen benachteiligt, die wenig verdienten.
Durch einheitliche Kriterien wäre das Einbürgerungsverfahren künftig transparent und nachvollziehbar, und es würde Bürokratie abgebaut, ohne dass die Einbürgerung zentralisiert würde, warb die Aktion Vierviertel derweil für ihr Anliegen.
«Die Schweizermacher gehören in die Mottenkiste der Schweizer Geschichte», zitierte die Organisation ihren Co-Präsidenten Arber Bullakaj. Zugleich betonte die Aktion Vierviertel, ihr Vorschlag werde dem Föderalismus als Grundpfeiler des Schweizer Systems gerecht, wolle aber, dass dabei die Rechtsstaatlichkeit respektiert werde.










