Die Bundesanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen den ehemaligen Vizepräsidenten Syriens erhoben. Es handelt sich um den Onkel des derzeitigen Präsidenten.
Syrien
ARCHIV - Rifaat al-Assad, ein Onkel des syrischen Präsidenten Assad, bei einem Interview mit der Associated Press. Rifaat al-Assad ist vom einem Pariser Gericht zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Foto: Michel Euler/AP/dpa - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bundesanwaltschaft klagt den Ex-Vizepräsidenten Syriens wegen Kriegsverbrechen an.
  • Rifaat al-Assad soll 1982 die verbrecherischen Gräueltaten in Hama befohlen haben.
  • Die Klage basiert auf dem Universalitätsprinzip und Unverjährbarkeit von Kriegsverbrechen.
Ad

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen den ehemaligen syrischen Vizepräsidenten und Ex-Offizier Rifaat al-Assad erhoben. Sie wirft dem Mann Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor. Es geht um Taten aus dem Jahr 1982.

Als Kommandeur der Verteidigungsbrigaden soll der Beschuldigte bei Angriffen auf die Bevölkerung in der Stadt Hama Tötungen, Folter, grausame Behandlung und unrechtmässige Inhaftierungen angeordnet haben. Das teilte die Bundesanwaltschaft (BA) am Dienstag mit.

Rifaat al-Assad war von 1984 bis 1998 Vizepräsident in Syrien. Er ist der jüngere Bruder des langjährigen Präsidenten Haiz al-Assad und Onkel des derzeitigen Präsidenten Baschar al-Assad.

Die BA eröffnete das Strafverfahren gegen ihn im Dezember 2013 aufgrund einer Anzeige der Nichtregierungsorganisation Trial International. Eine Polizeikontrolle ergab, dass al-Assad zu diesem Zeitpunkt in der Schweiz weilte.

Internationaler Haftbefehl

Aktuell hält er sich ausserhalb der Schweiz, wie die BA auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA schrieb. Ende November 2021 erliess die Schweiz einen internationalen Haftbefehl gegen den Beschuldigten. Dieser ist nach BA-Angaben weiterhin in Kraft. Das Bundesamt für Justiz würde bei einer Verhaftung ein Auslieferungsgesuch stellen.

Baschar al-Assad (r), Präsident von Syrien, kommt an einem Wahllokal während der Präsidentschaftswahlen an. Foto: Hassan Ammar/AP/dpa
Baschar al-Assad (r), Präsident von Syrien, kommt an einem Wahllokal während der Präsidentschaftswahlen an. Foto: Hassan Ammar/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Verfahren der BA basiert auf dem Universalitätsprinzip und der Unverjährbarkeit von Kriegsverbrechen. Nach diesem Prinzip kann die Justiz Kriegsverbrechen unabhängig vom Tatort und der Staatsbürgerschaft von Opfern oder Tätern verfolgen.

Das Strafrecht lässt unter bestimmten Umständen eine Anklageerhebung zu, wenn der Beschuldigte nicht in der Schweiz ist. Auch ist ein Prozess in Abwesenheit möglich. Mehrere Opfer treten im Strafverfahren als Kläger auf.

Gräueltaten an Bevölkerung

Zu den Taten kam es im Rahmen eines bewaffneten Konflikts zwischen den syrischen Streitkräften und islamistischen Aufständischen – namentlich dem bewaffneten Arm der Muslimbruderschaft – in Hama im Februar 1982. Der Konflikt forderte Schätzungen zufolge zwischen 3000 und 60'000 Menschenleben – darunter mehrheitlich Zivilisten.

Rifaat al-Assad
Hafis und Rifaat al-Assad im Jahr 1984. (Archivbild) - AFP/Archiv

Anfang Februar 1982 wurden syrische Sicherheitskräfte nach Hama entsandt, um den Aufstand niederzuschlagen. Die Operation soll Ende Februar zu Ende gegangen sei. Unter dem Kommando von Rifaat al-Assad sollen die Verteidigungsbrigaden hauptsächlich für die Niederschlagung verantwortlich gewesen sein.

Dabei wurden gemäss Zeugenaussagen mehrere Tausend Zivilisten Opfer verschiedener Übergriffe, die von sofortiger Hinrichtung bis zu Folter und Inhaftierung in eigens geschaffenen Zentren reichten.

Hinrichtungsbefehl erteilt

In der Anklageschrift wirf die BA Rifaat al-Assad als Verantwortlichem für die Operation und Kommandeur der Verteidigungsbrigaden vor, mehrere Verletzungen kriegsrechtlicher Bestimmungen angeordnet zu haben. Dabei stützt sie sich auf das Schweizer Militärstrafgesetz sowie die Genfer Konvention.

Seinen Truppen soll er den Befehl erteilt haben, die Stadt zu durchkämmen und die Einwohnerinnen und Einwohner hinzurichten. Der Beschuldigte soll sich dabei an Tötung, Folter, grausamer Behandlung und unrechtmässiger Inhaftierung beteiligt haben. Die Tötungen lassen sich gemäss BA als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einstufen.

Verfolgen Sie das Geschehen in Syrien?

Ihre Strafanträge stellt die BA bei der Hauptverhandlung vor dem Bundesstrafgericht. Ein Datum war am Dienstag nicht bekannt. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung für den Beschuldigten.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Baschar al-AssadHinrichtungTatortBundesanwaltschaft