Schweizer Armee: Frauen erhalten einen Hodenschutz
Die Schweizer Armee will ihren Frauenanteil auf zehn Prozent steigern. Eine neue Dokumentation zeigt nun: Der Weg ist noch lang.
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Das Wichtigste in Kürze
- Der Frauenanteil in der Schweizer Armee liegt aktuell bei 1,6 Prozent.
- Frauen in der Armee berichten nun in einer neuen Dokumentation von sexueller Belästigung.
- Auch bei den Uniformen und in der Befehlskette hapere es.
Bis 2030 soll der Frauenanteil in der Schweizer Armee auf zehn Prozent gesteigert werden.
Das war das Ziel des abtretenden Armeechefs Thomas Süssli und der Ex-VBS-Vorsteherin Viola Amherd. Nur: Im Jahr 2025 beträgt der Frauenanteil in der Armee gerade einmal 1,6 Prozent.
Ein neuer Dokumentarfilm von SRF geht der Frage nach, warum dies so ist. Und deckt teils kuriose und teils erschreckende Sachverhalte auf.
«Dann hast du da zwei Meter grosse Männer und musst hochbefehlen»
So berichtet beispielsweise Frau Leutnant Georgina Mermod davon, wie schwierig es sein kann, sich in Führungspositionen durchzusetzen.
«Ich muss mit meinem Auftreten zeigen, dass der Chef da ist.» Denn dies sei als Frau schwieriger, berichtet sie.
«Dann hast du da zwei Meter grosse Männer und musst hochbefehlen», so Mermod. Sie habe zwar Glück, denn sie sei recht gross.
Aber, berichtet sie gegenüber «SRF Rec»: «Ich habe auch Kolleginnen, die sind nur 1,50 gross.» Das mache es natürlich schwieriger, grossen Männern etwas zu befehlen. «Es ist nicht immer einfach», erklärt Mermod.
«Wir bekommen auch einen Hodenschutz»
Die Frau Leutnant berichtet auch von Kuriositäten im Militär. Diese beträfen auch die ausgeteilte Kleidung.
Mermod erklärt: «Wir bekommen auch einen Hodenschutz als persönliches Material.» Dies, weil einfach alle dies ausgeteilt bekämen.
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Unsachliche und nicht geschlechterangepasste Kleidung im Militär ist ein grosses Thema. Dies, obwohl es mittlerweile eigentlich Unisex-Tenues gibt.
Nur: Diese sind bis heute kaum im Umlauf. Derweil müssen Frauen mit Schutzwesten herumlaufen, die um die Brust zu eng sind.
Frauen-Unterhosen der Schweizer Armee: «Grässlich und sehr unbequem»
Auch ein Thema sind Unterhosen, erklärt Hauptmann Johanna Huggler am Orientierungstag nur für Frauen. Dazu erklärt sie im Beisein der Kameras: «Mittlerweile gibt es sogar Frauen-Unterhosen.»
Jedoch seien diese «grässlich und sehr unbequem». Ihre Ansicht dazu: Man solle sie doch gleich wegschmeissen.
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Sie empfehle, während des Dienstes einen Sport-BH zu tragen. Dies wegen der Spezialschutzausrüstung. Mittlerweile bezahle die Armee dafür bis zu 100 Franken, dies jedoch nur alle drei Jahre.
Konkret bedeutet das: bei Durchschnittspreisen von 30 bis 50 Franken pro BH sponsert das Militär gerade einmal zwei bis drei Kleidungsstücke. Und dies für drei Jahre.
«Angefangen hat es damit, dass er mich auf einen Kaffee eingeladen hat»
Doch nicht nur Männer, die Befehle von Frauen nicht akzeptieren, und unpassende Kleidung sind in der Schweizer Armee ein Thema. Auch sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt beschäftigen das Militär.
Eine weibliche Armeeangehörige, die übergriffiges Verhalten erlebt hat, ist Lisa, die anonym bleiben möchte.
In der Doku berichtet sie, sie sei während der Vorbereitung zur Offiziersschule von einem Vorgesetzten sexuell belästigt worden.
«Angefangen hat es damit, dass er mich auf einen Kaffee eingeladen hat», erzählt sie. Dann habe ihr der ältere Vorgesetzte auch Tipps gegeben und sich um sie gekümmert.
«Er hat mir geschrieben, dass er mich umarmen will»
«Ich dachte zuerst, er sei wie ein Mentor und war mega froh um die Tipps» so Lisa. Anfangs habe sie sich auch nichts Schlimmes dabei gedacht.
Doch dann habe sich der Mann auch immer wieder via Textnachricht gemeldet. Und sei dabei aufdringlich geworden.
Lisa erzählt weiter: «Er hat mir geschrieben, dass er mich umarmen will. Und vor dieser Situation habe ich sehr Angst gehabt.»
Sie habe immer darauf geachtet, nicht allein zu sein. «Er hat es dann doch irgendwie geschafft, mich in einem Treppenhaus anzutreffen und hat mich einfach umarmt.»
Kommandant sieht keine sexuelle Belästigung
Daraufhin sei sie in ihrem Zimmer zusammengebrochen, erzählt Lisa in «Rec». Sie meldete daraufhin den Vorfall und besprach diesen mit dem zuständigen Kommandanten.
Nur: Dieser sieht keine sexuelle Belästigung. Obwohl «unerwünschter Körperkontakt» laut dem Eidgenössischen Gleichstellungsbüros als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gilt.
Gegenüber SRF sagt die Armee zum Fall Lisa, man habe ihr angeboten, rechtliche Schritte einzuleiten. Man habe sich aber darauf geeinigt, den Vorgesetzten innerhalb der Schule zu versetzen. Zudem gebe es ein Kontaktverbot.
Doch laut Lisa kommt es dabei zu einem Missverständnis. Sie habe nur von rechtlichen Schritten abgesehen, weil sie geglaubt habe, man versetze den Mann an einen anderen Ort.
Der Wille, mehr Frauen ins Militär zu holen, reiche nicht aus
Zurück zu Frau Leutnant Georgina Mermod und dem gewünschten Frauenanteil von zehn Prozent. Sie erklärt, sie würde sich über mehr Frauen in der Schweizer Armee freuen.
Zudem habe sie die Entscheidung, ins Militär zu gehen, nie bereut. Doch, so Mermod: Man müsse einen anderen Weg beschreiten, um mehr Frauen in die Armee zu holen.
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Das Problem sei, dass man oftmals stur bleibe. Und auf den Dingen beharre, die man bis anhin – unter Männern – immer gemacht habe. Aber: «Das funktioniert nicht.»