In einem SRF-Interview zeigt sich Gesundheitsminister Alain Berset selbstkritisch. Kritisiert aber auch die Wissenschaft, unter anderem in der Maskenfrage.
Gesundheitsminister Alain Berset übt im SRF-Interview Selbstkritik, aber auch Kritik an der Wissenschaft. - SRF
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Das Wichtigste in Kürze

  • Alain Berset war am Donnerstagabend Gast in der SRF-Sendung «Gredig direkt».
  • Der Bundesrat bemängelt, er habe die Wissenschaft zu wenig hinterfragt.
  • Diese habe Masken als schädlich dargestellt. Ex-Taskforce-Mitglieder wehren sich.

Emotional, selbstkritisch aber auch beschuldigend. Im rund halbstündigen Gespräch mit SRF-Moderator Urs Gredig lässt besonders eine Aussage von Alain Berset aufhorchen. Auf die Frage, welche der Gesundheitsminister als grösste Fehler betrachtet, antwortet Berset: «Ich habe am Anfang die Wissenschaft zu wenig hinterfragt.»

Es sei zu Pandemie-Beginn «sehr angenehm» gewesen, als der Bundesrat im Einzelnen die Position der Wissenschaft angehört und umgesetzt habe. So erklärt sich der 49-jährige SP-Politiker auch einen Teil des Masken-Debakels: «Dies hat dazu geführt, dass wir behauptet haben, dass Masken sogar schädlich sein könnten.»

Alain Berset
Alain Berset sprach in der gestrigen Ausgaben der SRF-Sendung «Gredig direkt» über die Pandemie in der Schweiz. - SRF

Die offizielle Position vieler Experten habe damals gelautet, dass man in der Bevölkerung die korrekte Anwendung der Hygienemasken nicht voraussetzen könne. Und eine falsche Handhabung sogar schädlich sein könnte. «Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich das mehr hätte hinterfragen müssen», so Berset.

Häufig wurde dem Bundesrat vorgeworfen, die Wirksamkeit der Masken aufgrund der zu Pandemie-Beginn fehlenden Masken-Vorräte heruntergestuft zu haben. Alain Berset verneint. Wäre die Regierung damals überzeugt gewesen, dass Masken hilfreich seien, hätte man sich einfach mit dem vorhandenen Material arrangieren müssen.

Ex-Taskforce-Mitglieder wehren sich: «War Position der Gesundheitsbehörden»

Der Affront an die Wissenschaft lässt diese nicht auf sich sitzen. So reagiert bereits der aus der Taskforce ausgetretene Neurowissenschaftler Dominique de Quervain. «Das war nicht die Position der «Wissenschaft», sondern die der Gesundheitsbehörden», kritisiert er auf Twitter.

Kritik hagelt es auch vom – ebenfalls aus der Taskforce ausgetretenen – Berner Epidemiologen Christian Althaus. Wie Althaus auf Twitter ausführt, hätte die eigene Gesundheitsbehörde den Nutzen von Masken bestritten.

Das Bundesamt für Gesundheit BAG wurde letzten Sommer bereits stark von Epidemiologen kritisiert. Es nehme die Wichtigkeit von Masken zu wenig ernst, bemängelte etwa der Tessiner Andreas Cerny. Das ehemalige BAG-Aushängeschild Daniel Koch war es, der Masken als «kein Allheilmittel» abgetan hatte.

Wie Althaus heute betont, habe das BAG damals sogar den eigenen Empfehlungen widersprochen. Die Covid-Taskforce hatte sich schon im April 2020 in einem Policy Brief für eine generelle Anwendung der Masken ausgesprochen.

«Die aktuelle Aussage von Bundesrat Alain Berset reiht sich ein in eine Anzahl anderer merkwürdiger Äusserungen.» So hätte Berset im Oktober gesagt, man habe Ende Januar noch nicht gewusst, dass sich Corona von Mensch zu Mensch übertrage. Althaus spricht von einem «Framing» und wünscht sich kritisches Hinterfragen des Bundesrates über das eigene Handeln.

Auch nicht-Wissenschaftler runzeln über Bersets Aussage die Stirn. «Gefährlich für den Wissenschaftsstandort Schweiz» urteilt die Unternehmerin Christina Kehl.

«Da stiehlt sich doch einfach jemand aus der Verantwortung», schreibt eine weitere Twitter-Userin.

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Alain Berset: «Krise war für Bundesrat zeitweise physisch sehr brutal»

Im Gegensatz zum Masken-Debakel lobt Alain Berset die Entscheide des Bundes in der Impfkampagne. In der Schweiz würden die besten Impfungen gegen das Coronavirus eingesetzt, die es weltweit gebe, so der Bundesrat.

Bundesrat
Die Corona-Krise habe den Teamgeist des Bundesrats gestärkt, sagt Gesundheitsminister Alain Berset (2.v.r.). - keystone

Berset spricht auch darüber, was die Corona-Krise für Auswirkungen auf den Gesamtbundesrat hatte. «Der Teamgeist wurde gestärkt.» Die Situation sei zeitweise für alle Mitglieder allerdings «physisch sehr brutal» gewesen.

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