Virtuosen am Werk: Tom Misch & Yussef Dayes
Ein Singer-Songwriter mit Soul-Schlagseite trifft auf einen der talentiertesten britischen Jazz-Drummer: Dabei muss nicht unbedingt etwas Gutes herauskommen - tut es aber im Fall des Duos Tom Misch & Yussef Dayes.

Das Wichtigste in Kürze
- Für Freunde des gepflegten Schlagzeugertums gleich vorweg: Etwas Besseres als die Dreiviertelstunde von «What Kinda Music» (Caroline/Universal) werden Sie dieses Jahr kaum zu hören bekommen.
Was Yussef Dayes auf diesem Album leistet, ist fabelhaft.
Der Drummer gilt schon seit längerem als «hot shit» der Londoner Jazz-Szene. Zusammen mit dem Produzenten Tom Misch kann er seinen Virtuosen-Ruf nun auf einem Album zwischen Jazz, Soul, Drum'n'Bass, Hip-Hop, Electronica und Singer-Songwriter-Musik jenseits aller Experten-Nischen beweisen. Da der erst 24-jährige Misch zu den grossen Poptalenten auf der Insel gehört, durfte man auf das Ergebnis der Kooperation gespannt sein. Und: Es ist tatsächlich faszinierend.
Gitarrist und Sänger Misch hatte vor zwei Jahren mit «Geography» nicht nur einen beachtlichen Platz 8 der UK-Charts erreicht, sondern auch die Kritiker überzeugt. Seine klare, flexible, ohne nervige Autotune-Effekte auskommende Stimme prägt auch diverse Songs auf dem Duo-Album mit Dayes. Im Gegensatz zu Mischs Solo-Debüt, auf dem Gesang und entspannte Gitarrensounds in einem warmen Soul-Jazz kulminierten, ist «What Kinda Music» nun anzuhören, dass hier gleich zwei superbegabte Musiker auf Augenhöhe und mit mehr Mut zum Risiko unterwegs sind.
Die so raffinierten wie relaxten Schlagzeug- und Percussion-Parts des jungen Drummers ergänzen, ja verzieren starke Misch-Melodien wie auf «Tidal Wave» oder «I Did It For You». Sie gehen aber auch mal deutlich über die Pop-Grenzen hinaus in Richtung einer frei fliessenden Polyrhythmik.
Dayes ist mit dem Duo Yussef Kamaal und der Brüder-Band United Vibrations bekannt geworden, im aufstrebenden britischen Jazz gilt er als Versprechen auf die Zukunft. Von 70er-Jahre-Funk über Senegal-Sounds bis hin zu UK Grime ist ihm nichts fremd an Trommeln und Sticks.
«Ich liebe Harmonien und Akkorde», sagt Misch über das Duo-Projekt. «Und als ich dann mit jemandem arbeitete, der ein solches Gespür für Rhythmus hat, ergab sich eine perfekte Balance.» Besser kann man es nicht ausdrücken, was auf diesem Album passiert: magische Harmonie zweier Musiker, die sich gegenseitig inspirieren und beflügeln. Spätestens mit dem Feuerwerk des Closers «Storm Before The Calm» dürfte auch der letzte Crossover-Skeptiker überzeugt sein.