Was passiert, wenn Mord und Totschlag für eine Nacht im Jahr völlig legal sind? Diese Frage ist der Ausgangspunkt der Horror-Reihe «The Purge». Und diesmal dauert das Blutvergiessen länger als geplant.
Adela (Ana de la Reguera) kämpft um das nackte Überleben. Foto: Universal Pictures/dpa
Adela (Ana de la Reguera) kämpft um das nackte Überleben. Foto: Universal Pictures/dpa - dpa-infocom GmbH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Es sind Szenen, wie man sie sich aus Kriegsgebieten vorstellt: Brennende Stadtviertel, Leichen auf den Strassen, blutverschmierte Wände und Garagentore.

Das in dem Horrorfilm «The Forever Purge» gezeichnete Bild von den USA ist voller mordlüsterner Patrioten, die ihr Land mit erbarmungsloser Selbstjustiz von den ungeliebten Migranten aus Mexiko befreien wollen - und damit ein landesweites Chaos anrichten. Jetzt kommt der gesellschaftskritische Gruselstreifen in die deutschen Kinos.

«The Forever Purge» ist der fünfte Teil einer inzwischen zum Kult avancierten Horror-Reihe, die von einer schauererregenden Grundvision ausgeht: In einem Amerika der nahen Zukunft gibt es genau eine Nacht im Jahr, in der alles erlaubt ist, auch Mord und andere Verbrechen.

Während die Vorgänger-Filme, die zwischen 2013 und 2018 in die Lichtspielhäuser kamen, ihre staatlich organisierten Gewaltorgien pünktlich um 19.00 Uhr beginnen und um 7.00 Uhr enden liessen, wie es die Regierung der «Neuen Gründerväter Amerikas» (New Founding Fathers of America, kurz: NFFA) vorsah, ist diesmal alles anders.

Aber der Reihe nach. Am Anfang des Films steht das mexikanische Pärchen Juan und Adela, das auf der Flucht vor den Drogenkartellen ihrer Heimat illegal nach Amerika einwandert. Ein knappes Jahr später arbeitet Juan auf der Ranch der wohlhabenden Familie Tucker, während Adela ihren Unterhalt in einem Geschäft verdient.

Alle in Sicherheit?

Am Abend der «Säuberung» (Purge) werden sie von einem Bus zu einer eingezäunten und geschützten Massenunterkunft für Migranten gebracht. Hier verbringen sie die Nacht, bis der Spuk draussen vorbei ist. Die Familie Tucker verbarrikadiert sich derweil in ihrem Anwesen und verwandelt ihr Haus per Knopfdruck in einen Hightech-Sicherheitstrakt.

Am nächsten Morgen, als sich die Tore der Unterkunft öffnen, sieht es zunächst so aus, als wäre die Purge vorbei. Doch schon nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass das Morden weitergeht: Die bewaffnete Bürgerwehr «The Forever Purge» hat die Kontrolle über das Land übernommen und will das Chaos der Purge-Nacht zum Dauerzustand machen.

Sowohl Juan und Adela als auch die Tuckers müssen nun um das nackte Überleben kämpfen. Sie schliessen sich zusammen und beginnen eine lebensgefährliche Reise zur mexikanischen Grenze, wo bereits eine gigantische Blechlawine mit amerikanischen Flüchtlingen die Grenzstationen verstopft.

Mehr als plumpe Gewaltorgie

«The Forever Purge» will erkennbar mehr sein als nur eine plumpe Gewaltorgie für hartgesottene Horror-Fans: Bezüge zur Trump-Ära werden hier und da fast überdeutlich hervorgehoben, auch das schwierige Verhältnis vieler Amerikaner zu den Themen Migration und Flucht bringt der Film den Zuschauern auf seine ganz eigene Art näher.

Manche Szenen erinnern stark an die Bilder der randalierenden Trump-Anhänger, die Anfang Januar den Kongress in Washington stürmten. Das Erstaunliche dabei: Der Film entstand vor den damaligen Geschehnissen. Aber Regisseur Everardo Gout geht noch weiter und lässt seinen rassistischen Lynchmob auf Migranten und Wohlhabende losgehen, während Lautsprecher-Durchsagen aus gepanzerten Bürgermiliz-Bussen die «richtigen» Amerikaner lobpreisen.

Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Die gut gemeinte, aber oftmals eindimensionale Gesellschaftskritik geht in den vielen Actionszenen zwischen brennenden Häusern und blutigen Strassenschlachten unter. Gout setzt weniger auf eine differenzierte Darstellung der komplexen politischen Realität in Amerika, sondern vor allem auf ausdrucksstarke Bilder - etwa wenn er den amerikanischen Nazi als animalisches Muskelpaket mit Glatze und Hakenkreuz-Tätowierung im Gesicht zeigt.

Freunde der Reihe dürften trotzdem oder gerade deswegen auf ihre Kosten kommen. Denn visuell hat der Streifen einiges zu bieten. Stark sind etwa die Plansequenzen durch brennende Stadtviertel, die das Publikum mitten in das apokalyptische Geschehen hineinziehen und minutenlang ohne Schnitt in Atem halten. Genretypische Schock-Effekte kommen ebenfalls nicht zu kurz: Immer muss der Zuschauer darauf gefasst sein, dass plötzlich eine tödliche Gefahr aus dem Dunkel hervorspringen könnte.

Insgesamt bietet der rund 100-minütige Streifen ein solides Stück Horror-Unterhaltung, dessen Fingerzeig auf das Trump-Amerika inmitten von Explosionen und Waffengeballer gelegentlich in den Hintergrund gerät.

, FSK 16, 103 Minuten, von Everardo Gout, mit Ana de la Reguera, Tenoch Huerta, Leven Rambin, Susie Abromeit, Joshua Dov, Gregory Zaragoza und Josh Lucas

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

HakenkreuzRegierungMigrationFilmeDonald TrumpMord