Die Cosquer-Höhle ist die bislang weltweit einzig bekannte Unterwasserhöhle mit Steinzeitmalereien. Sie liegt rund 37 Meter tief im Meer bei Marseille. Ein Nachbau des Meisterwerks bringt ihre Schätze zu Tage - bevor diese ganz verschwinden.
Eine Reproduktion einer Höhlenzeichnung ist in einer Nachbildung der Cosquer-Höhle in Marseille.
Eine Reproduktion einer Höhlenzeichnung ist in einer Nachbildung der Cosquer-Höhle in Marseille. - Sabine Glaubitz/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Einst lag die Höhle auf dem Land unweit des Meeres bei Marseille.

Das war zur Zeit der Cro-Magnon-Menschen, die die Felsenwände mit mysteriösen Zeichen und Tierabbildungen verzierten.

Heute liegt die Cosquer-Hohle rund 37 Meter unter dem Meeresspiegel. Wissenschaftler befürchten, dass der viele Jahrtausende alte Kunstschatz bis Ende des 21. Jahrhunderts ganz vom Wasser verschlungen sein wird. Ein Nachbau der bislang weltweit einzig bekannten Unterwasserhöhle mit Steinzeitmalereien bringt nun den prähistorischen Schatz zu Tage, bevor dieser ganz verschwindet.

Dokumentation auf Arte

«Rettung eines Meisterwerks» heisst deshalb auch ein Arte-Dokumentarfilm, der am 25. Juni ausgestrahlt wird. Online ist er bereits ab diesen Samstag pünktlich zur Eröffnung der «Unterwasser-Lascaux» zu sehen, wie die Grotte auch genannt wird - in Anspielung an die gleichnamige weltberühmte Steinzeithöhle im Südwesten Frankreichs.

Die originalgetreue Kopie der Grotte liegt in der Nähe des alten Hafens von Marseille neben dem nicht weniger markanten Museum MuCEM - allerdings nicht 37 Meter tief unter dem Meeresspiegel wie das Original. Die Kopie liegt rund 4 Meter tief unter dem Meeresspiegel, genauer im 2. Untergeschoss der Villa Méditerranée. Das futuristische Gebäude liegt teilweise unter Wasser und gleicht einem Sprungbrett.

Der rund 23 Millionen teure Nachbau ist 1750 Quadratmeter gross, nur rund 550 Quadratmeter kleiner als das Original. In Wagen wie in einer Geisterbahn geht es vorbei an Stalaktiten und Stalagmiten und Abbildungen von Pferden, Bisons, Steinböcken und Pinguinen. Dabei bleibt man allerdings trocken. Die Wagen verlaufen auf Schienen und können sich um die eigene Achse drehen, um alle Nachbildungen der prähistorischen Schätze sehen zu können. Flache Wasserbecken spiegeln im Halbdunkel die Felsimitationen wider.

1985 von Taucher entdeckt

Entdeckt wurde das Original im Jahr 1985 von dem Berufstaucher Henri Cosquer. Der heute 72-Jährige hat die Entwicklung des Projekts von Anfang an mitbetreut. Man habe die Atmosphäre gut wiedergeben, sagte er. Die Angst und Erregung, die er jedoch hatte, als er durch den über 100 Meter langen Tunnel tauchte, der zu der Höhle führte, könne niemand nachvollziehen, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Der Zugang ist gefährlich. Im Jahr 1991 starben drei Männer bei dem Versuch, durch den engen Tunnel zu dem Unterwasserschatz zu gelangen. Seit 2015 wird die Höhle in der Calanque de la Triperie durch eine 800 Kilo schwere Stahltür geschützt.

Unter den «Steinzeit-Graffiti» befinden sich auch 60 Handnegative. Solche Abdrücke, die dadurch entstanden sind, dass die prähistorischen Künstler eine Hand auf die Wand legten und Farbe auf den Felsen aufbrachten, sind nicht selten. Ungewöhnlich hingegen ist, dass bei zwei Dritteln Fingerglieder fehlen. Eine Besonderheit ist auch die Figur eines von einem Pfeil durchbohrten Mannes, dem die Archäologen Jean Courtin und Jean Clottes den Namen «Getöteter Mann» gaben.

Courtin war der Erste, der nach der Entdeckung die Höhle begutachtet hat. Eine erste Bestandsaufnahme veröffentlichten die beiden im Jahr 1994 unter dem Titel «La grotte Cosquer», 2005 schoben sie zusammen mit dem Archäologen, Taucher und Fotografen Luc Vanrell «Cosquer redecouvert» (dt. Die Wiederentdeckung von Cosquer) nach. Wertvolle Dokumente, die bei der millimetergenauen Nachbildung der Steinzeitmalereien und Felswände aus Stahl und Acrylharz mit Hilfe von 3D-Modellen unerlässlich waren.

Mit der Radio-Carbon-Datierung konnten Courtin und Clottes nachweisen, dass die Felsbilder bis zu 27.000 Jahre alt sind. Für die beiden ist die Grotte eine der originellsten Steinzeithöhlen, die jemals gefunden wurde. «Ein prähistorisches Heiligtum», wie sie sagen. Das jedoch bis Ende des 21. Jahrhunderts ganz vom Wasser verschlungen sein könnte. Durch die globale Erderwärmung und das Schmelzen der Gletscher nach dem Ende der letzten Eiszeit vor rund 10 000 Jahren steigt der Meeresspiegel stetig an.

Heute liegen vier Fünftel der Höhle unter Wasser. Die Grotte sei die Kulturstätte in Frankreich, die man nicht retten könne, sagte Geneviève Pinçon, die Leiterin des Zentrums für Prähistorie. Denn täglich gehe ein Teil des prähistorischen Kunstschatzes verloren.

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