Martin Parr: Chronist britischer Absonderlichkeiten
Martin Parr inszenierte britische Alltagsrituale in grellen Farben und gnadenloser Nähe.

Martin Parr galt international als einer der prägendsten Dokumentarfotografen Grossbritanniens, berichtet die «taz». Er starb er am Samstag im Alter von 73 Jahren in seinem Zuhause in Bristol.
Die «taz» beschreibt ihn als Chronisten der britischen Absonderlichkeiten, dessen Fotografien Alltagsrituale, Klassenunterschiede und Konsumrituale schonungslos freilegten.
Wer war Martin Parr?
Geboren wurde Parr 1952 in Epsom, einer Mittelstadt südlich von London. Er sah schon früh in der Fotografie ein Werkzeug, um soziale Realitäten sichtbar zu machen.

Nach dem Studium wandte er sich konsequent der sozialdokumentarischen Fotografie zu und wurde später Mitglied der renommierten Agentur Magnum Photos.
Der Blick auf britische Alltagskultur
Parr wurde vor allem mit Serien über britische Badeorte, Einkaufszentren und Ferienresorts bekannt. Der «Stern» betont: Er verdichtete mit satten Farben und Blitzlicht den Massentourismus, das einfache Vergnügen und das Banale des Alltags.
Dabei interessierten ihn laut «Artsy» weniger spektakuläre Ereignisse als die kleinen Gesten. Jene, die etwas über Klassenbewusstsein, Konsum und Selbstbild der Briten verraten.
Sein Werk
In seiner Serie «The Last Resort» dokumentierte Parr in den 80er Jahren einen heruntergekommenen Vergnügungsort nahe Liverpool. Das Portal «gut-fotografieren.de» hebt hervor: Diese Bilder sind im Kontext von Thatcherismus und wirtschaftlichem Umbruch entstanden und wirken zugleich derb, komisch und tragisch.
Bunte Plastikstühle, überfüllte Imbissbuden und überladene Teller wurden zu Symbolen einer Gesellschaft zwischen Prekarisierung und Freizeitversessenheit.
Britische Exzentrik in Farbe
Parr konzentrierte sich insbesondere auf die britische Alltagskultur, von Tea-Time-Klischees bis zu schrillen Kostümfesten und patriotischen Paraden.
«Artsy» beschreibt, wie Martin Parr auch in der Brexit-Ära weiter britische Identität beobachtete. Er fotografierte etwa St.-George’s-Day-Paraden, muslimische Betreiberinnen eines Fish-and-Chips-Ladens oder Iftar-Szenen in Bristol, um nebeneinander existierende Milieus sichtbar zu machen.
Kuratorinnen sehen darin einen visuellen Kommentar zu Nationalstolz, Migration und der Suche nach einem neuen Selbstverständnis des Landes.
















