Jimmy Hartwig - Liegenbleiben ist keine Option

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Deutschland,

Der Fussballprofi Jimmy Hartwig fiel in deutschen Stadien nicht nur wegen seiner Leistungen auf, sondern auch wegen der anderen Hautfarbe. Die Narben, die der Rassismus hinterliess, sitzen tief.

Jimmy Hartwig: «Ich musste mein ganzes Leben kämpfen, auch heute noch.». Foto: Soeren Stache/dpa
Jimmy Hartwig: «Ich musste mein ganzes Leben kämpfen, auch heute noch.». Foto: Soeren Stache/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • William Georg Hartwig war ein aussergewöhnlicher Fussballer.

Dazu trug neben seinen Leistungen auf dem Spielfeld auch seine Abstammung bei. Im Deutschland der 70er oder 80er Jahre galt ein junger Farbiger als Ausnahmeerscheinung auf den Plätzen.

«Jimmy» Hartwig, heute 65 Jahre alt, erinnert sich, dass seine Mutter Weinkrämpfe bekam, als ein Fan im Stadion neben ihr forderte, dass der «Neger» vom Platz solle. Der Rassismus in deutschen Stadien war schon immer ein Problem.

Der 30 Minuten lange Film «Jimmy Hartwig - Liegenbleiben ist keine Option» von Stefan Panzner, den das Erste an diesem Sonntag um 17.30 Uhr zeigt, ist auch deswegen eindrucksvoll, weil er zeigt, dass Hartwig nicht nur auf dem Rasen, sondern vor allem abseits der Plätze mehr aufbieten musste als jeder andere. «Ich musste mein ganzes Leben kämpfen, auch heute noch», sagt er in dem 30-Minuten-Beitrag, der als längere Fassung bereits im Bayerischen Fernsehen lief. «Ich musste immer besser sein als jeder andere.»

Mit Autor Panzner kehrte Hartwig nach Offenbach zurück, wo er in extrem beengten Verhältnissen aufwuchs. Den Vater, einen schwarzen US-Soldaten (der «Samenspender», sagt Hartwig) sah er zuletzt mit vier Jahren, sein Grossvater gab ihm all seine Verachtung zu spüren. Erst als er als Knirps nach dem runden Leder trat, merkte Jimmy, dass es im Leben auch Anerkennung gab. Bei Kickers Offenbach fand er seine Förderer.

Seine Fussballerkarriere verlief im Zeitraffer. Jimmys grössten Erfolge waren die drei Deutschen Meisterschaften mit dem Hamburger SV. Aber immer wieder begegnete er offener Feindseligkeit. «Ich stand vor 5000 bis 6000 Bayern-Fans», schildert er heute, «und dirigierte sie, während sie sangen «Jimmy Hartwig, das Negerschwein».» Aus den widersprüchlichen Gefühlen heraus lernte er und arbeitet heute als Integrationsbeauftragter für den DFB und als Motivationstrainer.

Doch nach der aktiven Karriere markierten zwischenzeitlich Rückschläge sein Leben: geschiedene Ehen, mehrfache Krebsdiagnosen und -therapien. Als Trainer fand er keinen Halt, Hartwig schrieb Bücher, wurde Schauspieler und erzählt in dem Film, Mime Ben Becker habe sich mokiert, dass «schon Fussballer» jetzt Schauspieler würden, worauf er sich «den Herrn Becker» erstmal zur Brust genommen und ihm erklärt habe, dass dieser wohl kaum Fussball spielen könne.

Der früher ständig diskriminierte Hartwig ist ein reifer, geläuterter Mann und inzwischen zum vierten Mal verheiratet. Mit Frau und Kindern wohnt er in Inning am Ammersee. Bemerkenswert im Film: Er legt den Kopf auf die Beine seiner Frau, er unterdrückt nicht seine Tränen im Interview und bei den Dreharbeiten in einer Offenbacher Kirche. Auch Autor Panzner gestand im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk: «Überraschend war, wie schonungslos offen Jimmy in den Interviews war, selbst wenn es um äusserst sensible Themen ging, um Schicksalsschläge und Erlebnisse, die ihm bis heute extrem nahegehen.»

© dpa-infocom, dpa:200624-99-544954/3

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