Eine Frau wird am helllichten Tag vergewaltigt, geht aber nicht zur Polizei. Sie will kein Opfer sein. «Elle» ist ein provokanter Film mit einer überragenden Isabelle Huppert. Am Freitag bei 3sat.
Michele Leblanc (Isabelle Huppert), die knallharte Geschäftsfrau, die gleich zu Beginn des Films von einem maskierten Mann in ihrem Haus brutal vergewaltigt wird in einer Szene des Films "Elle". Foto: Wdr/Mfa+ Filmdistribution/3sat/dpa
Michele Leblanc (Isabelle Huppert), die knallharte Geschäftsfrau, die gleich zu Beginn des Films von einem maskierten Mann in ihrem Haus brutal vergewaltigt wird in einer Szene des Films "Elle". Foto: Wdr/Mfa+ Filmdistribution/3sat/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Für diese Rolle war Isabelle Huppert vor vier Jahren sogar bei den Oscars nominiert - neben zum Beispiel Meryl Streep, Natalie Portman und Ruth Negga.

Am Ende gewann Emma Stone für «La La Land», aber die Französin Huppert hätte es sicher verdient gehabt. Denn ihre Darstellung im Film «Elle» ist verstörend gut. Am Freitagabend (10.9., 22.25 Uhr) läuft das Werk von Paul Verhoeven («Basic Instinct», «Die totale Erinnerung – Total Recall») bei 3sat.

Darf man bei einem Film über eine Vergewaltigung lachen? Solch eine Tat und Humor scheinen so überhaupt nicht zusammenzupassen.

Doch bei «Elle» ist vieles anders. Der Film erzählt von einer Vergewaltigung und ist Drama, Thriller und Komödie zugleich. Vor allem aber Isabelle Huppert macht den Film zu einem Ereignis.

Die Französin spielt Michèle Leblanc, eine erfolgreiche Frau in den Fünfzigern, die allein lebt und Chefin eines Unternehmens ist, das Videospiele designt. Eines Tages wird sie in ihrem Haus von einem unbekannten Maskierten angegriffen und vergewaltigt.

Am helllichten Tag

Es ist die Schlüsselszene des Films: Wie Michèle am helllichten Tag in ihrem noblen Zuhause zu Boden gedrückt wird. Sind ihre Schreie Schreie der Angst, Schmerz oder gar der Lust?

Eine Frau wird doch wohl nicht wirklich Lust an solch einem Verbrechen finden? Doch so einfach macht es Verhoeven weder sich noch den Zuschauern. Denn was Michèle tatsächlich empfindet, wird nie eindeutig geklärt.

Vielmehr zeigt Huppert in «Elle» eine komplexe Reaktion, die nicht vorhersehbar ist. Möglicherweise hat es auch mit ihrer eigenen, dunklen Vergangenheit zu tun, warum sie nicht zur Polizei geht.

Das Entscheidende ist dabei allerdings, dass sich Michèle nicht in der Rolle des leidenden Opfers sieht und traumatisiert zurückzieht - sie will sich nicht unterkriegen und ihr Leben von dieser Tat bestimmen lassen.

Moralische Wertung verweigert

Stattdessen versucht sie das Spiel aus Macht und Unterwerfung für sich selbst neu zu interpretieren. Das wird den meisten Vergewaltigungsopfern wohl nicht so leicht fallen und für einige sicher auch wie Hohn klingen. Doch der Film «Elle», der auf einer Buchvorlage von Philippe Djian basiert, versteht sich klar als Fiktion und verweigert eine moralische Bewertung.

Hupperts präzises Spiel wird so zu dem bemerkenswerten Porträt einer starken Frau, die sich nicht an gesellschaftliche Konventionen halten will. Ohne die Vergewaltigung herunterzuspielen gelingt es Regisseur Verhoeven, die ernste Geschichte mit leicht überspitztem Humor und einem Gespür für bizarre Situationen zu erzählen.

Als Michèle langsam erkennt, wer ihr Peiniger ist, führt das nicht zu dramatischen Konfrontationen, sondern vielmehr zu absurd-komischen Momenten. So provokant diese Herangehensweise klingen mag - «Elle» macht sich nie über die Hauptfigur oder das ihr zugefügte Leid lustig, sondern fordert Sehgewohnheiten heraus.

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