Insider packt aus: Influencer faken Reichweite im grossen Stil
Gut für die Reichweite, schlecht für andere: Influencer greifen angeblich zu Tricks, um falsche Zuschauerzahlen zu erreichen.

Das Wichtigste in Kürze
- Influencer erhalten bessere Werbedeals, wenn sie eine grosse Reichweite haben.
- Viele würden daher ihre Follower- und Zuschauerzahlen fälschen.
- Damit schädigen sie wiederum andere Influencer.
Je grösser die Zuschauerzahl, desto wahrscheinlicher die lukrativen Werbedeals: Um ihre Werbung in den sozialen Medien zu schalten, gehen Agenturen Kooperationen mit den beliebtesten Influencern ein.
Doch die hohe Reichweite ist häufig gefaked, berichtet Theodor Bottländer gegenüber der «Bild». Der Streamer ist unter dem Namen Scurrows seit 2016 unter anderem auf der Plattform Twitch aktiv.
Laut ihm nutzen Influencer Bots, um sich falsche Follower und Zuschauer zu erschleichen. «Öffentlich sagt keiner was, weil keiner Ärger haben will und es auch nicht gut fürs Geschäft ist», so Bottländer. Doch im Hintergrund würden sich sowohl grosse als auch kleine Streamer an den technischen Hilfen bedienen.
Wie man falsche Zuschauerzahlen erkennt
Wer nur wenige Hundert Zuschauer habe, wolle sich vergrössern, um Werbedeals abzugreifen. Und wer bereits zu den Grossen gehöre, wolle seinen Platz nicht verlieren. Als Beispiel führt Bottländer den US-Streamer Kai Cenat an.

«Wenn der Stream 100'000 Zuschauer hat, habe ich einfach Zweifel, dass die Hälfte davon echt ist», äussert Bottländer. Die Fakes seien an einer fehlenden Dynamik zu erkennen: Am Anfang des Streams verzeichnet die Zuschauerzahl einen starken Anstieg – variiert später aber nicht, obwohl sich der Inhalt ändert.
Ersichtlich sei die Täuschung auch, wenn Zehntausende angeblich zusehen, aber nur sehr wenige im Chat kommunizieren würden. Auch um die Preise weiss Bottländer: «Für 1000 Bots zahlst du zwischen 500 und 1000 Euro» (470 bis 940 Franken).
Twitch will Massnahmen ergreifen
Mit den Bot-Anbietern könne man «direkt auf WhatsApp schreiben», es gebe auch Mengenrabatte. «Das ist ein ganz grosses Netzwerk», so der Streamer. Die Bot-Unterstützung erfolge oft plattformübergreifend.
Damit würden am Ende nicht nur die Werbepartner getäuscht, sondern auch andere Influencer geschädigt, erklärt er. Denn jene, die ihre Zuschauerzahlen nicht fälschen, würden keine Deals erhalten. Twitch kündigte bereits Massnahmen gegen das Vorgehen an – doch ob diese Wirkung zeigen, bezweifelt Bottländer.