Was eine perfektionistische Herzärztin mit einer chaotischen Prekariats-Tussi erleben kann, zeigen Anja Kling und Carol Schuler. Klings feines Spiel ragt aus dem klischeehaften Geschehen heraus.
Konstanze (Anja Kling, l) und Jackie (Carol Schuler) könnten unterschiedlicher kaum sein. Foto: Jonathan Ibeka/W&b Television/ZDF/dpa
Konstanze (Anja Kling, l) und Jackie (Carol Schuler) könnten unterschiedlicher kaum sein. Foto: Jonathan Ibeka/W&b Television/ZDF/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Um einen Culture Clash eigener Art dreht sich alles in der ZDF-Komödie «Dreiraumwohnung».
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Hier prallen nicht etwa Europäer und Asiaten, sondern Vertreterinnen zweier zeittypischer deutscher Gesellschaftsschichten aufeinander: Es sind eine ehrgeizige, stets Kontrolle und Stil wahrende Klinik-Herzärztin und eine chaotische Berliner Prekariats-Tussi in bunten Glitzerklamotten. Wobei die eine vom Ex-Mann zwei wohlgeratene Kinder hat, die andere drei kleine Nervensägen von quasi vier Vätern. Mit ihnen zieht sie in die cremeweiss gestylte Villa der anderen ein und stellt dort alles auf den Kopf.

Wem die Frauen bekannt vorkommen: Im Jahr 2017 erzählte der TV-Film «Zweibettzimmer», wie beide nebeneinander in einer Reha-Klinik liegen, sich nicht leiden können, doch am Ende - fast - Freundinnen werden. Die Geschichte nach einem Roman und dem Drehbuch von Astrid Ruppert hatte Grimme-Preisträgerin Isabel Kleeberg («Die harte Tour») mit Publikumsliebling Anja Kling («Das Quartett», Ärztin Connie) und der ebenfalls Grimme-Preis-gekrönten Schweizerin Carol Schuler («Aufbruch in die Freiheit», Lebenskünstlerin Jackie) munter in Szene gesetzt und wohl viele Zuschauer amüsiert. Das Zweite, präsentiert am Montag um 20.15 Uhr die Fortsetzung.

Auch über «Dreiraumwohnung» kann man sich amüsieren - was aber wohl nicht jedem gelingen dürfte. Allzu offensichtlich und klischeehaft sind die Figuren und das turbulente, mit Rock- und Popsongs unterlegte Geschehen geraten. Dazu gehört noch die Burgtheater-Schauspielerin Caroline Peters («Mord mit Aussicht», «Der Vorname») in der Rolle der mit Connie um einen Klinikchef-Posten konkurrierenden Medizinerin Marit. Handlungsgrundlage sind der Kontrollwahn und der eiserne Pflichtsinn Connies, die somit ein eher einsames Privatleben führt.

Was ihr auch prompt vorgeworfen wird vom Personalberater, den die Klinik für die Stellenausschreibung angeheuert hat. Man wünsche sich «eine ausgeglichene Person mit intaktem sozialen Umfeld», knurrt er. Da trifft es sich, dass just in dem Moment Jackie und Nachwuchs samt Sack und Pack in die Villa platzen. Angeblich «nur für eine Nacht», man habe einen Wasserschaden in der Wohnung. «Du bist eine supertolle Freundin», säuselt die Nagelpflegerin. Und um der Klinik und ihren Kindern zu beweisen, wie freundschaftsfähig sie ist, macht Connie wochenlang gute Miene zum wüsten Spiel. Selbst als ihr Flur zum Schlachtfeld voller Plastikspielzeug wird, das Bidet zweckentfremdet, ihre Kinder sich an Fast Food den Magen verderben und brutale Videogames spielen. Und sich herausstellt, dass die Hausgäste gar keine eigene Wohnung besitzen.

Nach einigen Drehungen und Wendungen, zu denen Connies Fall von der Leiter gehört, als sie von Jackie an die Zimmerdecke getackerte rosa Gardinen abreissen will, ist es - wer hätte es nicht geahnt? - die dauerquasselnde Unterschichtenfrau, die der Akademikerin klar macht, was wahre Freundschaft und Respekt bedeuten. Unabhängig davon, ob man nun Chefärztin werden will oder nicht. In ihrer Rolle als Proletin mit Herz gibt Schuler dem Affen mächtig Zucker, was auch immer wieder für Lacher sorgt. Das Sehenswerteste an Kleebergs Film ist allerdings Kling. Das feine Spiel der 51-Jährigen macht die Gefühlsnuancen einer Karrierefrau und alleinerziehenden Mutter zwischen Pflicht und Duldung, Verzweiflung und Sehnsucht tatsächlich erlebbar.

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