Kann man einen Theaterabend wirklich durch eine Aufzeichnung im Internet ersetzen? Die Leiterin des Berliner Theatertreffens erklärt, was dabei verloren geht, warum sie trotzdem darauf setzt - und was sich in der Kunst verändern könnte.
Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Theatertreffens, empfindet das Streaming des Festivals auch als Chance. Foto: Jörg Carstensen/dpa
Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Theatertreffens, empfindet das Streaming des Festivals auch als Chance. Foto: Jörg Carstensen/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Tickets zum Berliner Theatertreffen sind normalerweise ausverkauft - diesmal haben nun viele Menschen die Gelegenheit, eine der Inszenierungen zu sehen.
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Denn das Festival findet wegen der Corona-Pandemie online statt.

Bis zum 9. Mai werden mehrere ausgewählte Inszenierungen im Internet gezeigt. Nach Meinung von Festivalleiterin Yvonne Büdenhölzer ist Streaming zwar kein 100-prozentiger Ersatz, eröffnet aber neue Möglichkeiten. «Durch das Eins-zu-Eins-Verlegen von Theaterkunst ins Internet geht einiges verloren», sagte sie. «Aber es gibt auch Potenziale. Es gilt herauszufinden, was wir möglicherweise gewinnen können.»

Man könne etwa neue Zielgruppen erreichen. Alle Mitschnitte würden kostenlos gezeigt. «Wir rufen lediglich auf, für Künstlerinnen und Künstler zu spenden - auf freiwilliger Basis», sagte Büdenhölzer der Deutschen Presse-Agentur. Zum Theatertreffen wählt eine Jury jedes Jahr die «zehn bemerkenswertesten Inszenierungen» aus dem deutschsprachigen Raum aus.

Bundesweit sind Theater derzeit geschlossen, um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen. Den Häusern brechen wichtige Einnahmen weg, vor allem Privattheater fürchten um ihre Existenz. Mehrere Theater versuchen, ältere Aufzeichnungen nun online zu zeigen. Auch das Theatertreffen hat ein Online-Programm organisiert, das am Freitagabend mit einer Videobotschaft eröffnet wurde.

Sechs Inszenierungen werden gezeigt. Den Auftakt machte «Hamlet» vom Schauspielhaus Bochum - die Hauptrolle spielt Sandra Hüller («Toni Erdmann»). Gezeigt werden in den nächsten Tagen auch ein Probenmitschnitt von «Anatomie eines Suizids» vom Deutschen Schauspielhaus Hamburg und zum Beispiel die Co-Produktion «Chinchilla Arschloch, waswas» des Theaterkollektivs Rimini Protokoll. Auch mehrere Online-Diskussionen sind geplant.

«Wir wissen natürlich, dass diese Arbeiten, die wir jetzt zeigen, nicht fürs Netz entstanden sind», sagte Büdenhölzer. «Wir machen das aber trotzdem, weil wir signalisieren wollen: "Wir sind da, wir sind auch systemrelevant."» Sie erwartet, dass angesichts der Pandemie nun mehr Theaterarbeiten speziell fürs Netz entstehen.

«Es gibt schon sehr viele Aktivistinnen und Aktivisten, die sich mit ästhetischen Möglichkeiten und künstlerischen Spielräumen im Netz auseinandersetzen», sagte Büdenhölzer. «Zum Beispiel gibt es schon seit langem die von der Heinrich-Böll-Stiftung und Nachtkritik.de veranstaltete Konferenz «Theater und Netz».»

Weil gerade alle Bühnen und Festivals gezwungen seien, nach Alternativen im Netz zu suchen, werde plötzlich etwas zur täglichen Arbeit in den Dramaturgien und Intendanzen, was zuvor einfach eher minimal behandelt worden sei. «Man merkt, dass Theater, Künstlerinnen und Künstler sehr kreativ sind im Umgang mit der Krise», sagte Büdenhölzer. «Und vielleicht wird dann zum nächsten Theatertreffen eine Arbeit eingeladen, die nur im Netz entstanden ist.»

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