Berlinale-Gründer wichtiger Funktionär der NS-Propaganda

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Deutschland,

Alfred Bauer, der Gründer und erste Chef der Berlinale, verschleierte systematisch seine Rolle in der NS-Propaganda.

Alfred Bauer
Der ehemalige Berlinale-Festspielleiter Alfred Bauer (1971). Foto: Konrad Giehr/dpa - dpa-infocom GmbH

Berlinale-Chef mit NS-Vergangenheit: Der erste Leiter der Internationalen Filmfestspielen Berlin, Alfred Bauer, hat nach einer neuen Studie eine bedeutendere Rolle im nationalsozialistischen Regime gespielt als bisher bekannt. Nach 1945 habe Bauer seine Stellung in der Filmindustrie während der NS-Zeit systematisch verschleiert.

Die Erkenntnisse über Bauers Verantwortlichkeiten in der Reichsfilmintendanz und sein Verhalten im Entnazifizierungsverfahren seien bestürzend. Bauer hatte die Berlinale von ihren Anfängen 1951 bis 1976 geleitet. Nach seinem Tod wurde eine Auszeichnung nach ihm benannt.

Es stelle sich die Frage, welche personellen Kontinuitäten die deutsche Kulturszene in den Nachkriegsjahren prägten, erklärte Rissenbeek weiter. «Durch die neuen Kenntnisse verändert sich auch der Blick auf die Gründungsjahre der Berlinale.» Die Niederländerin Rissenbeek und der Italiener Carlo Chatrian stehen seit dem Sommer 2019 an der Spitze der Filmfestspiele.

Bestens über deutsche Filmindustrie informiert

Der Autor der Studie, der Historiker Tobias Hof, kommt nach IfZ-Angaben zu dem Schluss, dass Bauer durch seine Tätigkeit bei der Reichsfilmintendanz einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Funktionieren des deutschen Filmwesens während der NS-Diktatur und damit zu ihrer Stabilisierung und Legitimierung geleistet habe.

Berlinale
Die Berlinale 2020 beginnt am 20. Februar. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Hof hatte Untersuchungen zur Geschichte des NS-Films ausgewertet und unter anderem im Bundesarchiv, den National Archives and Record Administration in Washington und der Deutschen Kinemathek recherchiert. Bauer war als Referent der Reichsfilmintendanz von 1942 bis 1945 über die gesamte deutschen Filmindustrie bestens informiert.

Die Dokumente liessen erkennen, dass er sich dabei der Rolle der Reichsfilmintendanz bewusst gewesen sein und die Bedeutung des Films für das NS-Gesellschafts- und Herrschaftsprojekt erkannt haben musste.

Wollte Rolle im NS-Regime verschleiern

Nach Angaben von Hof hatte sich der Jurist Bauer bereits ab 1933 verschiedenen nationalsozialistischen Organisationen angeschlossen. Während seines Entnazifizierungsverfahrens (1945-1947) habe er durch bewusste Falschaussagen, Halbwahrheiten und Behauptungen seine Rolle im NS-Regime zu verschleiern versucht.

Der Historiker Hof hebt dabei Bauers «Dreistigkeit und Penetranz» hervor. Am 6. Juli 1950 habe er dem Berliner Bürgermeister Ernst Reuter, den drei alliierten Stadtkommandanten sowie dem Verband der Berliner Filmwirtschaft eine Denkschrift über die Gründung eines Filminstituts sowie eines Filmfestivals vorgeschlagen. Das Festival startete dann unter Bauers Leitung im Juni 1951.

Die IfZ-Studie weist zudem darauf hin, dass es noch zahlreiche Forschungslücken bei der Betrachtung der Nachkriegs-Filmbranche gibt. Eine weitere Studie sollte diese blinden Flecken untersuchen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Alfred Bauer haut nach einer neuen Studie eine bedeutende Rolle im NS-Regime gespielt.
  • Nach 1945 habe Bauer seine Stellung in der Filmindustrie während der NS-Zeit verschleiert.
  • Bauer war der erste Leiter der Internationalen Filmfestspielen Berlin.

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