Für die Bürgerlichen ist es eine Fehlplanung, für Mitte-Links ein überfälliger Wandel: Der Gemeinderat der Stadt Zürich wird an mehreren Sitzungen über den neuen Verkehrsrichtplan diskutieren, der weniger Parkplätze vorsieht, dafür Fussgängern und Velofahrern mehr Raum bietet.
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Der Zürcher Gemeinderat bei einer Tagung. (Archivbild) - keystone

Für die Bürgerlichen ist es eine Fehlplanung, für Mitte-Links ein überfälliger Wandel: Der Gemeinderat der Stadt Zürich wird an mehreren Sitzungen über den neuen Verkehrsrichtplan diskutieren, der weniger Parkplätze vorsieht, dafür Fussgängern und Velofahrern mehr Raum bietet.

Die gegensätzlichen Positionen, die sich im Zürcher Gemeinderat auftun, zeigen sich exemplarisch im Kapitel «Strassenlärm», wie aus den am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahmen der zuständigen Kommission sowie der Parteien hervorgeht.

So beantragen SVP und FDP, dass bei Strassensanierungen inskünftig nur noch lärmarme Beläge eingebaut werden. SP, Grüne, AL und GLP sprechen sich dagegen aus: Denn die Bürgerlichen verlangen, dass auf Strassenabschnitten mit lärmarmen Belag grundsätzlich Tempo 50 gelten soll.

SP, Grüne und AL pochen in einem eigenen Antrag darauf, dass auf überkommunalen Strassen grundsätzlich Tempo 30 anzustreben sei - und dabei überall auch gleich noch lärmarme Beläge zu verbauen seien. Dies passt wiederum SVP und FDP - sowie auch GLP - nicht.

Dieser Streit ums Auto zieht sich durch die gesamte Vorlage. Die SVP schreibt martialisch von «schwerem Geschütz» und «unheilbringender Munition», welche der Stadtrat und die links-grünen Parteien in Stellung bringen würden: Der Verkehrsrichtplan sei eine «Waffe gegen den motorisierten Individualverkehr».

Für die FDP ist der Verkehrsrichtplan eine kompromisslose, konzeptlose Fehlplanung, mit der die links-grün-alternative Mehrheit einen selbstzerstörerischen Stadtumbau durchdrücken wolle. So sollten in der Innenstadt mit der Rasenmähermethode Parkplätze abgebaut werden.

Die Mehrheit im Rat sieht aber die Zeit gekommen, die Prioritäten anders zu setzen. Ein Wandel «von der autogerechten zur lebenswerten Stadt» sei längst fällig, formuliert dies die GLP. Von einer «soliden Offensive zu Gunsten des Langsamverkehrs» schreibt die AL. Die Grünen sehen das «historische Korsett einer privilegierten Erhaltung von Parkplätzen» aufgelöst.

Der Verkehrsrichtplan sieht unter anderem vor, dass der historische Parkplatzkompromiss angepasst wird. Gemäss Antrag des Stadtrates soll in der Zürcher Innenstadt die Zahl der Parkplätze neu um bis zu zehn Prozent unter den Stand von 1990 fallen können. Die freiwerdenden Verkehrsflächen sollen in Fussgänger-, Velo-, Grün- oder Aufenthaltsbereiche umgestaltet werden.

In der zuständigen Kommission des Gemeinderates, welche die Vorlage intensiv beraten hat, ist diesbezüglich kein Kompromiss erzielt worden. Die SP will die vorgesehene maximale Begrenzung der Reduktion um zehn Prozent streichen und stattdessen einfach festhalten, dass «oberirdische Parkplätze gesamthaft reduziert» werden, egal in welchem Umfang. Grüne und AL wollen derweil den ganzen Parkplatzkompromiss streichen.

FDP und GLP beantragen, dass maximal zehn Prozent der Parkplätze von 2019 wegfallen könnten und dass zehn Prozent in «Parkierungsmöglichkeiten für umweltfreundliche Fahrzeuge mit Auflademöglichkeiten» umgenutzt werden. Und die SVP will am historischen Parkplatzkompromiss unverändert festhalten.

In der Kommission haben sich zudem SP, Grüne, GLP und AL dafür ausgesprochen, dass die im September 2020 angenommene Volksinitiative «sichere Velorouten für Zürich» im Verkehrsrichtplan aufgenommen wird.

Sie haben das Kapitel Veloverkehr entsprechend überarbeitet. Im Richtplan soll deshalb, wie es die Initiative verlangte, ein Netz von Velovorzugsrouten definiert werden.

In der zuständigen Kommission sind insgesamt 89 Detailanträge erarbeitet werden. Über diese sowie den gesamten Verkehrsrichtplan wird der Zürcher Gemeinderat am Mittwoch, 30. Juni, sowie am darauffolgenden Freitag und Samstag an mehreren Sitzungen beraten.

SVP und FDP haben bereits angekündigt, die Vorlage gesamthaft ablehnen zu wollen. Die übrigen Parteien werden sich gemäss ihren Stellungnahmen grundsätzlich hinter den Verkehrsrichtplan stellen.

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