Wie die Universität Zürich mitteilt, zeigt eine neue Studie, dass besonders die grossen Medien vielfältig und politisch ausgewogen berichten.
ETH Zürich
Die Universität Zürich (links) und die ETH (rechts, beide mit Kuppel, Archivbild) - SDA

Im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen versuchen Bundesrat und Behörden, Parteien, Verbände sowie NGOs mit gezielten Kampagnen, die Stimmbürger mit ihren Argumenten zu überzeugen.

Antworten liefert eine neue Studie des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) zur politischen Positionierung journalistischer Medien bei Volksabstimmungen.

Die Untersuchung stützt sich auf manuelle Inhaltsanalysen der Berichterstattung über 44 Volksabstimmungen im Zeitraum zwischen 2018 und 2023.

Analysiert wurden 23 Medientitel aus der Deutschschweiz und der Suisse romande.

Mehr Zuspruch für politische Mehrheit und Mitte-links-Vorlagen

Insgesamt berichten die Medien eher positiv über Vorlagen von Regierung und Parlament, während Volksinitiativen tendenziell auf Ablehnung stossen.

Dabei erhalten Vorlagen mit Unterstützung von Mitte-links wie die «Ehe für alle» oder die «Pflegeinitiative» im Durchschnitt mehr Zuspruch als Vorlagen von Mitte-rechts wie das «Terrorismus-Gesetz» oder die «Begrenzungsinitiative».

Dies zeigt sich besonders in redaktionellen Kommentaren.

Gleichzeitig entspricht die Tonalität der Berichterstattung eher den Abstimmungsresultaten der Stimmbevölkerung als den Parteistärken und Stimmverhältnissen im Nationalrat.

Medien gewichten mehrheitskritische Stimmen stärker

Im Vergleich zur Stimmbevölkerung gewichten Medien mehrheitskritische Stimmen stärker.

Auch schenken die Medien den Volksinitiativen im Durchschnitt mehr Resonanz als Vorlagen von Behörden.

Sie erfüllen damit ein Stück weit ihre Kritik- und Kontrollfunktion.

Reichweitenstarke Medien politisch neutral

Behördenvorlagen als Anliegen der politischen Mehrheit haben bei den meisten untersuchten Medientiteln eine leicht positive bis positive Tonalität, besonders bei «Südostschweiz» (plus 46).

Nur in der «SonntagsZeitung» (minus vier), der «WOZ» (minus zehn) und vor allem der «Weltwoche» (minus 32) überwiegt die Kritik an Vorlagen von Regierung und Parlament.

Tendenziell ablehnend wird über Volksinitiativen berichtet, besonders bei «NZZ» (minus 30), «Schweiz am Wochenende» (minus 31) und der «Weltwoche» (minus 41).

Mehr Zuspruch als Ablehnung gibt es nur bei der «SonntagsZeitung» (plus neun), dem «SonntagsBlick» (plus 20) und der «WOZ» (plus 44).

Klare Ausnahmefälle sind «WOZ» und die «Weltwoche»

Positioniert man die untersuchten Medien auf einer Links-Rechts-Achse (minus 100 bis plus 100), so zeigen sich Akzente nach links zum Beispiel bei «Le Matin Dimanche» (minus zwölf), «Blick» (minus 14) und «SonntagsBlick» (minus 34).

Ein leichter Akzent nach rechts besteht bei der «NZZ am Sonntag» (plus sieben) und der «Schweiz am Wochenende» (plus neun), weiter rechts positioniert sich «NZZ» (plus 17).

Klare Ausnahmefälle sind die politisch profilierten Medientitel «WOZ» (minus 79) auf der linken und die «Weltwoche» auf der rechten Seite (plus 59).

Politisch neutrale Positionierungen um den Nullwert zeigen die reichweitenstarken Medien «20 Minuten» (plus eins), «20 Minutes» (minus eins), SRF (minus eins) und RTS (minus drei).

Parteien erhalten grösste Resonanz

In der Medienberichterstattung zu den Abstimmungsvorlagen kommt ein breites Spektrum an Akteuren zu Wort.

Die grösste Resonanz erhalten die verschiedenen Parteien (39 Prozent) entsprechend ihren Wähleranteilen: Von den sechs grössten Schweizer Parteien entfällt mit 26 Prozent der grösste Anteil auf die SVP und der geringste mit sieben Prozent auf die Grünliberale Partei.

Auf die Exekutive entfällt zwölf Prozent der Resonanz, auf NGOs oder einzelne Bürger 14 Prozent. Etwas weniger präsent sind Wissenschaft und Wirtschaft.

Andere Akteure wie religiöse Organisationen oder Verbände erhalten 15 Prozent der Medienresonanz.

Schweizer Medien insgesamt ausgewogen

«Die Studie zeigt, dass sich die meisten Medien weder am linken noch am rechten Pol des politischen Spektrums positionieren, sondern relativ nahe am Durchschnitt.

Dies gilt insbesondere für die reichweitenstarken öffentlichen Medien SRF und RTS und die Pendlermedien von ‹20 Minuten›, die sich als unparteiliche Berichterstatter profilieren», sagt Linards Udris, Autor der Studie und stellvertretender Forschungsleiter am fög.

Allerdings stellt das fög auch Defizite fest. So erhalten nicht alle Vorlagen die gleiche Resonanz.

Die teilweise beachtlichen Unterschiede bedeuten, dass Stimmbürger nicht über alle Vorlagen im gleichen Umfang informiert werden.

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