In der Frage um die Herkunft der Bührle-Bilder will das Kunsthaus Zürich ein unabhängiges Expertengremium einsetzen. Dieses soll abklären, ob die Stiftung Sammlung E. G. Bührle ihre Provenienzforschung richtig betrieben und die Ergebnisse korrekt präsentiert hat.
Kunsthaus Zürich
Das Kunsthaus Zürich ist neu das Grösste der Schweiz. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Derzeit werde die Zusammensetzung des Gremiums und dessen konkreter Auftrag vorbereitet, wie es am Mittwoch an einer gemeinsamen Medienkonferenz von Kunsthaus und Bührle-Stiftung hiess.

Das Kunsthaus Zürich reagiert damit auf eine Forderung von Kanton und Stadt Zürich, die unter anderem eine unabhängige Evaluation der bisherigen Forschung gefordert hatten.

Mit der Integration der privaten Sammlung E. G. Bührle als Dauerleihgabe ans Kunsthaus wurde die Debatte um allfällige Raub- oder Fluchtkunst in diesem Herbst neu lanciert. In der Folge wurden die ausgestellten Bührle-Bilder mit QR-Codes ergänzt, die direkt zur Herkunftsforschung führen, welche die Sammlung selber betrieben hat.

Diese Forschung kam zu einem klaren Schluss: Bührle habe zwar mit Nazis Geschäfte und Geld gemacht, hielt Lukas Gloor, Direktor der Stiftung Sammlung E. G. Bührle, fest. «Eine Nazi-Kunstsammlung hat er uns deswegen aber nicht hinterlassen.»

Beim Grossteil der 203 Werke sei restlos geklärt, wer diese wann und wo besessen habe. Bei den übrigen bestünden zwar gewisse Lücken, doch deute aus Sicht der Stiftung nichts auf einen Zusammenhang mit NS-Raubkunst hin. Laut Gloor handelt es sich um eine Sammlung der 1950er-Jahre: Diese sei auch erstellt worden in der Hoffnung, dass nach dem Zweiten Weltkrieg ein Neuanfang möglich sei.

Das Archiv der Bührle-Stiftung ist nun ans Kunsthaus übergegangen. Das Expertengremium, das eingesetzt wird, soll dieses prüfen, sagte Joachim Sieber, Provenienzbeauftragter des Kunsthauses.

Es gehe weniger um Gut und Böse, sondern um historische Tatsachen, meinte Kunsthaus-Direktor Christoph Becker. «Wir lernen im besten Fall aus der Geschichte, dieser Aufgabe haben wir uns gestellt.»

Eine Dokumentationsraum, der beim Rundgang betreten wird, kommt gemäss Becker bei den Besucherinnen und Besucher gut an. Die Verweildauer liege bei 15 bis 20 Minuten. Das Publikum lobe die Sachlichkeit und Verständlichkeit, mit der die Umstände, unter denen die Sammlung Bührle entstand, dargestellt werde.

Ein Leihvertrag, wie er zwischen der Bührle-Stiftung und dem Kunsthaus vereinbart wurde, sei grundsätzlich vertraulich, hielt Conrad Ulrich, Präsident ad interim der Zürcher Kunstgesellschaft, fest. Dass die Öffentlichkeit dies kritisiert habe, habe er gehört. Es werde nun intensiv abgeklärt, ob im Januar der Vertrag oder zumindest gewisse Eckpunkte veröffentlicht werden könnten.

Wie das Kunsthaus am Mittwoch weiter mitteilte, soll im Januar zudem die Online-Sammlung nutzerfreundlich neu lanciert werden. Dabei sollen auch die Provenienzen der Stiftung Sammlung E. G. Bührle aufgenommen werden. «Im Jahresverlauf sollen diese Angaben nach musealen Standards kommentiert und wo sinnvoll und möglich ergänzt werden.»

Bilder der Bührle-Stiftung stehen unter dem Verdacht, auch Raubkunst aus der Zeit des Nationalsozialismus zu beinhalten. Emil Georg Bührle war durch Waffengeschäfte während und nach dem Zweiten Weltkrieg zum damals reichsten Mann der Schweiz geworden.

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