Schweizer Premiere: Stadt testet neuen «Schwammkreisel»
Im Kreisel Ohrbühl entsteht ein schweizweit einzigartiges Pilotprojekt: Erstmals werden verschiedene Massnahmen zur dezentralen Regenwasser-Reinigung getestet.

Der Strassenverkehr hinterlässt Spuren – auch im Wasser, wie die Stadt Winterthur schreibt. Wenn es regnet, werden Schadstoffe wie Schwermetalle und Stoffe aus Reifenabrieb ins Abwasser gespült. Bisher gelangt dieses Wasser im Bereich des Kreisels Ohrbühl ohne Reinigung in die Eulach.
Das Gebiet im Bereich des Ohrbühl-Kreisels wird aktuell im Trennsystem entwässert. Das bedeutet, dass Regenwasser und Schmutzwasser jeweils in ein eigenes Kanalsystem eingeleitet werden. Das Schmutzwasser aus den Gebäuden fliesst zur Kläranlage, und das Regenwasser wird in das nächstgelegene Gewässer eingeleitet.
Seit die Trennkanalisation dort gebaut wurde, ist das Industriegebiet stark gewachsen. Auch der Verkehr hat sehr zugenommen. Die Strassenoberfläche in diesem Abschnitt ist so stark befahren, dass das hier anfallende Regenwasser mittlerweile zu stark verschmutzt wird für eine Einleitung ins Gewässer.
Ohrbühl erhält den ersten Schwammkreisel der Schweiz
Damit ist nun Schluss: Die Stadt Winterthur setzt auf das Schwammstadt-Konzept. Dabei soll der natürliche Wasserkreislauf wiederhergestellt werden. Das anfallende Regenwasser wird an Ort und Stelle bewirtschaftet und der Vegetation zur Verfügung gestellt, anstatt es in die Kanalisation abzuleiten.
Winterthur baut im Ohrbühl den ersten «Schwammkreisel» der Schweiz. Hier werden gleich mehrere neue Entwässerungssysteme kombiniert und getestet. Sie sollen das Regenwasser reinigen, speichern und teilweise verdunsten lassen. So werden Gewässer und Grundwasser geschützt und die Umgebung spürbar gekühlt.
Konkret werden im Kreisel fünf verschiedene Systemtypen eingebaut und getestet: Verschiedene Grünflächen (Versickerungsmulden, Staudenbeete und Baumgruben) werden zur Versickerung des Strassenabwassers dienen. Zudem werden zwei neu entwickelte technische Filtersysteme eingebaut. Sie sollen Schadstoffe zurückhalten und dafür sorgen, dass möglichst viel Regenwasser vor Ort versickert oder verdunstet.
Fünf kleinere Bäume im Kreiselbereich, die schlechte Wachstumsbedingungen haben, werden durch insgesamt neun zukunftsfähigere Bäume ersetzt. Die grossen, gesunden Bäume bleiben erhalten.
Forschungsprojekt mit Fachhochschule OST, gefördert von Bund und Kanton
Über die nächsten eineinhalb Jahre werden die Fachleute der Stadt sowie Forschende der Fachhochschule OST das Projekt begleiten und messen, wie wirksam die Schwamm-Systeme sind, und wie gut die Schadstoffe aus dem Strassenabwasser darin zurückgehalten werden.
Insbesondere im Hinblick auf neue Chemikalien, die sich im Reifenabrieb finden, besteht noch grosser Forschungsbedarf. Die Ergebnisse sind wegweisend: Wenn die Methoden funktionieren, können sie schweizweit und darüber hinaus in anderen Städten eingesetzt werden.
Das kantonale Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) beteiligen sich finanziell mit 95'000 sowie 44'000 Franken am Projekt. Die Gesamtprojektkosten belaufen sich auf rund 360'000 Franken.
Die Bauphase beginnt am Montag, 29. September 2025, und erstreckt sich voraussichtlich über einen Zeitraum von knapp zwei Monaten. Der Verkehr wird während der gesamten Bauzeit weiterhin durch den Kreisverkehr geführt, eine Umleitung ist nicht erforderlich.