Richard Lindegger ist Vorstandsmitglied im Pilzverein Grauholz. Dort werden regelmässig Pilzbestimmungsabende durchgeführt – dabei geht es vor allem ums Wissen.
Richard Lindegger
Richard Lindegger ist Pilzkenner und Vorstandsmitglied beim Pilzverein Grauholz. Seine Lieblingspilze sind Steinpilze. - zvg/pixabay
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Nau.ch: Wie lange beschäftigen Sie sich schon mit Pilzen?

Richard Lindegger: Ich war schon als Bub mit meinem Vater unterwegs, aber ich hatte kein grossartiges Wissen. Mit 50 habe ich dann richtig damit angefangen und mich weitergebildet. Ich war es leid, immer doppelt und dreifach kontrollieren zu müssen und trotzdem unsicher zu bleiben.

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So sieht es an einem Pilzbestimmungsabend aus. - zvg

Nau.ch: Jetzt sind Sie Vorstandsmitglied im Pilzverein Grauholz, der während der Pilzsaison Pilzbestimmungsabende organisiert. Was macht man an diesen Abenden?

Es geht um den Austausch von Wissen. Man lernt die aktuellen Pilzbestände kennen und man lernt, wie sich Pilze voneinander unterscheiden. Der Anlass ist offen für alle und jeder kann Pilze zum Bestimmen mitbringen. Aber wir sind nicht die Pilzkontrolle, das ist ein wichtiger Unterschied.

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Richard Lindegger hat mit 50 Jahren angefangen, sich noch intensiver mit Pilzen zu beschäftigen. - zvg

Nau.ch: Was finden Sie an Pilzen toll?

Ich bin ein kulinarischer Pilzsammler – ich koche also gerne mit Pilzen. Meine Lieblingspilze sind das Schweinsohr, der eingemachte Trompetenpfifferling und der Steinpilz.

Nau.ch: Auf was müssen Anfänger achten, wenn sie zum ersten Mal Pilze sammeln gehen?

Da gibt es so einige Punkte! Man sagt, dass in der Schweiz rund 1000 Pilzarten auf den ersten Blick essbar aussehen. Doch von diesen 1000 Pilzarten kann man nur rund 300 tatsächlich essen. 500 sind ungeniessbar und 200 sind giftig. Deswegen rate ich jedem Anfänger, unbedingt in die Pilzkontrolle zu gehen! Dabei ist es wichtig, nicht mehr als zwei oder drei Pilze der gleichen Sorte zu bringen. Ausserdem sollten die Pilze mit der Basis unter der Erde ausgegraben und gebracht werden. Und sie sollten frisch sein.

Bricht man auf in den Wald, empfehle ich einen Korb zum Transport der Pilze. Auf keinen Fall einen Plastiksack, das macht die Pilze ungeniessbar. Ich habe auch immer ein Messer zum Ausgraben und einen Pinsel zum Entfernen des gröbsten Drecks dabei. Ausserdem sammle ich gemäss dem Motto, dass ich nur jene Pilze mit nach Hause nehme, die ich auch tatsächlich verwerten kann.

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Pilzbestimmungsabend beim Pilzverein Grauholz. - zvg

Nau.ch: Kennen Sie gute Plätze in der Region, wo viele Pilze wachsen?

(Lacht) Wenn ja, dann würde ich es nicht verraten! In den ganzen Jahren, in denen ich schon Pilze sammle, finde ich fast nie am gleichen Ort im nächsten Jahr wieder Pilze. Die Suche ist Knochenarbeit. Und um Pilze zu finden, braucht man Wissen.

Man muss wissen, wo sich die Pilzarten wohlfühlen und bei welchen Wetter- und Lichtverhältnissen sie wachsen. Ausserdem gehen die meisten Pilze eine Symbiose mit einer Pflanze oder einem Baum ein. Einen Fichtensteinpilz sucht man also besser nicht im Buchenwald.

Nau.ch: Welche Pilze wachsen in der Region?

Die Standardpilze Steinpilz, Eierschwumm, Maronenröhrling und der Rotfussröhrling. Aber es wachsen auch viele Giftpilze in der Region. Die häufigste Pilzvergiftung in der Schweiz passiert durch den Tigerritterling, der gerne mit Champignons verwechselt wird, oder mit dem Knollenblätter, der gleich mit mehreren Arten verwechselt werden kann.

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Dieser Champignon hat einen Doppelgänger – der jedoch giftig ist. - Pixabay

Nau.ch: Haben Sie einmal einen Giftpilz erwischt?

Am Anfang meiner Pilzexkursionen habe ich einen Haufen Steinpilze gefunden, ich konnte mein Glück kaum fassen! Zu Hause habe ich meinen Fund abgebrüht und eingefroren. Noch beim Einschlafen habe ich darüber nachgedacht und mich gefragt, warum mir dieses Steinpilz-Feld noch nicht früher aufgefallen ist.

Und plötzlich hats Klick gemacht. Ich bin aufgestanden, bin zur Kühltruhe, habe einen Pilz probiert – und gleich wieder ausgespuckt. Ich habe einen Haufen der grusigen Gallenröhrlinge gesammelt, die Doppelgänger vom Steinpilz. Darum ist es so wichtig, die Doppelgänger und vor allem die Giftpilze zu kennen!

Nau.ch: Sie sammeln schon seit Jahrzehnten Pilze in der Region. Hat sich der Bestand in dieser Zeit verändert?

Ich nehme an, dass der Bestand schon zurückgegangen ist. Es halten sich mehr Leute im Wald auf, das Klima ändert sich. Pilze kommen nicht mehr so problemlos vor, wie noch vor 30 Jahren. Aber ich finde immer wieder auch neue Pilzsorten, die ich in der Umgebung nicht erwartet hätte.

Nau.ch: Interessieren sich mehr oder weniger Personen fürs Pilze sammeln als in den letzten Jahren?

Ja, Pilze sammeln ist momentan in Mode! Aber die meisten interessieren sich nur kurzfristig dafür, die wenigsten nehmen die nötige Fortbildung wahr.

Nau.ch: Wann gehen Sie wieder Pilze sammeln?

Eigentlich gibt es Pilze das ganze Jahr über, aber ich konzentriere mich auf die Hochsaison im September und Oktober. Meine Saison dauert von August bis November.

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