Die röm.-kath. Kirchen des Pastoralraum Niederamt bieten in der gegenwärtigen Krise telefonische Seelsorge an. Nicht nur ältere Menschen nutzen die Hotline.
Telefon Seelsorge Niederamt
Die Seelsorge-Hotline bietet Menschen die Möglichkeit, über ihre Probleme und Ängste in der Corona-Situation zu sprechen (Sybolbild). - Keystone

Die Coronakrise zwingt die Menschen in die eigenen vier Wände. Dies kann auf Dauer belasten; vor allem alleinlebende Personen sind von der Aussenwelt isoliert. Die röm.-kath. Kirchen des Pastoralraums Niedergösgen bieten deshalb telefonische Seelsorge an.

Christa Niederöst (53) arbeitet in der Funktion als Pastorale Mitarbeiterin im ganzen Pastoralraum Niederamt und ist zudem die Ansprechperson für die Pfarreien Dulliken und Gretzenbach.

Seesorge Pastoralraum Niederamt
Christa Niederöst ist 53 Jahre alt, wohnt in Kappel und arbeitet als Pastorale Mitarbeiterin im Niederamt. Sie ist zertifizierte Lebens- und Trauerbegleiterin. - z.V.g.

Als zertifizierte Lebens- und Trauerbegleiterin bietet Niederöst Trauerbegleitungen an. Sie hat im Februar dieses Jahres ein Trauercafé im Niederamt eröffnet.

Nau.ch: Wie ist die Idee, in dieser Zeit telefonische Seelsorge anzubieten, aufgekommen?

Christa Niederöst: Aufgrund des Coronavirus sind sämtliche kirchlichen und gesellschaftlichen Anlässe unseres Pastoralraumes abgesagt worden. Doch gerade in dieser sehr einschneidenden, gegenwärtigen Krise ist es wichtig, dass die Seelsorge weiterhin präsent ist als Ansprechpartner und Möglichkeiten sucht und anbietet, um die Menschen zu unterstützen und zu begleiten.

Zusammen mit der Diakonieverantwortlichen, Frau Eva Wegmüller, haben wir uns überlegt, welche Möglichkeiten wir haben, weiterhin für die Menschen da zu sein. Dabei kam die Idee einer Seelsorge-Hotline auf.

Daneben gibt es einen Helfer-Pool, der Einkäufe und andere Botengänge erledigt, Kinder hütet und dort einen Einsatz leistet, wo es gerade vonnöten ist. Hierbei soll es nicht einfach nur um die Vermittlung von Helfern gehen, sondern wir wollen die Möglichkeit geben, dass die Anrufenden eine persönliche Stimme hören und ihre Alltagssituation und Schwierigkeit schildern und ein wenig «abladen» können.

Nau.ch: Wie nehmen Sie die Corona-Situation wahr?

Die gegenwärtige Situation ist für alle Altersgruppen eine sehr einschneidende Erfahrung im Alltag, die vielfältige Fragen aufwirft, Sorgen und Ängste auslöst. Die massiv eingeschränkten Sozialkontakte machen vielen Menschen stark zu schaffen.

Fehlende Austauschmöglichkeiten und Begegnungen von «face to face» sind sehr begrenzt, die Menschen fühlen sich dadurch allein und einsam.

Nau.ch: Rufen die Menschen hauptsächlich aufgrund des Virus bei Ihnen an? Was beschäftigt die Menschen am meisten?

Alle meine bisher geführten Gespräche stehen im Zusammenhang mit dem Coronavirus bedingten Zustand. Entweder möchten die Personen mit jemandem reden oder beanspruchen eine Hilfeleistung im alltäglichen Leben.

Seelsorge Coronavirus Niederamt
Auch im Niederamt wurden sämtliche Gottesdienste und Veranstaltungen abgesagt. - www.niederamtsued.ch

Die Anrufenden erzählen von ihren Sorgen, Ängsten und Nöten. Die bis anhin gewohnte Tagesstruktur verändert sich und es gibt Probleme und Konflikte auf der zwischenmenschlichen Ebene, weil plötzlich die ganze Familie für längere Zeit zu Hause ist.

Zudem gibt es nicht immer die Möglichkeit von Rückzugsorten, es geht um finanzielle Ängste, weil im Moment die Arbeit stillsteht, aber auch um Zukunftsängste, Verlustängste bezüglich der Arbeit, und vor allem fühlen sich viele alleine oder einsam.

Themen über Sterben und Tod und die Theodizeefrage kommen ebenfalls zur Sprache. Die Stimmung ist gedrückt, Mut- und Trostlosigkeit machen sich breit, Unsicherheiten und grosse Trauer ist spürbar und kommt zum Ausdruck.

Nau.ch: Wie viele Personen melden sich bei Ihnen?

Bei mir melden sich pro Tag im Schnitt sechs Personen. Die meisten davon sind Angehörige unserer Pfarreien im Pastoralraum, zu denen ich schon vorher in Beziehung stand. Einige Andere wurden von Drittpersonen auf unser Angebot aufmerksam gemacht. Nicht alle, die sich melden, sind einer Kirche zugehörig, was aber absolut keine Rolle spielt. Wir sind für alle da!

Nau.ch: In welchem Alter befinden sich die Leute, welche die Seelsorge beanspruchen?

Es sind vorwiegend Menschen im Alter zwischen 30 und 95 Jahren. Die jüngeren Menschen machen sich eher Sorgen um ihre Familien, ihre berufliche und finanzielle Situation, der älteren Generation macht eher das Alleinsein und die Einsamkeit zu schaffen.

Coronavirus Ängste Niederamt
Auch jüngere Menschen haben mit dem Coronavirus verbundene Ängste, über welche sie reden wollen. - Pixabay

Nau.ch: Wie läuft ein solches Gespräch? Ist die Seelsorge kostenlos?

Ein Gespräch auf der Seelsorge- Hotline braucht Zeit und eine gewisse Ruhe. Das Wichtigste ist, ein offenes Ohr zu haben, aktiv zuzuhören und den Anliegen und Gefühlen der Anrufenden genügend Raum zu geben. Tränen und Wut sind ebenfalls eine Form der Kommunikation und dürfen durchaus sein. Unsere Angebote sind wie immer kostenlos.

Nau.ch: Wie gehen Sie vor, um den Leuten zu helfen?

Reden kann anfangs entlasten und Luft verschaffen, kann befreiend, beruhigend und stärkend wirken. Des Weiteren im Gespräch miteinander nach Möglichkeiten und Ressourcen suchen, wie man der jetzigen Situation begegnen kann.

Eine Frau kann ihren Mann momentan im Altersheim aufgrund des verhängten Besuchsverbotes nicht mehr sehen. Sie ist künstlerisch sehr begabt und kreiert nun jeden Tag für ihren Mann eine Karte mit einem Impuls und gibt diese vor Ort ab. Der Mann freut sich darüber und die Frau tut etwas Konkretes, dass ihr zudem Freude bereitet und auch ein wenig Ablenkung verschafft.

Nau.ch: Zu welchen Zeiten können Sie die Leute der Region telefonisch erreichen?

Für die Seelsorge-Hotline haben wir keine fixen Zeiten vereinbart, da im Moment alle vorwiegend von zu Hause oder vom Büro aus arbeiten. Es besteht auch die Möglichkeit auf den Telefonbeantworter zu sprechen und eine Nachricht zu hinterlassen. Ich bin unter den Nummern 062 295 56 87 / 079 124 09 34 erreichbar.

Pastoralraum Niederamt Seelsorge
Der Flyer der röm.-kath. Kirchen im Pastoralraum Niederamt. - z.V.g.

Personen die noch keine Kenntnis über unser Angebot haben, könnten auch unsere Pfarrämter kontaktieren. Die Helfer-Hotline ist unter der Nummer 062 962 07 07 von 9 bis 19 Uhr erreichbar. Weitere Impulse und Infos finden Sie zudem unter www.niederamtsued.ch.

Zum Schluss ein Aufruf: Zögern Sie nicht, rufen Sie uns an, wir sind für Sie da!

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