Martin Kinzl, Standortleiter des Schulhauses Glockenthal in Steffisburg, spricht über den Fernunterricht und die langsame Rückkehr zur Normalität.
Schule Steffisburg
Martin Kinzl leitet den Schulstandort Glockenthal in Steffisburg - nau.ch/steffisburg.ch
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Nau.ch: Wie haben Sie den Fernunterricht erlebt?

Martin Kinzl: Ich persönlich mag spezielle Situationen, daher habe ich die Umstellung zum Fernunterricht als sehr spannend erlebt. Es lief plötzlich von morgens früh bis spät in die Nacht immer etwas. Es spielte sich einfach alles elektronisch ab.

Aber es war aussergewöhnlich interessant, herausfordernd und bot Fragestellungen, die man sonst so nicht hat. Dies führte bei einigen Lehrpersonen zu grossen persönlichen Belastungen, weil niemand von uns bereits über eine solche Erfahrung verfügte.

Der Vorteil war sicherlich, dass alle wussten, dass es eine Ausnahmesituation ist. Dadurch erfuhren wir sehr viel Goodwill vonseiten der Eltern. Alle waren dankbar für die geleistete Arbeit.

Nau.ch: Sind nun alle froh, dass die Schule wieder offen ist?

Sowohl Lehrpersonen als auch Kinder sind sehr froh, wieder in der Schule sein zu können. Die Kinder strahlen richtiggehend und man sieht ihnen die Freude an. Ich glaube, der Wert der Schule ist bei vielen gestiegen.

Nau.ch: Welche konkreten Massnahmen werden in Ihrem Schulhaus umgesetzt? Was ist die schwierigste Massnahme?

Wir haben ein Schutzkonzept. Die Kinder werden altersgemäss für Verhaltens- und Hygieneregeln sensibilisiert. So werden regelmässig die Hände gewaschen, Oberflächen werden viel öfters geputzt und desinfiziert. Zudem dürfen keine Eltern oder andere aussenstehenden Erwachsenen auf das Schulareal.

Wo die Kinder näher herantreten müssen, wie beispielsweise im Handwerksunterricht, haben wir zum Teil Plexiglasscheiben. Ausserdem wurden in einigen Zimmern Markierungen am Boden angebracht, damit die Kinder sehen, wo sie Abstände einhalten müssen.

Was wir im Schulhaus Glockenthal nicht durchsetzen können, ist der Abstand von zwei Metern unter den Kindern. Das ist aber auch nicht gefordert. Der Abstand unter den Lehrpersonen wird jedoch eingehalten.

Glockenthal Steffisburg
Auf dem Pausenplatz darf noch nicht Fussball gespielt werden. - nau.ch

Auch sind wir bemüht, die Klassen nicht zu mischen. Im Sportunterricht gibt es noch keine Kontaktsportarten und auf dem Pausenplatz wird bis zu den Lockerungen Anfang Juni noch nicht Fussball gespielt. Wir versuchen, die vom Bundesrat geforderten Massnahmen auf korrekte, aber auch pragmatische Weise umzusetzen.

Nau.ch: Was denken Sie, wann der Normalzustand wieder im Klassenzimmer Einzug halten wird?

Ich würde sagen, dass wir im Klassenzimmer schon wieder nahe an einem Normalzustand sind. Abgesehen von der Sensibilisierung bezüglich der Schutzmassnahmen bemühen wir uns um eine möglichst kindsgerechte Umgebung.

Was wir leider noch nicht durchführen können, sind Anlässe und Schulreisen. Das wird wohl auch noch eine Weile so bleiben. Ich hoffe aber, dass wir nach den Sommerferien wieder eine Schulreise machen können.

In einem meiner anderen Schulhäuser würde im Moment ein Zirkusprojekt laufen. Für dieses haben wir ein Zelt für 400 Personen gemietet, diese hätte bald aufgestellt werden sollen. Wir konnten den Anlass jetzt aber auf den Herbst verschieben.

Nau.ch: Denken Sie, dass die Erfahrungen aus dem Fernunterricht auch einen positiven Einfluss auf den normalen Unterricht haben könnten?

Definitiv ja. Die Digitalisierung ist hier sicherlich ein Hauptunkt, dies sowohl bei Kindern wie auch bei Lehrpersonen. Nach den vergangenen Wochen sehen nun alle den Nutzen dieser Technologien und sind geübter im Umgang damit. Bei den Kindern hat sich durch den Fernunterricht bei vielen eine gewisse Selbständigkeit entwickelt.

Was mir in dieser Zeit von den Lehrpersonen auch immer zurückgemeldet wurde, ist, dass im Fernunterricht grosse Unterschiede deutlich wurden. Einige Kinder kamen damit sehr gut zurecht und lernten viel Neues dazu. Andere taten sich damit eher schwer. Dies war aber sicher auch von der jeweiligen Situation zu Hause abhängig, wie etwa der vorhandenen technischen Infrastruktur oder der Betreuungsmöglichkeiten durch die Eltern.

Mit dem Präsenzunterricht wird eine bessere Chancengleichheit sichergestellt. Auf unterschiedliche Bedürfnisse kann im direkten Kontakt zwischen Lehrperson und Schülerinnen und Schülern besser eingegangen werden. Für die Zeit des Fernunterrichtes finden im Kanton Bern deshalb auch keine Beurteilungen statt.

Zur Person

Martin Kinzl ist Standortleiter Kindergarten und Primarstufe in den Schulen Au, Glockenthal und Kirchbühl in Steffisburg. Er hat einen Teil seiner Kindheit in der Gemeinde verbracht und ging selbst im Glockenthal zur Schule. Er lebt in Thun.

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