Die Engelbergerin Alessia Bösch (20) will wieder Skifahrerin sein. Ende 2021 hatte die Nachwuchsmeisterin die Karriere beendet. Jetzt will sie es wieder wissen.
Alessia Bösch
Alessia Bösch plant ein Comeback. - swissski.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Über zwei Jahre nach ihrem Rücktritt wagt sich Alessia Bösch an ein Ski-Comeback.
  • Die heute 20-Jährige war mehrfache Junioren-Schweizermeisterin.
  • Im grossen Portrait erklärt sie, warum sie es noch mal wissen will.
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Die Tage des Zweifels und des Zweifelns daran, ob die Welt des Leistungssports wirklich ihre Welt und das angestrebte Ziel sei, sind vorbei. Alessia Bösch, vierfache U18- und zweimalige U21-Schweizermeisterin und mittlerweile 20 Jahre alt, will wieder Skirennfahrerin sein.

Wieder, weil ihr im Dezember 2021 alles – privat und sportlich – zu viel und der Druck zu gross geworden ist. Sodass die Engelbergerin ihren überraschenden Rücktritt vom Skirennsport bekannt gegeben hat.

Alessia Bösch
Im Dezember 2021 gibt Alessia Bösch auf Instagram ihren Rücktritt bekannt. - insta/iamalessiiaa

«Die damalige Entscheidung war richtig, weil sie genau zu meiner Lebenssituation gepasst hat. Ich war überfordert. Der einzige Bereich, in welchem ich eine Notbremse habe ziehen können, war der Skisport», sagt Bösch.

«Dazu stehe ich auch heute noch. Ich brauchte Luft und Raum, um mich auf mich selbst und auf wichtige Dinge wie die Familie, die Ausbildung oder meine Gesundheit fokussieren zu können», so die Engelbergerin weiter.

Aleissa Bösch: Reifer geworden und Abstand gewonnen

Zweieinhalb Jahre später präsentiere sich die Situation aber verändert, sagt sie. Sie sei auch zwei Jahre reifer geworden, hält die Sportlerin fest. Dank einer ausgedehnten Reise durch die Welt konnte sie Abstand zum Skisport gewinnen. Das war ebenso wichtig für Alessia Bösch, wie in den letzten Wochen das Fühlen und Realisieren, was ihr der Skisport bedeutet hat.

Weder der Rücktritt noch die Entscheidung ein Comeback versuchen zu wollen, sind bei Alessia Bösch aus einer Laune heraus entstanden. Sie sind vielmehr die Folgen der inneren Überzeugung nach durchlebten Entwicklungen.

Alessia Bösch
Alessia Bösch will zurück in den Leistungssport. - insta/iamalessiiaa

Und heute sagt die Obwaldnerin klar: «Ich will zurück in den Leistungssport. Ich will wissen, wie ich diese Herausforderung meistere und wie weit der Weg mich führt.» Den Rennsport hat sie vermisst, das harte Training auch und das Lachen mit den Teamkolleginnen sowieso.

Bösch: «Traue mir zu, den Anforderungen heute gewachsen zu sein»

Alessia Bösch hat sich entschieden, dass sie das alles zurückbekommen möchte. «Mein Mindset hat sich verändert. Und ich traue mir zu, dass ich den Anforderungen des Leistungssports heute gewachsen bin.»

Als sie dann den Gedanken habe loslassen können, dass sie einer in der Vergangenheit gefällten Entscheidung treu bleiben und mit den Konsequenzen leben müsse, habe sie es definitiv gewusst: «Ich will Skirennfahrerin sein.»

In den letzten Monaten habe sie realisiert, wie sehr sie den Skirennsport tatsächlich vermisst habe. Das hat auch mit ihrer beruflichen Situation zu tun (gehabt). Alessia Bösch absolviert noch bis Ende April in der Kommunikationsabteilung von Swiss Ski ein Praktikum.

Rückmeldung von Delia Durrer wichtig

In dieser Funktion war sie im Januar als Medienkoordinatorin bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Frankreich engagiert. Die Nähe zu dem, was bis 2021 ihre eigene Welt gewesen ist, die veränderte Rolle in der Zusammenarbeit mit Rennfahrerinnen und Rennfahrern ihres Alters und ihren ehemaligen Trainern habe ihr die Augen geöffnet.

«Ich hätte mir nie verziehen, wenn ich nicht wenigstens abgeklärt hätte, ob eine Rückkehr für mich möglich ist», sagt die 20-Jährige.

Delia Durrer
Delia Durrer, eine gute Freundin von Alessia Bösch, hat den Sprung in den Weltcup geschafft. - keystone

Und bei diesen Abklärungen, die sie nach den Junioren-Weltmeisterschaften in Angriff genommen habe, sei sie auf offene Ohren und hilfsbereite Menschen gestossen.

Eine extrem wichtige Rolle hat dabei Alessia Böschs gute Freundin und jetzige Weltcup-Fahrerin Delia Durrer gespielt.

«Ich habe am dritten Tag der Junioren-WM Delia angerufen. Schon nach dem dritten Satz hat sie gemerkt, dass da etwas ‹im Busch› ist. Sie hat die richtigen Fragen gestellt und gespürt, wie sehr mich das Zuschauen bei den Wettkämpfen und die Tatsache, dass ich kein Teil mehr davon bin, schmerzen. Ihre Frage, weshalb ich es nicht noch einmal versuchen wolle, war dann genau jener Mutmacher, den ich noch gebraucht habe.»

Es folgten Gespräche mit den Eltern, mit ehemaligen Trainern und mit Swiss Ski. Auch hier habe sie gemerkt, dass sie bei einem allfälligen Weg zurück auf breite Unterstützung zählen darf.

Weg zurück wird steinig

Dass der neue Weg zurück in die Zukunft kein einfacher sein wird, ist Alessia Bösch bewusst. Die guten FIS-Punkte sind weg, die Zugehörigkeit zu einem Swiss-Ski-Kader wird ihr nicht geschenkt. Die Möglichkeit, sich für Trainings einem ZSSV-, NLZ- oder gar Swiss-Ski-Kader anschliessen zu können, wären da gewesen.

Allerdings unter der Bedingung, dass Alessia Bösch die Ausgaben für Reisen, Unterkünfte und andere Dinge selbst zu tragen hat. «Ich habe mich jetzt entschieden, dass ich im März und April meine Trainingsbasis in Engelberg haben werde und ich Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von den Trainingsmöglichkeiten der Sportschule und vom NLZ profitieren kann.»

Marco Odermatt
In Engelberg hat zuletzt auch Marco Odermatt ein «Heimat-Training» absolvieren können. - insta/marcoodermatt

Für etwaiges Gletschertraining im Juni und Juli gibt es Zusagen, dass sich Alessia Bösch dem NLZ oder dem C-Kader von Swiss Ski «anhängen» kann. Für August/September steht eine selbst finanzierte Reise nach Neuseeland im Vordergrund. Dort würde es für die Obwaldnerin darum gehen, die FIS-Punkte so weit wieder zu senken, dass sie im europäischen Winter nicht mit den allerletzten Startnummern in die FIS-Rennen steigen müsste.

Ideen für den Weg 2.0 zur Skirennfahrerin sind da. Mehr als Ideen, eigentlich. Erste richtungsweisende Pflöcke sind am Wegrand eingeschlagen. Und auch die Energie, der grosse Wille und auch die Euphorie, um sich auf diesen Weg zu machen, sind bei Alessia Bösch vorhanden. Und im Gespräch spürbar.

Trauen Sie Alessia Bösch ein erfolgreiches Comeback im Skisport zu?

Selbst die Glückssocken, auf deren positive Wirkung Nachwuchsfahrerin Alessia Bösch bis zu ihrem Rücktritt gebaut hat, gibt es noch. «Diese spare ich mir aber für meinen ersten Renneinsatz auf», sagt sie. Am Dienstag hat Alessia Bösch zum ersten Mal seit langer Zeit am Titlis wieder Slalom trainiert. Ihr Fazit nach dem Tag zwischen den blauen und roten Stangen: «Es war so extrem cool.»

Alessia Bösch ist zurück. Nicht ganz am Anfang, aber auf Feld 2. Es ist ein spannender Weg, den die junge Frau jetzt eingeschlagen hat.

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