In der Notfallstation am Kantonsspital St. Gallen (KSSG) steigen die Patientenzahlen seit Jahren. Nicht nur die Schliessung der Spitäler in Rorschach und Flawil führt beim Zentrumsspital zu weiteren Belastungen. Auch immer mehr Menschen ohne Hausarzt wenden sich direkt an die Notfallaufnahme.
St. Gallen Spital
Ein «Notfall» Hinweis-Schild am Kantonsspital St. Gallen. (Symbolbild) - Keystone

Der St. Galler Kantonsrat sprach sich am 2. Dezember 2020 deutlich für die Umsetzung der neuen Spitalstrategie und die Schliessung von vier Spitälern aus.

In Rorschach kam das Ende fast über Nacht. Der Notfall am Spital Rorschach wurde per 15. Januar 2021 geschlossen; die stationären Betten wurden zwei Wochen später aufgehoben. Seither führt das Kantonsspital St. Gallen den Standort Rorschach als Ambulatorium.

Die zweite Spitalschliessung im Kanton St. Gallen innert weniger Monate betraf das Spital Flawil. Mitte Juni wurde das stationäre Angebot aufgehoben. Der Notfall war bereits Anfang Monat geschlossen worden.

Auch am Spital Appenzell wurden Ende Juni nicht nur die Bettenstation, sondern auch die Notfallstation geschlossen. In Heiden musste Ende Juli die stationäre Abteilung ein halbes Jahr früher als geplant zumachen. Die Notfallstation hat ihren Betrieb auf 8 bis 18 Uhr verkürzt. 18 Prozent der Notfall-Patienten aus Appenzell Ausserrhoden wurden 2019 im KSSG behandelt, schrieb die Ausserrhoder Regierung in einer Antwort auf einen Vorstoss einer Kantonsrätin.

Die Schliessung der Spitäler sei auf der Zentralen Notfallaufnahme (ZNA) des Kantonsspitals St. Gallen selbstverständlich spürbar, sagt Philipp Lutz, Sprecher des KSSG, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Aber das hatten wir erwartet.» Genaue Aussagen könnten aber noch nicht gemacht werden.

Die Privatklinik Stephanshorn betreibt seit 2013 eine 24-Stunden-Notfallaufnahme. «Wir spüren eine deutlich Zunahme auf unserer Notfallstation», erklärt Christina Fenyödi, Sprecherin der Hirslanden Klinik, auf die Spitalschliessungen angesprochen. Eine Auswertung könne erst Ende Jahr gemacht werden. Ein Ausbau der Notfallstation in St. Gallen sei aber nicht geplant.

Neben den Spitalschliessungen habe auch die Corona-Pandemie Auswirkungen auf die Notfallstation am KSSG, sagt Lutz: «Wir führen darüber zwar keine Statistik, aber wir stellen in den letzten Tagen eine Zunahme fest von Corona-Patienten oder Verdachtsfällen, die nicht auf die ZNA gehören.» Menschen mit Corona-Symptomen sollten sich eigentlich an den Hausarzt oder die Hausärztin wenden.

«Den Notfall finden alle», sagt Lutz. Immer mehr Menschen würden auf einen Hausarzt verzichten. Stattdessen gingen sie mit Verletzungen und Krankheiten gleich ins Spital, was zur starken Auslastung des Notfalls beitrage. Auch fehle es im Kanton an Hausärzten.

In einem «normalen Jahr» werden auf der ZNA rund 41'000 Notfälle behandelt. Im Schnitt sind das 115 Patientinnen und Patienten pro Tag. An Spitzentage können es bis zu 150 Patienten sein, sagt Lutz, der auch gleich Vergleichszahlen liefert. Vor fünf Jahren waren es noch durchschnittlich 104 Notfall-Patienten pro Tag. Dann stieg die Zahl von Jahr zu Jahr: 2017 auf 106, 2018 auf 112 und 2019 auf 113.

Das Kantonsspital St. Gallen habe auf den Trend reagiert. In der Notfallstation seien in den letzten Jahren mehrere bauliche Veränderungen vorgenommen worden. Erst mit der neuen gemeinsamen Notfallaufnahme des KSSG und des Ostschweizer Kinderspitals (OKS) könnten die Platzprobleme laut Lutz gänzlich aufgehoben werden. Bezugstermin ist voraussichtlich 2028.

Auf den Notfall- und Intensivstationen brauche es aber vor allem gutes Pflegepersonal. «Auf diesen Stationen sind wir immer unterdotiert», sagt Lutz. Mit der Corona-Pandemie habe die Arbeitsbelastung auf der ZNA überdurchschnittlich zugenommen. Im Februar 2021 sei der Personalbestand in der Notfallpflege um 7,2 Stellen aufgestockt worden. Das Personal sei seit Beginn der Corona-Pandemie zusätzlich gefordert. Personelle Lücken liessen sich nicht so rasch ersetzen.

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