Amriswil kämpft gegen die drohende Wasserknappheit
Wie die Gemeinde Amriswil mitteilt, wird das Seewasserwerk Kesswil zum dritten Mal einer Sanierung unterzogen und erweitert.

Seit 1952 betreibt die Regio Energie Amriswil (REA) das Seewasserwerk Kesswil. Seither wurde es zwei Mal ausgebaut und modernisiert. Jetzt wird es zum dritten Mal einer Sanierung unterzogen und erweitert.
Das Amt für Umwelt hat eine «Koordinierte Trinkwasserversorgungsplanung von regionaler und überregionaler Bedeutung im Kanton Thurgau» erarbeitet. In Anlehnung daran wurde der zukünftige Wasserbedarf für Mensch, Tier und Landwirtschaft bis ins Jahr 2050 abgeschätzt.
Der heutige Wasserbedarf ab dem Kesswiler Seewasserwerk liegt an Spitzentagen bei rund 11 Millionen Liter pro Tag. Der prognostizierte maximale Wasserbedarf wird bis ins Jahr 2050 bei rund 22 Millionen Litern pro Tag liegen. Demnach rechnet der Kanton mit etwa 40 bis 45‘000 Einwohnern im Versorgungsgebiet.
Um dem Bedarf an Wasser zukünftig gerecht werden zu können, sind der Ausbau am Seewasserwerk und der Neubau der Fassungsleitungen unabdingbar. Denn bereits in den vergangenen Sommern erreichte die Wasserproduktion ihre Kapazitätsgrenze.
Dem nächsten anstehenden Engpass, prognostiziert auf das Jahr 2030, wäre nicht nur die alte Transportleitung von Kesswil nach Amriswil nicht mehr gewachsen gewesen, sondern auch das Pumpwerk in Kesswil. Deshalb wird auch dieses aufgerüstet.
Landwirte und Hobbygärtner lassen Wasserverbrauch steigen
Vor der alten, steht nun eine neue Halle beim Seewasserwerk. Die Baustelle ist im Zeitplan. Es laufe bisher alles wie geplant und vor allem unfallfrei, sagt Daniel Bill, Geschäftsleitungsmitglied der Regio Energie Amriswil und Verantwortlicher für die Baustelle. Schon Ende April soll die neue Anlage in Betrieb genommen werden können.
Der Termin sei wichtig, weil dann die Landwirte mit dem Wässern ihrer Felder beginnen und der Wasserbedarf stark ansteigt. «In einem trockenen Frühling kann es gar sein, dass nicht wie angenommen im August, sondern im Mai der höchste Wasserverbrauch im Jahr festgestellt wird», so Brunnenmeister Hugo Egloff. Aber nicht nur in der Landwirtschaft wird bald viel Wasser gebraucht.
Auch in den Hausgärten beginnen die Amriswiler bald mit dem Anpflanzen und dem Bewässern. «Auf die Anzahl an Privatgärten kommt auch da ein ganz schön hoher Wasserverbrauch zusammen», so Egloff.
Was rein kommt, muss auch aufbereitet werden können
Im Erdgeschoss der neuen Halle passiert im Moment nicht viel. Sie steht aktuell noch leer, dient künftig aber dem weiteren Ausbau des Wasserwerks. Bis dahin kann sie als Lagerhalle genutzt werden. Das Herz des Wasserwerks, die neuen Pumpen, befindet sich in ihrem Untergeschoss.
«Anstatt die Baustelle einfach wieder mit Erde auszubessern, hat man sich entschieden, gleich eine Vorkehrung für einen kommenden Ausbau zu treffen und die Halle darüber zu bauen», erklärt Egloff. Geplant ist in dieser in rund zehn Jahren eine neue Wasser-Aufbereitungsanlage.
Denn mit der aktuellen Aufrüstung wird die Kapazität erhöht, sodass mit der bestehenden Anlage die volle Kapazität ausgeschöpft werden kann. Bisher war dies nicht möglich, weil die Fassungsleitung zu klein war. Bis anhin hatte man also eine bestimmte Kapazität Aufbereitung und eine zu kleine Fassungsleitung.
Nächster Schritt – die Aufbereitungskapazität erhöhen
Jetzt wird die Fassung mit der neuen Fassungsleitung grösser, so dass die bestehende Kapazität voll ausgelastet werden kann. Der nächste Schritt wäre dann, die Aufbereitungskapazität zu erhöhen. Die Fassung bringt nach der Sanierung die nötige Leistung für die künftige Aufbereitungsvergrösserung. Diese Vollleistung sollte circa 2030 möglich sein.
Bis dahin wird auch die Aufbereitungskapazität erhöht. Damit wird das vom Kanton vorgegebene Ziel erreicht. Nach dem heutigen technischen Stand ist damit dann aber das Maximum erreicht. Demnach müsste dann wieder gebaut werden. Zeitgleich hätte die Aufbereitungsanlage ihre Lebensdauer erreicht und die technischen Anlagen müssten aufgerüstet werden.
Die neue Halle auf dem Gelände des Seewasserwerks wurde demnach genau so gebaut, dass es künftig noch Platz für einen weiteren Ausbau und allenfalls Neubau hätte. Gäbe es 2050 den Bedarf einer neuen, zusätzlichen Halle, könnte man diese auf dem Grundstück realisieren. «Irgendwann wird aber der Raum Amriswil überbaut sein und die Stadt wird nicht mehr weiter wachsen können, was auch den Wasserbedarf eindämmt», erklärt Hugo Egloff.
Zusammengefasst könne man aber sagen, wenn die Anlage diesen Sommer in Betrieb genommen wird, wird auch die Wasserknappheit in Amriswil und der Umgebung kein Thema mehr sein.
Der Tag X, an dem alles klappen muss
Ersetzt werden die Rohwasserpumpen, also jene, die das Wasser in die Aufbereitungsanlage befördern. Am Tag X, an dem die neuen Pumpen in Betrieb genommen und die alten abgestellt werden, muss alles innerhalb von wenigen Stunden funktionieren. Nämlich in dem Zeitfenster, in welchem die Bevölkerung aus den Reservoiren versorgt werden kann.
Zum Wasserunterbruch darf es während der Umschaltung nicht kommen. Die Amriswiler Bevölkerung darf und soll nichts von der Umschaltung merken. «Die Aufrechterhaltung der Wasserversorgung hat bei all unseren Bauprojekten immer oberste Priorität», sagt Bill.
In der Wasserversorgung muss es immer Redundanzen geben. «Getreu dem Motto: Eine Pumpe ist keine Pumpe», erklärt Egloff. Geht eine kaputt, übernimmt die andere, geht eine Leitung kaputt, übernimmt die andere. Aus diesem Grund wurde im Untergeschoss des Wasserwerks auch ein zusätzliches Reservoir gebaut, sodass das bestehende bald saniert werden kann.
«Dies eben auch um Sicherheiten zu schaffen», erklärt Bill. In Phasen, in welchen zum Beispiel eine Leitung oder eine Pumpe saniert oder gewartet werden muss, ist diese Redundanz für eine gewisse Zeit nicht mehr gewährleistet. Man fährt ein höheres Risiko. Dass nicht noch eine dritte Leitung gebaut wird, sei eine reine Kostenfrage, erklärt Egloff.
Nach der Hardware folgt die Software
Der Zusammenschluss des bestehenden Werks mit dem neuen passiert in verschiedenen Phasen. Zuerst wird die Rohranlage mit der bestehenden verbunden. Anschliessend wird die Pumpe eingebaut und die gesamte Elektrik installiert. Die Pumpen sowie alle Klappen und Antriebe werden getestet.
Wenn die Hardware funktioniert, kommt der eigentliche Umschalttag, der erwähnte Tag X. Dann wird die bestehende Software von der Steuerung genommen und die neue Steuerungssoftware wird geladen. «Zu diesem Zeitpunkt gibt es keinen Weg zurück. Es muss alles funktionieren», so Egloff.
Mitte April werden vorgängig an die Umschaltung alle Anlagen von Hand getestet. Sobald dies erfolgreich war, folgt die Umstellung. Würde die Software nicht funktionieren, müsste die Anlage ohne Software, von Hand betrieben und alle Software-Befehle müssten mit Handschaltungen gegeben werden.
Die Wasserversorgung könnte so auch bei einem Systemabsturz aufrechterhalten werden. Laufen muss die neue Anlage im April. Im September, wenn auch die Umgebung fertig ist, wird es einen Tag der offenen Tür geben, sodass sich die Bevölkerung ein Bild der neuen Aufbereitungsanlage machen kann.