Zwölf politische Gemeinden können das Gemeindereferendum im Kanton Zürich ergreifen.
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Das Anmeldeformular für Sozialhilfe. (Symbolbild) - Keystone
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Der Zürcher Kantonsrat hat am 15. Juni 2020 in einem äusserst knappen Entscheid eine Revision des kantonalen Sozialhilfegesetzes beschlossen. Neu sollen Observationen und der Einsatz von technischen Hilfsmitteln vorgängig durch den Bezirksrat bewilligt werden müssen.

Bisher war die gängige Praxis so, dass ein Behördenbeschluss reichte. Neu sollen zudem Arbeiten von Sozialhilfeorganen und entsprechende Überprüfungen nur noch vom öffentlichen Raum aus erlaubt sein. Ein spontaner Hausbesuch wird verunmöglicht.

Die Verfassung des Kantons Zürich räumt den Gemeinden das Recht ein, gegen solche Beschlüsse das Referendum zu ergreifen und eine Volksabstimmung zu verlangen. Damit ein Gemeindereferendum erfolgreich ist, benötigt es die Unterstützung von 12 politischen Gemeinden. Dieser Kantonsratsbeschluss führt dazu, dass sowohl aufseiten der Verwaltung in den Gemeinden als auch bei den Bezirksräten ein zusätzlicher administrativer Aufwand entsteht.

Auch ist die neue Regelung praxisfremd, weil Observationen bei einer veränderten Ausgangslage und einem konkreten Verdacht in der Regel rasch beschlossen und umgesetzt werden müssen. Das Verifizieren, ob die von Sozialhilfebezügern gemachten Angaben auch der Tatsache entsprechen, wird de facto verunmöglicht, denn solche Arbeiten dürfen neu nur noch vom öffentlichen Raum aus erfolgen.

Wer Sozialhilfe missbraucht, stellt das letzte soziale Netz aufs Spiel

Es ist zukünftig beispielsweise nicht mehr erlaubt, mittels spontanen Hausbesuchs zu prüfen, ob die gemachten Angaben zur Haushaltsgrösse der Tatsache entsprechen. Bereits das Betreten eines Treppenhauses in einem Wohnblock wäre nicht mehr erlaubt. Damit sind wichtige Grundlagen für die Arbeit gegen Sozialhilfemissbrauch nicht mehr vorhanden.

Auch missachtet der Entscheid des Kantonsrates mehrere Volksentscheide, in welchen eine klare Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger für ein entschlossenes Handeln gegen Sozialhilfemissbrauch gestimmt haben. So hat sich der Souverän auch dafür ausgesprochen, dass es sich bei Sozialhilfebetrug um ein schweres Delikt handelt, welches zum Landesverweis führen soll.

Denn wer Sozialhilfe missbraucht, stellt eine der wichtigsten sozialen Errungenschaften, nämlich das letzte soziale Netz, bezüglich der Akzeptanz in der Bevölkerung aufs Spiel. Bei den Exekutiven in den Gemeinden oder den Mitgliedern der Sozialbehörden handelt es sich um von der Bevölkerung gewählte Personen.

Diesen Behördenmitgliedern ist grundsätzlich das Vertrauen auszusprechen und die Milizarbeit entsprechend zu würdigen. Die Sozialabteilungen handeln jederzeit rechtskonform und wenden das Recht angemessen und adäquat an.

Der am 15. Juni 2020 gefasste Beschluss des Kantonsrats kommt einem Misstrauensvotum gegenüber den kommunalen Behörden und den Verwaltungen gleich, welche seriöse Arbeit leisten und grundsätzlich verantwortungsvoll und umsichtig handeln. Er erschwert eine effiziente, zielgerichtete Arbeit der Sozialhilfeorgane. Der Gemeinderat entscheidet aus diesen Gründen, das Gemeindereferendum zu unterstützen.

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