«Vereinbarkeit von Familie und Beruf führt über die Schule»

Wohin steuert die Schule in Muri-Gümligen? Stephan Lack, Gemeinderat im Ressort Bildung im grossen Interview.

Stephan Lack Muri Gümligen
Gemeinderat Stephan Lack vor dem Schulhaus Seidenberg. - pp

Seit sieben Jahren ist Stephan Lack «Bildungsminister» in der Gemeinde Muri bei Bern. Unter ihm wurde ein neues Schulreglement und ein ICT-Konzept eingeführt sowie die Bildungsstrategie 2027 verabschiedet. Der Unternehmer träumt zudem von einem Campus und der modernsten Schule der Schweiz. Das Interview erschien zuerst in der Wochenzeitung «Lokalnachrichten».

Nau.ch: Sie sind seit 2013 im Gemeinderat für das Ressort Bildung verantwortlich. Können Sie einen kurzen Rückblick machen?

Stephan Lack: «Der Einstieg war nicht ganz einfach. Ziemlich schnell haben wir dann aber eine Reorganisation in Angriff genommen, der Ressortchef wurde gleichzeitig zum Präsidenten der Schulkommission und es wurde ein geschäftsführender Schulleiter eingesetzt. Das hat die Führung und die Kommunikation wesentlich vereinfacht.»

Nau.ch: Was beabsichtigten Sie mit dieser Umstrukturierung?

Lack: «Die Schule Muri soll zusammenwachsen, aber die eigenen Identitäten und Kultur der verschieden Schulkreise behalten. In den letzten Jahren haben wir auch alle drei Schulleitungen der Schulkreise neu besetzt. Zusammen mit den Schulleitungen Kindergarten und Tagesschule bilden sie das neue Führungsteam der Schule Muri.»

Schulhaus Dorf Muri Gümligen
Das Dorfschulhaus in Gümligen. - pp

Nau.ch: Die Schulraumplanung und das geplante Oberstufenzentrum gaben heftig zu reden…

Lack: «Die Schulraumplanung muss mit der angestrebten Siedlungsentwicklung Schritt halten, damit die Platzverhältnisse in den Schulhäusern adäquat sind. Wir haben den Zustand der Schulhäuser analysiert, in den nächsten Jahren müssten rund 85 Millionen für die Instandhaltung und den Ausbau der sechs Schulhäuser aufgebracht werden. Und dies bei gleichzeitigen Überlegungen, die Oberstufen zusammen zu legen. Es gibt viel zu tun.»

Nau.ch: Worum geht es bei dieser Zusammenführung?

Lack: «Es ist wünschenswert, dass in der Oberstufe einerseits Leistung gefördert wird, aber auch eine Durchlässigkeit gewährleistet ist, wie auch in anderen Gemeinden des Kantons. Jede Schülerin, jeder Schüler der Oberstufe, sollte die verschiedenen Hauptfächer seiner Stärken entsprechend besuchen können. Und das ist in zwei verschiedenen Schulhäusern nicht realistisch.

Gleichzeitig soll das Übertritts- und Beurteilungsverfahren vereinheitlicht werden. Selbstverständlich ist es für Lehrer, die das Schulhaus wechseln müssen nicht ideal, dafür habe ich grosse Verständnis. Es ist für alle Beteiligten aber auch immer eine Chance.»

Digitalisierung Schule Muri Gümligen
Digitalisierung in der Schule ist auch in Muri-Gümligen ein Thema. - dpa

Nau.ch: Ein wichtiges Thema der heutigen Zeit ist auch die Digitalisierung. Wie steht die Schule Muri diesbezüglich da?

«Muri gehört im Kanton Bern sicher zur Spitzengruppe. Und es läuft sehr gut, im Gegensatz zur Stadt Bern. Es wurde gut aufgegleist mit hervorragenden Leuten aus allen drei Schulkreisen. Und es wurden 1,5 Millionen Franken investiert. Das Problem liegt inzwischen eher bei den digitalen Lehrmitteln seitens Kanton. Da gibt es noch viel Potential. Wir hier in Muri sind bereit.»

Nau.ch: Kürzlich wurde im Gemeinderat die Bildungsstrategie 2020 bis 2027 verabschiedet und im Parlament wohlwollend zur Kenntnis genommen. Was bedeutet das für die Schule Muri und für Sie persönlich?

Lack: «Das Schulwesen ist grundsätzlich kantonal geregelt. Die Gemeinden haben einen kleinen Spielraum, den versuchen wir möglichst gut zu nutzen. Für die Schule Muri ist es die erste Bildungsstrategie überhaupt und ein Meilenstein. Sie wurde in einem partizipativen Prozess erarbeitet und soll ein gemeinsames Verständnis über die Entwicklung der Schule in Muri aufzeigen, und das für die nächsten acht Jahre. Es war tatsächlich auch ein persönliches Ziel, dies mit Hilfe und grossem Einsatz von verschiedenen Fachleuten, zu erreichen.»

Nau.ch: Was ändert sich in der Zukunft bei der Ganztages- und Ferienbetreuung? Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird immer wichtiger.

Lack: «Inzwischen beziehen 450 Kinder Module aus der Tagesschule, das System platzt aus allen Nähten. Es geht darum, gute Voraussetzungen für Familien oder auch Alleinerziehende zu schaffen. Und der Trend geht ganz klar in Richtung Ganztagesschule. Das ist meiner Meinung nach auch der richtige Weg und in allen umliegenden Ländern völlig normal.

Es geht dabei auch um Chancengerechtigkeit und vor allem um günstige Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Darum wollen wird auch das Angebot bei der Ferienbetreuung ausbauen. Ich bin überzeugt, dass verbesserte Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf über die Schule führen müssen.»

Tagesschule Mathematik Muri Gümligen
Aufgabenhilfe in Mathematik in einer Tagesschule. (Symbolbild) - keystone

Nau.ch: Sie haben auch eine Zukunftsvision für die Schule Muri. Können Sie darüber etwas erzählen?

Lack: «Helmut Schmidt meinte einst, wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. (lacht). Nein, Spass beiseite. Unsere alten Schulhäuser werden permanent geflickt. Warum nicht umdenken und für die Schule Muri, z.B. auf der Schürmatt vor dem Seidenberg, ein neues, modernes Schulhaus bauen? Einen Campus, z.B. für alle 3.-9. Klassen, der eine Ganztagesschule mit Mittagsverpflegung bietet und Durchlässigkeit garantiert.

Mit Hauptfächern vorwiegend am Morgen und Sport und Kultur am Nachmittag und einer Zusammenarbeit mit lokalen Sportvereinen und der Musikschule. Kurz die modernste und beste öffentliche Schule der Schweiz, die auch den Ansprüchen der zunehmenden Digitalisierung Rechnung trägt.

Es ist wie gesagt eine Vision, die nicht von heute auf morgen realisierbar ist, sie muss auch finanzierbar sein, trotzdem könnte sie zu einem grundsätzlichen Nachdenken anregen. Gleichzeitig würde auf nicht mehr gebrauchten Schulhausarealen viel Bauland an bester Lage zur internen Verdichtung frei. Das wäre ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil.»

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