Aufschrei wegen «Abtreibungsgegner»-Plakat an Bahnhöfen
Die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind sorgt mit einer Werbung für Schwangere für rote Köpfe. Gründer der Organisation ist ein Abtreibungs-Gegner.
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Das Wichtigste in Kürze
- Unter anderem am Bahnhof Basel wirbt die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind.
- «Schwanger und in Sorge?» – dann solle man die Hotline anrufen.
- Autorin Lisa Christ sowie Politiker kritisieren, dass die Absicht dahinter klar sei.
- Gründer der Stiftung ist ein Abtreibungs-Gegner. Ergebnisoffene Beratung gibt es nicht.
«Schwanger und in Sorge?» Am Bahnhof in Basel wirbt die «Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind» derzeit mit einem Riesen-Plakat. Frauen sollen für Beratung, Unterstützung und Finanzierung die 24/7-Hotline anrufen.
Hilfe für Schwangere in Not? Auf den ersten Blick. Die Plakate, die auch an anderen Orten in der Schweiz hängen, sorgen nun aber für einen Aufschrei.

Die Oltner Autorin und Slam Poetin Lisa Christ teilt ihren Unmut etwa auf Instagram. «Ich kann es nicht fassen, diese Dreistigkeit», schreibt sie erst in einer Story.
Hinter dem Plakat stecken Abtreibungs-Gegner
Die Stiftung stand in Vergangenheit des Öfteren in Kritik. Die SHMK wurde einst von Dominik Müggler gegründet. Ein Abtreibungs-Gegner, der auch schon bestätigte, dass man nicht auf eine «ergebnisoffene» Beratung abzielt.
Der heutige SP-Co-Präsident Cédric Wermuth reichte 2013 etwa eine Interpellation zu den «dubiosen Beratungsangeboten» ein.
«Sie wollen die Frauen überzeugen, das Kind zu bekommen. In jedem Fall. Das ist gefährlich und falsch», warnt Christ.
«Das sind schockierende Praktiken»
Die Zürcher Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber doppelt bei Nau.ch nach. «Organisationen wie die SHMK versuchen durch die Verbreitung falscher Informationen aktiv, Frauen von einer Abtreibung abzuhalten. Das sind schockierende Praktiken.»

So auch am Bahnhof Basel. «Das Plakat gaukelt vor, neutrale und offizielle Informationen zu verbreiten.» Dass es sich um Abtreibungsgegner-Propaganda handle, werde verschleiert.
Prelicz-Huber fordert: «Hier bräuchte es eine Pflicht zur Transparenz. Und entsprechende Hinweise auf dem Plakat, dass es sich nicht um eine staatlich anerkannte Fachstelle handelt.»
Neuer Präsident – die Haltung zu Abtreibungen bleibt
Ende des letzten Jahres löste Robert Hafenrichter Dominik Müggler als Präsident des SHMK-Stiftungsrates ab. Wie sein Vorgänger läuft er beim «Marsch fürs Läbe», bei dem sich Gegner von Schwangerschafts-Abbrüchen treffen, mit.
Bei Nau.ch nimmt er zu den kritischen Stimmen Stellung. Das Wort «Abtreibungs-Gegner» höre man nicht gerne. Weil es negativ konnotiert sei und den Eindruck vermittle, man sei nur «gegen etwas».
Die SHMK respektiere die Autonomie von Frauen. Man biete Lösungen an, ohne Druck auszuüben. «Die Frau ist vor, während und nach dem Gespräch frei, ob sie ein solches Hilfsangebot annehmen will.»
«Abtreibung tötet einen Menschen und verletzt seine Menschenwürde»
Bei der Haltung zu Abtreibungen gibt es aber keinen Spielraum. «Nie, in keinem Fall. Abtreibung tötet einen Menschen und verletzt seine Menschenwürde», sagt Hafenrichter.

Doch was passiert, wenn eine schwangere Frau die Hotline anruft und zur Abtreibung tendiert?
Auf Unterstützung kann man dann nicht hoffen – ergebnisoffene Beratung gebe es hier nicht. «Wir erkundigen uns nach ihrer Notlage. Diese muss sie medizinisch bestätigen.»
Das Ziel eines Telefonats ist, die eigenen Hilfsangebote vorzustellen. In den Worten des SHMK-Präsidenten: «Wenn wir ihr helfen können, ein Ja zum Kind zu sagen, tun wir dies. Die Frau bleibt frei, unsere Hilfe anzunehmen oder andere Wege zu wählen.»
Pro Jahr verzeichne man 1500 «Hilfsgesuche».
SBB muss die Werbung zulassen
Bewilligungen zum Aushang von Werbung an Bahnhöfen der SBB stellt übrigens die APG aus. Diese handelt im Auftrag der SBB.
Bahnhöfe werden als öffentlicher Raum definiert, sagt Sprecher Moritz Weisskopf. «Daher ist die SBB verpflichtet, Werbung grundsätzlich zuzulassen, solange sie keine einschlägigen Normen zur Meinungsfreiheit verletzt.»