Vor dem Kreisgericht Toggenburg in Lichtensteig SG hat sich am Donnerstag ein knapp 43-jähriger Mann wegen Mordes und Raubs zu verantworten. Er soll Anfang Mai 2016 in Lichtensteig einen 62-jährigen Schweizer brutal getötet haben.
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Das Kreisgericht Toggenburg in Lichtensteig SG. - Kanton St. Gallen
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Das Opfer war im Städtchen Lichtensteig bekannt als Original und Betreiber eines keinen Museums für mechanische Musikinstrumente und -apparate. Der mutmassliche Täter, ein Niederländer, lebte damals in Thailand und Kambodscha.

Laut Anklageschrift lernten sich die beiden Männer einige Wochen vor der Tat über eine Internet-Kontaktplattform für homo-, bi- und transsexuelle Männer kennen. Im März 2016 weilte der Schweizer in Thailand und wohnte dort mit einem so genannten Ladyboy zusammen, einer Transgender-Person. Er lud den Niederländer zu einem Besuch ein.

Der kam dieser Einladung gerne nach und wohnte ein paar Tage bei den beiden. Dabei sei es «in unterschiedlichster Zusammensetzung zu sexuellen Begegnungen» gekommen, schreibt der Staatsanwalt. Sex sei überhaupt der Grund des Besuchs gewesen.

Auf erneute Einladung des Schweizers kam der Niederländer laut Staatsanwalt am 28. April 2016 nach Lichtensteig. Er habe mit dem Gastgeber in dessen kleiner Zweizimmerwohnung gewohnt. Sie hätten häufig Sex gehabt, so auch am Abend des 2. Mai im Wohnzimmer.

Dabei sei der Niederländer in die Küche gegangen, nach eigenen Angaben, um einen Schluck Wasser zu trinken, heisst es in der Anklageschrift. Mit einem Küchenmesser kam er demnach ins Wohnzimmer zurück und stach auf den Schweizer ein. Dieser wehrte sich vergeblich. Schreien konnte er nicht, weil ihm der Jüngere den Mund zuhielt.

Das Opfer erlitt sieben teils tödliche Stichverletzungen am Körper und mehrere Abwehrverletzungen an Händen und Armen. Nach der Attacke habe der Messerstecher das Gefühl gehabt, der andere atme noch, schreibt der Staatsanwalt weiter. Er habe ihm deshalb einen Plastiksack über den Kopf gezogen.

Nachdem er sich ein Weilchen ausgeruht hatte, zog er - immer laut Anklageschrift - den Körper an den Beinen vom Sofa, den Gang entlang zum Schlafzimmer. Dabei hörte er ein Körpergeräusch, dachte, der Mann lebe noch immer und stach mit dem nächstbesten spitzen Gegenstand erneut auf ihn ein. Dann versteckte er die Leiche unter dem Bett und stellte als Sichtschutz Tragtaschen davor.

Der Ankläger beschreibt ein umsichtiges Nachtatverhalten: Der Mann wischte so gut es ging die Blutspuren weg, duschte und zog sich um. Dann suchte er in Schränken und Schubladen nach Geld- und Wertgegenständen.

Er steckte rund 8000 Euro in verschiedenen Währungen, eine Halskette und zwei Armbanduhren ein. Im Notebook des Opfers löschte er kompromittierende E-Mails. Er wusch das Küchenmesser und legte es in die Besteckschublade zurück. Im Internet schaute er nach Taxi- und Zugverbindungen.

Bevor er die Wohnung mit seinem eigenen Reisegepäck und der Beute verliess, zog er herumliegende rosafarbene Handschuhe des Opfers an und nahm sich dessen Autoschlüssel. Dann fuhr er mit dem Mercedes des Schweizers zum Bahnhof Lichtensteig.

Er parkierte, warf den Autoschlüssel in einen Schacht oder Abfalleimer und stieg in den Zug, der Lichtensteig am 3. Mai um 05.02 Uhr Richtung St. Gallen - St. Margrethen verliess. Wenige Stunden später, gegen 10.15, kaufte er am Flughafen in München ein Ticket nach Bangkok und flog um 14.25 Uhr mit «Thai Airways» ab.

Nach Auffinden der Leiche fiel der Verdacht rasch auf den Niederländer. Er wurde international zur Fahndung ausgeschrieben. Am 2. Juni wurde er in Thailand festgenommen und am 26. Januar 2017 an die Schweiz ausgeliefert. Seit Mai 2017 befindet er sich im vorzeitigen Strafvollzug. Die Strafanträge werden erst in der Verhandlung bekannt gegeben.

Verurteilung
Das Kantonsgericht St. Gallen sprach den Vater der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
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