Für Personen, die im Kanton Freiburg in der Prostitution tätig sind, hatte die Coronakrise im Jahr 2020 grosse Auswirkungen.
Strassenprostitution. - Kantonspolizei Freiburg

Vor Kurzem hat der Staatsrat den Tätigkeitsbericht der beratenden Kommission im Bereich der Prostitution für das Jahr 2020 zur Kenntnis genommen. Es war ein Jahr, in dem die Corona­pandemie die Prostitutionstätigkeit stark erschwert hat.

Die zwei Phasen, in denen Prostitution gänzlich verboten war (März bis Juni und November bis Dezember), und die Beschränkung der Öffnungszeiten hatten erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Salon­betreiberinnen und Salonbetreiber sowie der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter.

Einige haben ihre Tätigkeit ganz aufgegeben

Die Prostitutionsverbote setzten die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter finanziell stark unter Druck. Viele von ihnen konnten ihren eigenen Lebensunterhalt und denjenigen ihrer im Ausland lebenden Familien nicht mehr bestreiten.

Aufgrund der Ungewissheit, die die Gesundheitskrise verursachte, erkundigten sich deutlich mehr Betroffene nach ihren Möglichkeiten für den Wechsel in ein anderes Tätigkeitsgebiet. Die Anmeldungen bei der Ausgleichskasse nahmen ebenfalls zu. Einige Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter haben ihre Tätigkeit zudem ganz aufgegeben.

Es gab aber auch Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, die ihre Tätigkeit trotz des Verbots weiter­führten. Die Angst vor einer Busse oder vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus stellten für sie häufig eine zusätzliche Sorge dar. Ausserdem wurden manche Sexarbeiterinnen von ihren Kunden unter Druck gesetzt, damit sie ihnen trotz der Verbotsmassnahmen bezahlte Leistungen erbrachten.

25 Anzeigen wegen Verstössen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz

In den Phasen, in denen die Prostitution verboten war, boten manche Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter ihre Dienste in anderen Kantonen an, in denen kein ausgesprochen worden war, insbesondere in den Kantonen Bern und Waadt. Als hingegen die Ausübung der Prostitution in anderen Kantonen verboten war, kamen Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter hauptsächlich aus dem Kanton Genf und den Deutschschweizer Kantonen für ihre Arbeit in den Kanton Freiburg.

Die Kontroll- und Präventionstätigkeit der verschiedenen Akteure, die in der Kommission vertreten sind, wurde von der Gesundheitskrise ebenfalls beeinflusst. So führte die Kantonspolizei 199 Besuche in Prostitutionssalons und Wohnungen (2019: 319) und 404 Kontrollen bei Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern durch (2019: 791). Ferner gab es 25 Anzeigen wegen Verstössen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz angezeigt.

Soziale und finanzielle Unterstützung

Die Arbeit des Programms Grisélidis, das vom Verein Fri-Santé getragen wird, war kontrastreich. Die zweiwöchentlichen Sozialsprechstunden in den Räumlichkeiten von Fri-Santé waren gut besucht. In den Gesprächen ging es vor allem um Nothilfe, Rückkehrhilfe, Notunterbringung, die Zusammenstellung von Dossiers für die Sozialdienste und um EO-Anträge.

Es wurden 1434 Besuche von 129 Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern verzeichnet (2019: 863 Besuche von 106 Sexarbeiter/innen). Grisélidis hat COVID-Hilfsgelder in der Höhe von 70 000 Franken verteilt. Im Gegensatz dazu war die Präsenz an den Prostitutionsorten aufgrund der Verbotsphasen weniger intensiv: Es wurden 285 Besuche an der Alten Brunnengasse (2019: 960) und 32 Besuche in Prostitutionssalons durchgeführt (2019: 93).

Bei dieser Gelegenheit wurde jeweils an die besonderen Corona-Vorschriften (Maske tragen, lüften usw.) des Schutzkonzepts erinnert, welches das Schweizerische Netzwerk zur Verteidigung der Rechte von Personen, die in Berufen des Sex­gewerbes arbeiten (ProKoRe), herausgegeben hat. Am Ende meldeten nur drei Sexarbeiterinnen, dass sie sich im Jahr 2020 mit COVID-19 angesteckt hatten.

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