Bedecktsamige Blütenpflanzen sind viel älter als ihr Fossilbestand vermuten lässt, so eine Studie unter der Leitung der Universität Freiburg.
Neue Studie lüftet das Mysterium um den Ursprung der Blütenpflanzen. - Universität Freiburg

Blütenpflanzen erscheinen im Fossilbericht zuerst in der Mitte der Kreidezeit, der letzten Epoche des Zeitalters der Dinosaurier, und dominieren schnell die Vielfalt der Landpflanzen. Genomische Daten deuten jedoch auf einen rund hundert Millionen Jahre früheren Ursprung hin, welcher bereits im Jura oder sogar in der Trias, dem Beginn des Zeitalters der Dinosaurier, liegt.

Aus dem Jura sind jedoch keine unbestrittenen Fossilien von bedecktsamigen Blütenpflanzen bekannt, nicht einmal fossile Pollen. Diese verblüffende Diskrepanz war für Wissenschaftler/innen ein ewiges Rätsel.

Mathematik als Rettung

Nun hat ein Forschungsteam aus der Schweiz, Schweden, Grossbritannien und China den Fossilienbeleg von Blütenpflanzen mit einem grossen Datensatz und neuen mathematischen Werkzeugen analysiert. Sie zeigten, dass der Fossilbericht tatsächlich mit dem sehr frühen Erscheinungsdatum vereinbar ist, so wie es die genetischen Daten nahelegen.

Bis zu ihrem explosiven Erfolg in der Kreidezeit könnten blühende Pflanzen über sehr lange Zeiträume relativ selten und unauffällig geblieben sein. Laut dieser Studie existieren Fossilien von Blütenpflanzen aus dem Jura, diese sind nur extrem selten und müssen erst noch gefunden werden.

«Eine vielfältige Gruppe von bedecktsamigen Blütenpflanzen lebte sehr lange im Schatten von Farnen und Nacktsamer wie Nadelhölzern und Ginkgopflanzen, welche die alten Ökosysteme dominierten», sagt Daniele Silvestro von der Universität Freiburg, Hauptautor der Studie. «Nicht anders als die Säugetiere, welche im Zeitalter der Dinosaurier lange Zeit unscheinbar waren, bevor sie zu einem dominanten Bestandteil der modernen Faunen wurden.»

Abscheuliches Geheimnis

Blütenpflanzen sind die bei weitem am häufigsten vorkommende und vielfältigste Pflanzengruppe in modernen Ökosystemen, weitaus zahlreicher als Farne und nacktsamige Pflanzen. Sie umfassen fast alle Nutzpflanzen, die das menschliche Leben und den Lebensunterhalt sichern.

Der Fossilienbericht zeigt, dass dieses Muster von Dominanz und Vielfalt ziemlich unerwartet, vor 80–100 Millionen Jahren, auftrat. Dieses plötzliche Auftreten verwirrte Charles Darwin, der es ein «abscheuliches Mysterium» nannte.

Das Rätsel wird durch neuere DNA-Technologien noch verstärkt: Datierungsmethoden, die auf phylogenetischen Analysen moderner Pflanzen und ihrer Genome basieren, deuten auf eine viel frühere Entstehungszeit der Blütenpflanzen hin, was in scheinbarem Widerspruch zu den paläontologischen Daten steht.

Paläontologische und molekulare Beweise in Einklang gebracht

Die neue Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution veröffentlicht wurde, könnte dieses Rätsel gelöst haben. Das Team von Wissenschaftler/innen zeigt, dass Blütenpflanzen tatsächlich im Jura oder früher entstanden sind – weit vor den ältesten unbestrittenen fossilen Belegen. Die Forschenden vermuten, dass das Fehlen älterer Fossilien aus der Seltenheit und geringen Fossilisierungswahrscheinlichkeit früher Blütenpflanzen resultiert.

«Eine wörtliche Interpretation des Fossilnachweises kann nicht verwendet werden, um die Entstehungszeit der Gruppe realistisch abzuschätzen», erklärt Christine Bacon von der Universität Göteborg in Schweden, Mitautorin der Arbeit. «Stattdessen haben wir neue mathematische Modelle entwickelt und nutzen Computersimulationen, um das Rätsel zu lösen.»

Die neue Studie basiert ausschliesslich auf Fossilien und bezieht keine genomischen Daten mit ein. Sie zeigt, dass der frühere Ursprung, welcher in den genomischen Daten gefunden wurde, tatsächlich auch von paläontologischen Daten gestützt wird.

Die Forschungserkenntnisse basieren auf einer grossen Datenbank von mehr als 15‘000 Fossilien aus vielen Pflanzengruppen, die im Xinhuangbanna Tropical Garden in China zusammengetragen wurden, darunter die Familien der Palmengewächse, Orchideen, Korbblütler und Hülsenfrüchtler.

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