Einwohnerrat diskutiert Sucht und Betteln im öffentlichen Raum
Sucht und Betteln im öffentlichen Raum erfordert einen Balanceakt zwischen Sicherheit und Unterstützung. Der Einwohnerrat hat eine SP-Interpellation behandelt.

Wie soll die Gemeinde mit suchtbetroffenen und bettelnden Personen umgehen? Diese Frage stand im Zentrum einer Interpellation der SP, die an der jüngsten Einwohnerratssitzung behandelt wurde, wie die Gemeinde Emmen schreibt.
Während der Gemeinderat auf Prävention, Zusammenarbeit und regionale Lösungen setzt, zeigen die Voten im Rat die Spannungsfelder zwischen Sicherheit, Verdrängung und sozialer Integration deutlich auf.
Gemeinde geht die Thematik bereits heute bewusst breit an
Der Gemeinderat verweist in seiner Beantwortung der Interpellation auf bestehende Massnahmen wie Patrouillen des Luzerner Sicherheitsdienstes, Jugendarbeit und Kooperationen mit Institutionen wie der Gassenarbeit Luzern, der Caritas oder dem Verein Jobdach.
«Eine verstärkte Präsenz von Ordnungskräften kann ein Element sein, reine Repression führt jedoch nur zu Verdrängung und ist keine nachhaltige Lösung», bekräftigt Gemeinderat Beat Niederberger im Rahmen der Ratsdebatte vom 16. September 2025.
Niederberger weist darauf hin, dass die Gemeinde bereits heute mit einer Vielzahl von Akteuren zusammenarbeite und die Thematik bewusst breit angehe – von Sicherheitsfragen über Sozialarbeit bis hin zu Wiedereingliederung.
«Es gibt viele Angebote, aber nur immer mehr neue Angebote zu schaffen, löst unter Umständen das Problem nicht. Also stärken wir doch die bestehenden», sagt er.
«Es ist eine Verbundaufgabe»
Besonders hebt Niederberger das kürzlich vom Kanton Luzern präsentierte Massnahmenpaket zur Crack-Problematik hervor. Dieses zeige deutlich, dass Suchtfragen nicht isoliert auf Gemeindeebene gelöst werden könnten. «Alleine kann man es nicht lösen. Es ist eine Verbundsaufgabe – zusammen mit der Stadt Luzern, mit Fachinstitutionen und dem Kanton.»
Die SP zeigt sich mit der Antwort des Gemeinderates nur teilweise zufrieden. Claudia Stucki kritisiert widersprüchliche Aussagen zu Begegnungsorten und zur Haltung gegenüber Betroffenen. Einerseits sei von einem freiwilligen Leben ausserhalb des normalen Alltags die Rede, andererseits werde die Mehrfachbelastung vieler Suchtkranker anerkannt. «Hier wünschen wir uns mehr Klarheit und weniger Pauschalisierungen», sagt Stucki.
Prävention versus Repression
Für Die-Mitte-Fraktion steht derweil die Sicherheit im Vordergrund. «Begegnungen mit suchtbetroffenen oder randständigen Menschen können gerade für Kinder, Frauen und ältere Personen beängstigend sein», erklärt Einwohnerrätin Tresa Stübi.
Sie plädiert für die Einführung eines Community Policing nach Luzerner Vorbild. Auch die FDP lenkt den Blick auf den öffentlichen Raum: Die Umgestaltung des Sonnenplatzes habe zwar Aufenthaltsqualität gebracht, aber auch neue soziale Spannungen sichtbar gemacht. «Es ist nicht damit getan, Sitzgelegenheiten zu platzieren und Bäume zu pflanzen», meint Petra Schnüriger.
Dem widerspricht FeE-Einwohnerrätin Regula Stalder. Es seien dieselben Personen wie zuvor, nur würden sich diese neu an den Schattenplätzen aufhalten.
Stalder fordert ein Monitoring mit klaren Kennzahlen und ein Ampelsystem für Brennpunkte: «Frühzeitige Erkennung, schnelle Interventionen, übersichtliche Kennzahlen und ein gut konzipiertes Ampelsystem könnten Teil einer sinnvollen und menschenwürdigen Strategie in Emmen sein.»
Werden Angebote zu wenig genutzt?
Die Grüne/GLP-Fraktion rückt Littering und Vandalismus in den Vordergrund, insbesondere auf Schularealen, und plädiert für mehr Strassenarbeit sowie klarere Zuständigkeiten.
«Wir erwarten eine regelmässige Präsenz auf Schularealen ausserhalb der Unterrichtszeiten und eine aktivere Strassenarbeit für Vorsorgemassnahmen», votiert Petra Mauro.
Die SVP zeigt sich skeptisch, ob zusätzliche Angebote eine Lösung bringen. «Wenn Hilfe nicht angenommen wird, kann die Gemeinde noch so viele Angebote schaffen. Annehmen müssen es die betroffenen Personen selbst», erklärt Einwohnerrat Pascal Müri.
Weder Verdrängung noch Verharmlosung führen zum Ziel
Am Ende der Debatte zeigt sich, dass Einigkeit über die Vielschichtigkeit des Problems besteht – und auch darüber, dass Verdrängung ebenso wenig wie Verharmlosung zielführend sind.
Zwischen Forderungen nach mehr Sicherheit, der Betonung sozialer Integration und der Suche nach regional abgestimmten Massnahmen bleibt die Thematik herausfordernd.
«Frühzeitige Intervention, ein gutes Monitoring und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit sind gefragt. Und genau daran arbeiten wir», betont Gemeinderat Beat Niederberger.