Fussball hinter Gefängnismauern: SC Emmen zu Gast im Grosshof
Ende März 2025 trat das Seniorenteam 30+ des SC Emmen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Grosshof in Kriens gegen eine Mannschaft von Eingewiesenen an.

Wie die Gemeinde Emmen schreibt, trat Ende März 2025 das Seniorenteam 30+ des SC Emmen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Grosshof in Kriens gegen eine Mannschaft von Eingewiesenen an.
Was nach einer ungewöhnlichen Paarung klingt, war das Resultat eines Projekts, das zeigen wollte, dass Fussball mehr ist als ein Spiel – und für eineinhalb Stunden den Alltag vergessen lässt.
SC Emmen sofort offen für das Projekt
Den Anstoss zu diesem aussergewöhnlichen Spiel gaben Studentinnen der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. «Als ich mein Praktikum im Grosshof absolvierte, kam uns irgendwann die Idee, dort ein Fussballspiel mit einem externen Team zu organisieren», erzählt Isabelle Danioth.
Gemeinsam mit Mitstudentinnen entwickelte sie daraus ein Projekt, das Sport für Eingewiesene (so werden inhaftierte Personen bezeichnet) und gesellschaftliche Teilhabe miteinander verknüpfen und ihnen zugleich eine erste Brücke zur Aussenwelt für die Zeit nach der Haft eröffnen sollte.
Um die Idee umzusetzen, brauchte es aber mehr als nur Begeisterung. «Wir haben verschiedene Vereine in der Region kontaktiert», schildert Naomi Truttmann. «Beim SC Emmen spürten wir sofort die Offenheit.»
Tatsächlich meldete sich Dubi Glavas, Vorstandsmitglied und Sportchef des SC Emmen, umgehend zurück. «Ich war sofort dabei», erinnert er sich. «Und auch die Spieler der 30+ Senioren zogen von Beginn an mit. Ich habe bis vor zwei Jahren selbst bei ihnen gespielt, das hat vieles vereinfacht.»
Erste Schritte auf unbekanntem Terrain
Aufseiten des SC Emmen war die Bereitschaft gross, dennoch blieben zunächst offene Fragen. «Natürlich wollten wir wissen: Was sind das für Leute? Wie sehen die Sicherheitsvorkehrungen aus?», erzählt Glavas.
Dass die Anstaltsleitung diese Punkte offen klärte, half, rasch Sicherheit zu gewinnen. «So war schnell klar, dass wir das machen können.»
Ein wichtiger Schritt folgte kurz darauf: Glavas leitete im Grosshof ein Training mit der Mannschaft der Eingewiesenen. Für beide Seiten war es eine Premiere – und der erste direkte Kontakt.
«Das war entscheidend, um Abläufe zu klären und Vertrauen aufzubauen», erinnert er sich. «Und für mich war es bereichernd: Diese zwei Tage mit Training und Spiel haben mir persönlich sehr viel gegeben.»
Anpfiff hinter verschlossenen Türen
Am Spieltag selbst durchlief die Emmer Mannschaft die üblichen Sicherheitskontrollen und wurde durch mehrere Schleusen in den geschlossenen Bereich geführt.
«Ein spezieller Moment, als die schwere Türe hinter uns zufiel», beschreibt Glavas. Gespielt wurde ohne Publikum in der Mehrzweckhalle – der Fokus lag ganz auf dem Sport.
Auf dem Feld entwickelte sich eine intensive Partie: Erst dominierte das Team aus Emmen, dann fanden die Eingewiesenen zurück ins Spiel. «Wie sie sich gegenseitig anfeuerten und als Team auftraten, war sehr eindrücklich», erzählt SC-Emmen-Spieler Edis Jusic.
Am Ende gewannen die Gastgeber, was für viele weit mehr war als nur ein sportliches Resultat. «Die Freude war riesig», sagt sein Mitspieler Matthias Beeler. «Man spürte, wie viel es ihnen bedeutete.»
Für eineinhalb Stunden vergessen, wo man ist
Auch Dubi Glavas nahm bleibende Eindrücke mit – insbesondere aus den Begegnungen mit den Eingewiesenen. «Ein Spieler sagte mir, er melde sich, wenn er wieder draussen ist», erinnert er sich. «Ein anderer bedankte sich, dass er für eineinhalb Stunden vergessen konnte, wo er ist. Das hat mir persönlich sehr viel bedeutet.»
Ähnlich empfand es auch Dragan Biorac: «Das Echo von aussen war: Seid ihr wahnsinnig? Wir sind trotzdem hingegangen – und haben es nicht bereut.»
Was bleibt – und was kommt
Noch Wochen nach dem Spiel war die Begegnung Gesprächsthema. «In unseren Sitzungen auf der Feldbreite war es immer wieder Thema, viele wollten wissen, wie es war», sagt Glavas.
Auch im Grosshof war die Wirkung spürbar: «Jedes Goal war im ganzen Haus zu hören, und die gute Stimmung hielt auch nach dem Abend an», erzählt Isabelle Danioth.
Ob es eine Fortsetzung gibt, ist noch unklar, doch die Signale sind positiv. «Wir haben unsere Konzepte eingereicht», hält Naomi Truttmann fest.
«Von der Direktion kam Offenheit, und wir hoffen, wieder einen Termin zu finden.» Auch beim SC Emmen ist die Bereitschaft klar: «Wenn es nochmals zustande kommt – wir sind dabei.»