Rot-Grün dirigiert Berner Streichkonzert - 20 Millionen müssen weg
Knapp drei Monate vor den Wahlen muss der Berner Stadtrat am (heutigen) Donnerstag eine grosse Spardebatte führen. Das Budget 2021 soll um rund 20 Millionen Franken entlastet werden.

Dazu braucht es eine Reihe von schmerzhaften Kürzungen in den fünf Direktionen. Die Sparliste, die der Gemeinderat vorgelegt hat, ist in vielen Punkten umstritten. Mehr als 100 Änderungsanträge liegen dem Parlament vor.
Wenn der Stadtrat eigene Akzente setzen wolle, sei das legitim, sagte Finanzdirektor Michael Aebersold (SP). Der Rat dürfe aber das Sparziel nicht aus den Augen verlieren. Nur dann lasse sich das Defizit auf 37 Millionen Franken begrenzen.
Dass dem Volk im November ein tiefroter Voranschlag vorgelegt wird, ist schon jetzt klar. Rückweisungsanträge von FDP und SVP waren im Rat chancenlos. Beide Parteien forderten ein Budget ohne Defizit, die SVP brachte sogar eine Steuersenkung ins Spiel. Nur so lerne die Stadt, haushälterisch mit dem Geld umzugehen.
Davon wollte der Rat nichts wissen. Die Regierungsparteien vom Rot-Grün-Mitte-Bündnis (RGM) wiesen zudem den Vorwurf zurück, sie hätten das Schlamassel mit einer leichtfertigen Ausgabenpolitik angerichtet. Vielmehr habe RGM beim Machtwechsel 1992 von den Bürgerlichen einen milliardenschweren Schuldenberg übernommen und über die Jahre abgetragen.
Nach der Grundsatzdebatte stieg der Stadtrat am frühen Abend in die Detailberatung. Dabei gaben die RGM-Parteien naturgemäss den Ton an, schliesslich stellen sie die Mehrheit.
Sie zeigten sich wie auch die Grünliberalen gewillt, dem Sparkurs des Gemeinderats grundsätzlich zu folgen. Über einzelne Budgetposten wurde aber hart gefeilscht, beispielsweise bei den Kulturausgaben.
Auf der Zuschauertribüne verfolgten allerlei Interessenvertreter die Debatte - und auch eine Gruppe städtischer Angestellten in roten und gelben Westen.
Sie hatten Grund zur Freude, denn gemäss Stadtratsbeschluss behält das Personal entgegen den Plänen des Gemeinderats die drei zusätzlichen Ferientage, die ihnen seit diesem Jahr gewährt werden.
Mit 42 zu 30 Stimmen beschloss der Stadtrat, dafür 860'000 Franken einzustellen. So könne man dem Personal einen minimalen Ersatz für eine Reallohnerhöhung gewähren.
Die Budgetdebatte wird bis zum späten Abend fortgesetzt. Wie auch immer sie ausgeht: Das ganz grosse Streichkonzert folgt erst nach den Wahlen vom kommenden November.
Denn der Gemeinderat möchte den Haushalt nachhaltig um mehrere Dutzend Millionen entlasten. Sämtliche Ausgaben der Stadt sollen auf den Prüfstand kommen.
Wo er wie viel sparen will, gibt der Gemeinderat Anfang 2021 bekannt. Anschliessend muss sich der Stadtrat an die Arbeit machen.
Die Sparzwänge sind für die Stadt Bern ungewohnt. Jahrelang wies sie hohe Überschüsse aus. Erst 2019 rutschte sie wegen rückläufiger Steuereinnahmen in die roten Zahlen.
Die Coronakrise in diesem Frühling verschärfte die Situation noch. Auch im laufenden Jahr werde es ein beträchtliches Defizit geben, sagte Finanzdirektor Aebersold am Donnerstag. Die bereits eingeleiteten Entlastungsmassnahmen zeigten zwar Wirkung, doch nun seien die Corona-Folgen eine zusätzliche Belastung.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Berner Stadtrat muss eine Spardebatte führen.
- Das Budget 2021 soll um rund 20 Millionen Franken entlastet werden.