Der Gemeinderat und die Primarschulpflege von Wettswil am Albis haben ihre Budgets 2022 verabschiedet. Eine Steuerfusserhöhung ist unumgänglich.
Gemeindehaus Wettswil am Albis.
Gemeindehaus Wettswil. - Nau.ch / Stephanie van de Wiel
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Die nach wie vor unbekannten Auswirkungen der Pandemie erschweren die Prognose zum Finanzhaushalt. Klar ist aber, dass sich der seit dem Jahr 2020 tiefere Gesamtsteuerfuss nicht mit den steigenden Aufwendungen verträgt.

Auch die finanzpolitischen Ziele werden - abgesehen vom attraktiven Steuerfuss im besten Fünftel aller zürcherischen Gemeinden - deutlich verfehlt. Ohne Steuerfusserhöhung reichen die Einnahmen nicht aus, um die laufenden Kosten zu decken.

Das noch vorhandene Nettovermögen verringert sich stetig und die Schulden nehmen gleichzeitig zu. Ein hohes Fremdkapital wirkt sich auf die Nettoverschuldung aus und die Steuerzahler haben in künftigen Jahren für die Amortisation aufzukommen.

Es muss im Gesamthaushalt mit jährlichen Defiziten von mehreren Millionen Franken und einer negativen Selbstfinanzierung gerechnet werden.

Der Steuerfuss muss um acht Prozent erhöht werden

Alles in allem ist es nicht möglich, die Kostenentwicklungen einfach mit Sparen wettzumachen. Wettswil a.A. sieht sich ohne Steuerfusserhöhung von insgesamt acht Prozent, fünf Prozent der politischen Gemeinde und drei Prozent der Primarschulgemeinde, mit einem strukturellen Defizit in der Erfolgsrechnung konfrontiert.

Das gesetzlich vorgeschriebene Haushaltsgleichgewicht, welches den schlechtest tolerierbaren Zustand definiert, kann zwar beim Politischen Gemeindegut noch erreicht werden, dies aber nur, weil momentan noch ein Nettovermögen ausgewiesen wird, welches jedoch nach aktueller Finanzplanung im Jahr 2026 aufgebraucht ist.

Die Primarschulgemeinde würde ohne Steuerfusserhöhung bereits im Jahr 2022 nur knapp ein zulässiges Budget erreichen – und dies auch nur dank massiven Sparmassnahmen.

Die Budgets 2022 werden als sinnvoll betrachtet

Die beiden Behörden haben sich intensiv mit ihren Budgets und den finanzpolitischen Zielen auseinandergesetzt. Sie halten dem Spagat, Notwendiges von Wünschenswertem zu trennen, stand.

Auf weitere einschneidende Sparmassnahmen und einen übermässigen Leistungsabbau soll aber bewusst verzichtet werden. Ohnehin sind die grössten Kostensteigerungen auf gebundene Ausgaben zurückzuführen, auf die sowohl der Gemeinderat wie auch die Schulpflege kaum Einfluss haben.

Die beiden Budgets 2022 in der vorliegenden Fassung werden als sinnvoll, angemessen und ausgewogen erachtet.

Ein übermässiger und spürbarer Abbau bestehender öffentlicher Leistungen, ein Aufschub von werterhaltenden Massnahmen in die Infrastruktur und die Reduktion von Beiträgen in das aktive Dorf- und Vereinsleben sind nicht zukunftsgerichtet.

Die Gemeinde würde massiv an Identität, Attraktivität und Standortqualität verlieren und die schlechte Finanzsituation wäre immer noch nicht behoben.

Die politische Gemeinde rechnet im Budget 2022 mit einem Aufwandüberschuss von rund eine Million Franken

Damit die finanzpolitischen Ziele erreicht und den künftigen Generationen ein gesunder Finanzhaushalt hinterlassen werden kann, beantragt der Gemeinderat den Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung vom 6. Dezember 2021 für die Politische Gemeinde eine Steuerfusserhöhung um fünf Prozentpunkte von heute 23 Prozent auf 28 Prozent.

Aufgrund der rollenden Finanz- und Aufgabenplanung zeigt sich rückblickend in den Jahren 2016 bis 2020 ein durchschnittlich guter Finanzhaushalt mit durchschnittlich hohen Ausgaben.

In den Jahren 2021 bis 2025 verschärft sich die Lage voraussichtlich aufgrund einer negativen Entwicklung der Selbstfinanzierung im Steuerhaushalt.

Zum Ausgleich der Erfolgsrechnung und Erzielung einer durchschnittlich hohen Selbstfinanzierung mit einem Selbstfinanzierungsanteil von 10 Prozent fehlen ohne Steuerfusserhöhung oder einschneidenden Sparmassnahmen und Abbau bestehender öffentlicher Leistungen jährlich rund 2.1 Millionen Franken.

Es zeigt sich aber klar, dass sich der seit dem Rechnungsjahr 2020 um 3 Prozent tiefere Steuerfuss nicht mit den steigenden Ausgaben verträgt. Nur das finanzpolitische Ziel des attraktiven Steuerfusses könnte noch erreicht werden.

Der Aufwandsüberschuss soll durch das Eigenkapital gedeckt werden

Das Budget 2022 geht von einem Aufwandüberschuss von rund 992'000 Franken bei einem einfachen Gemeindesteuerertrag von 25.3 Millionen Franken aus. Die Erfolgsrechnung der Politischen Gemeinde rechnet mit einem Gesamtaufwand von 18'081'469.25 Franken bei einem Ertrag ohne ordentliche Steuern von 10'006'463.10 Franken.

Der resultierende Aufwandüberschuss in der Höhe von 8'075'006.15 Franken soll mit einem ordentlichen Steuertrag von 7'083'000 Franken und einer Entnahme aus dem Eigenkapital gedeckt werden.

In der Investitionsrechnung des Verwaltungsvermögens resultieren Ausgaben von 2'096'400 Franken bei Einnahmen von 160'000 Franken . Die Investitionsrechnung des Finanzvermögens weist Ausgaben von 100'000 Franken aus.

Der Steuertrag von 2022 wurde 2020 angeglichen

Aufwandseitig wird die Erfolgsrechnung weiterhin und insbesondere durch den hohen – durch die Gemeinde nicht direkt beeinflussbaren – Transferaufwand von rund 11 Millionen Franken geprägt, welcher gegenüber dem Budget 2021 nochmals um 1.8 Millionen Franken höher liegt.

Darin enthalten sind beispielsweise Beiträge an die stationäre und ambulante Pflegefinanzierung, Ausgaben für die wirtschaftliche Hilfe, Beiträge an die Kostenunterdeckung des Zürcher Verkehrsverbund, Betriebsbeiträge an den Sozialdienst Unteramt sowie an weitere Zweckverbände. Ebenfalls darin enthalten ist der Ressourcenausgleich mit brutto knapp drei Millionen Franken.

Ertragsseitig besteht weiterhin eine grosse Ungewissheit, wie stark die Pandemie den einfachen Staatssteuerertrag beeinflussen wird.

Aufgrund der aktuellen Kenntnisse und der provisorischen Rechnungsstellung wurde der ordentliche Steuerertrag Rechnungsjahr 2022 dem Rechnungsjahr 2020 vor der Pandemie angeglichen und mit 7.1 Millionen bei einem Steuerfuss von 28 Prozent auf gleich hohem Niveau budgetiert.

Hingegen wird von rückläufigen Einnahmen um 500'000 Franken gegenüber dem Jahr 2021 bei den Grundstückgewinnsteuern gerechnet.

Budget 2022 der Primarschule wird aufgrund höherer Schülerzahlen mit stärkerer Aufwandzunahme belastet

Die unsichere konjunkturelle Entwicklung, die stärkeren Aufwandzunahmen durch höhere Schülerzahlen sowie ungünstige gesetzliche Veränderungen prägten die Erstellung des Budgets 2022 der Primarschule.

Gegenüber dem Budget 2021 weist das Budget 2022 grosse Abweichungen vor allem in den Lohnkosten der Primarschule, externen Sonderschulungen, der Miete eines Provisoriums und der Steigerung im Ressourcenausgleich auf.

Die restlichen Aufwände wurden ähnlich zum Budget 2021 kalkuliert. Im kantonalen Vergleich liegt die Primarschule Wettswil, was die Kosten pro Schüler angeht, im Mittelfeld.

Die geplanten Ausgaben für 2022 wurden gekürzt

Die oben erwähnten Mehrausgaben können nicht beeinflusst werden. Um Gegensteuer zu geben, hat die Primarschulpflege einige ursprünglich für 2022 vorgesehene Ausgaben gekürzt oder gar gänzlich auf ein späteres Jahr verschoben. Von den Sparmassnahmen wurde der Unterricht ausgenommen, ebenso wie sicherheitsrelevante Ausgaben im Bereich Liegenschaften.

Unter die eingesparten Posten, die nun 2022 nicht realisiert werden können, fallen die erleichterte Türöffnung durch Automatisierung der Haupttür zu Mehrzwecksaal und Bibliothek, die Neuasphaltierung des maroden Vorplatzes vor der Turnhalle Mettlen, ein zusätzlicher Velounterstand, die geplante ganzheitliche Energie-Analyse der Schulhäuser, die Reduktion des Ersatzes von defekten Schülerstühlen sowie zahlreiche kleinere Einsparungen in verschiedenen Bereichen.

Die steigenden Schülerzahlen verursachen eine Aufwändszunahem

Ohne diese Einsparungen und ohne eine Veränderung des Steuerfusses würde das Budget 2022 die gesetzlichen Bestimmungen an ein zulässiges Budget nur knapp erfüllen. Eine weitere langfristige Senkung der Aufwände ist nicht realistisch und die im Jahr 2022 eingesparten Vorhaben sollen in einem späteren Jahr realisiert werden können.

Seit der letzten Steuerfusserhöhung im Jahr 2017 sind zudem die Schülerzahlen um 14 Prozent gestiegen und verursachen entsprechende Aufwandzunahmen. Die Primarschulpflege Wettswil a.A. beantragt daher an der Gemeindeversammlung vom 6. Dezember 2021 eine Steuerfusserhöhung von 3 Prozent von jetzt 46 Prozent auf 49 Prozent.

Das Budget 2022 weist einen Aufwandüberschuss von 581'324.65 Franken in der Erfolgsrechnung auf. Damit hat sich das zu erwartende Ergebnis dank der eingerechneten Steuerfusserhöhung gegenüber dem Budget 2021 um 373'770.35 Franken verbessert.

Die Stellenprozente der Schulverwaltung müssen im Jahr 2022 erhöht werden

Der grösste Aufwandposten sind an der Primarschule die Lohnkosten, die wie oben erwähnt auch 2022 wieder steigen werden. Grund hierfür ist, dass im August 2021 zwei neue Klassen eröffnet werden mussten, die im Jahr 2022 dann ganzjährlich die Rechnung belasten werden.

Dazu kommen Lohnkosten für schulische Heilpädagogen, aber auch für Logopädie und andere Therapien, bewirkt durch einen Anstieg von Schülerinnen und Schülern, die integrativ gefördert werden.

Die wachsende Schülerzahl führt auch schon seit längerem zu einer Überlastung der Schulverwaltung, deren Stellenprozente im Jahr 2022 erhöht werden, und zu höheren Aufwänden, aber auch Erträgen in den Tagesstrukturen.

In der Investitionsrechnung sind für das Jahr 2022 die Sanierung der Kanalisation und die Umsetzung der notwendigen Brandschutzmassnahmen im Schulhaus Mettlen sowie Ersatz- und Neuanschaffungen für die Informatik-Infrastruktur geplant. Alle drei Investitionen zusammen umfassen ein Volumen von 458’800 Franken.

Wettswil a.A. erreicht sämtliche finanzpolitischen Ziele

Bei der Umsetzung der Brandschutzmassnahmen handelt es sich aufgrund von Auflagen der Feuerpolizei und der Denkmalpflege um gebundene Ausgaben, weshalb sie keiner Genehmigung durch die Gemeindeversammlung bedürfen, auch wenn sie die Grenze von 200'000 Franken überschreiten.

Mit einer Steuerfusserhöhung und den weiterhin aufrechterhaltenen Spar- und Optimierungsbestrebungen zeigen sich mittelfristig ausgeglichene Ergebnisse und es kann mit einer positiven Selbstfinanzierung gerechnet werden.

Sämtliche finanzpolitischen Ziele werden erreicht und die Gemeinde Wettswil a.A. dürfte mit ihrem Steuerfuss auch weiterhin im besten Fünftel der zürcherischen Gemeinden liegen.

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