Der Fachkräftemangel stellt ein grosses Problem dar. Yannick Berner sieht Lösungen in der Aufwertung der Berufslehre und Flexibilität des Rentenalters.
Yannick Berner, FDP Aarau
Yannick Berner ist FDP-Grossrat im Kanton Aargau. - z.V..g.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Schweizer Wirtschaft fehlen kompetente Fachkräfte, besonders in der Tech-Industrie.
  • Yannick Berner geht in diesem Gastbeitrag auf potenzielle Lösungen des Problems ein.
  • Der FDP-Grossrat im Aargau sieht Handlungsoptionen bei den Unternehmen und der Politik.
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Welches Unternehmen kennt es nicht: den Fachkräftemangel. Er bereitet vielen Firmen seit Jahren grosse Sorgen. Die Arbeitslosenquote in der Schweiz ist auf einem historischen Tiefstand. Das ist gut für die Arbeitnehmer, denn sie haben die Qual der Wahl. Im Prinzip ist der akute Mangel auch ein gutes Zeichen für die Schweizer Wirtschaft: Die Firmen haben Arbeit und somit brauchen sie Personal.

Es wäre also alles in Butter, würde diese Entwicklung nicht mit der Pensionierung der Babyboomer Generation und der erhöhten Nachfrage nach Teilzeitarbeit kollidieren. So fehlen unter dem Strich die Arbeitskräfte und das ist erst die Spitze des Eisberges.

Besonders vom Fachkräftemangel betroffen ist die Industrie: Für 50 Prozent der Tech-Industrie stellt der Fachkräftemangel die grösste Herausforderung dar. Nebst dem Swissmechanic-Wirtschaftsbarometer bekräftigt auch eine nationale Studie den Handlungsbedarf: Der Fachkräftemangel in den technischen Berufen ist in der Tech-Industrie am höchsten.

Schweizer Technologie Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel nimmt auch in der Schweizer Technologie seit einigen Jahren rasant zu. - Pexels

Was mich als Aargauer aufhorchen lässt, ist, dass es neben der Inner- und Ostschweiz im Kanton Aargau am längsten dauert, bis eine Stelle wieder besetzt werden kann.

Die Umfrageresultate decken sich mit meinen persönlichen Erfahrungen. Im Austausch mit Unternehmerinnen und Unternehmern in der Branche höre ich immer dasselbe: «Wir haben viel Arbeit, die Auftragsbücher sind voll. Wir müssen aber Aufträge ablehnen, weil wir einfach keine Fachleute mehr finden.» Das schmerzt.

Denn nach der Corona-Pandemie, die für die Industrie sehr einschneidend war, gibt es wieder viel Arbeit. Doch die Arbeitskräfte fehlen. Auch wenn es sich in dieser Erzählung eher nach einem «Luxusproblem» anhört, so hat der Fachkräftemangel grosse Auswirkung auf wichtige Zukunftsprojekte der Schweiz. Denn die Industrie braucht spezialisiertes Personal für Herausforderungen wie die Energiewende und Digitalisierung. Die Schweiz ist Innovationsweltmeisterin. Aber wie lange noch, wenn die Leute fehlen, die die Innovationen entwickeln?

Das Problem ist bekannt. Die Situation kritisch. Was können wir also tun? Ich sehe hier diverse Handlungsoptionen seitens der Unternehmen und der Branche sowie der Politik.

Wir müssen das Image der Industrie und der Berufslehre verbessern

Die nachhaltigste Lösung für die Industrieunternehmen ist die Ausbildung der Fachleute. Dafür braucht es das Bekenntnis der Betriebe, Lernende auszubilden und Lehrstellen anzubieten. Damit die Lehrstellen auch zahlreich besetzt werden können, braucht das Schweizer Erfolgsmodell Berufslehre eine Imageauffrischung.

Haben Sie eine Lehre abgeschlossen?

Die Argumente liegen auf der Hand: Ausgebildete Berufsfachleute, die eine Lehre abgeschlossen haben, sind gesucht wie nie. Und mit dem dualen Bildungssystem steht einer späteren Weiterbildung nichts im Weg.

Ich bin immer wieder überrascht, dass vermehrt für die Eltern der einzige «gute» Weg für ihre Kinder der akademische über das Gymnasium ist. Diese Entwicklung müssen wir stoppen.

Die Politik muss die richtigen Anreize setzen

Die Betriebe wollen die Fachkräfte länger im Betrieb behalten – über die Pension hinaus. Darum ist es die Aufgabe der Politik Anreize zu schaffen, damit es sich für Arbeitnehmende und Arbeitgeber lohnt, auch nach der Pensionierung berufstätig zu bleiben beziehungsweise Pensionierte im Betrieb zu halten. Ich spreche hier vor allem die Höhe der Sozialbeiträge und Flexibilisierung des Rentenalters an.

Wir sehen: Im Kampf gegen den Fachkräftemangel sind alle gefordert. Und wir müssen jetzt handeln. Nur so kann die Schweiz Innovationsweltmeisterin bleiben und die Tech-Industrie ihren grossen Anteil am Wohlstand weiterhin beitragen.

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