Der Grosse Rat Aargau wird am 29. August über die berufliche Vorsorge beraten. Das Leistungsniveau soll durch verschiedene Massnahmen aufgefangen werden.
kaufmann mitte aargau ag
Der Aargauer Kantonsrat Alfonso Paul Kaufmann. - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die steigende Lebenserwartung sowie unruhige Kapitalmärkte belasten die Pensionskassen.
  • Die Aargauer Regierung nahm eine umfassende Auslegeordnung der beruflichen Vorsorge vor.
  • Ziel ist es, eine weitere Senkung der Rentenhöhe zu verhindern.

Sowohl die längere Lebenserwartung als auch die instabilen Kapitalmärkte haben negative Auswirkungen auf die Pensionskassen – auch auf die Aargauische Pensionskasse (APK) der Aargauer Staatsangestellten. Während bis zum Jahr 2018 eine Person in Rente rund 65 Prozent des früheren Lohnes erhielt (Pensionskasse und AHV), droht für das Jahr 2024 eine Senkung auf 55 Prozent.

Damit werde das aus der Bundesverfassung abgeleitete Vorsorgeziel von 60 Prozent aus der ersten Säule (AHV) und der zweiten Säule (Pensionskasse) im Durchschnitt nicht mehr erreicht, hält der Regierungsrat fest. Deshalb schlägt er ein Massnahmen-Paket vor. Ziel ist, weitere Senkung der Rentenhöhe zu verhindern, und dass die 60 Prozent erhalten bleiben.

Am 29. August 2023 wird der Grosse Rat auch über das Pensionskassendekret beraten. Nau.ch hat sich mit Alfons Paul Kaufmann von der Mitte Aargau über die Ziele des Regierungsrats unterhalten. Nau.ch hat bereits mit den Grünen, den Grünliberalen, der SVP und der EVP über das Thema gesprochen.

Nau.ch: Das planmässige Leistungsniveau der Aargauischen Pensionskasse fällt ab dem Jahr 2024 auf nur noch 55 %. Bis zum Jahr 2018 betrug dieses noch 65 %. Kommt das Massnahmen-Paket der «Sicherung beruflicher Vorsorge» des Regierungsrats zu spät?

Alfonso Paul Kaufmann: Unseres Erachtens Nein. Das oberste Organ der APK ist für die Festlegung der Ziele und Grundsätze sowie Überwachung des Anlageprozesses der Vermögensanlagen verantwortlich. Im Fall der APK wird ihr Selbstständigkeitsbereich durch das Dekret über die Aargauische Pensionskasse (Pensionskassendekret) vom 5. Dezember 2006 (SAR 163.120) eingegrenzt. Mit diesem Dekret nimmt der Grosse Rat seine Steuerungsfunktion über die APK war.

Die APK wird aufgrund ihrer Rechtsform (öffentlich-rechtliche Anstalt) im Beteiligungsportfolio des Kantons geführt. Der Kanton ist aber an der APK nicht finanziell beteiligt, zum Beispiel in Form von Aktien oder Dotationskapital. Die AKP ist deshalb beim Kanton auch nicht bilanziert. Das Vermögen der APK gehört ausschliesslich den Versicherten und Rentenbeziehenden.

Zudem regelt der Bund die berufliche Vorsorge weitgehend und weist dem Vorstand der AKP umfassende Kompetenzen zu, beziehungsweise definiert den Handlungsrahmen der öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtung. Der Kanton ist nicht Eigentümer.

Aufgrund dieser speziellen Konstellation stehen im Fall der APK im Vergleich zu seinen Beteiligungen die typischen Führungsinstrumente des Kantons nur beschränkt zur Verfügung.

Nau.ch: Mit der Änderung des Pensionskassendekrets soll ein Leistungsziel von 60 Prozent des versicherten Lohns erreicht werden. Ist ein Leistungsziel von 65 Prozent nun ausgeschlossen?

Alfonso Paul Kaufmann: Mit der heutigen Situation im Bereich der Anlagemöglichkeiten und deren Rendite, sind wir klar der Meinung, dass wir zufrieden sein müssen, wenn wir die 60 Prozent erreichen.

Als Pensionskasse mit einer 115-jährigen Geschichte trägt die APK auch die Verantwortung für über 14'000 Rentenbeziehende im Kanton Aargau. Aufgrund des auch im Vergleich zu jüngeren Kassen hohen Anteils an Rentenbeziehenden und der vergleichsweise tiefen Kapitalisierung muss die APK eine etwas defensivere Anlagestrategie verfolgen als eine Pensionskasse mit wenigen oder minimalen Rentenverpflichtungen.

Nau.ch Eine der Massnahmen ist auch die Reduktion des Koordinationsabzugs. Wie wirkt sich diese Anpassung auf die Löhne der Arbeitnehmenden aus?

Alfonso Paul Kaufmann: Mit der Reduktion des Koordinationsabzuges fallen Kosten für diese Anpassung für den Kanton 9,2 Millionen Franken, für die Gemeinden 2,5 Millionen Franken und für die Arbeitnehmenden (inkl. Lehrpersonen) 7,8 Millionen Franken, jährlich an. Diese Kosten werden dem Nettolohn abgezogen, was eine Reduzierung bedeutet.

Nau.ch: Kann der Kanton mit Reduzierung des Nettolohns ein konkurrenzfähiger Arbeitgeber bleiben?

Alfonso Paul Kaufmann: Wir sind überzeugt, dass unser Kanton nach wie vor ein attraktiver Arbeitgeber sein wird, denn auch andere Arbeitgeber haben mit diesen Herausforderungen zu kämpfen.

Nau.ch: Um das planmässige Leistungsniveau von 60 Prozent zu erreichen, soll eine Einmaleinlage für Versicherte im Alter 50+ geleistet werden. Weshalb ist die Massnahme bei dieser Altersgrenze wichtig?

Alfonso Paul Kaufmann: Hier tut sich die Mitte schwer, insbesondere wenn nicht sichergestellt wird, dass diese Versicherten bis zur Erreichung der Pension beim Kanton verbleiben. Zudem muss hier auch noch der Gemeindeanteil berücksichtigt werden, welcher viele Gemeinden vor weitere Herausforderungen stellt.

Sicher wird hier eine intensive Debatte geführt werden. Die Mitte ist sich bewusst, dass wenn man hier auch das Ziel von 60 Prozent erreichen möchte, eine Investition von rund 73 Millionen Franken erforderlich wäre; hier beschränkt sich der Regierungsrat auf eine zurückhaltende Anpassung mit 18,5 Millionen Franken.

Das Leistungsziel von 60 Prozent kann damit zwar nicht erreicht werden, aber zumindest erfolgt eine kleine Annäherung. Vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung ist sicher auch in die Waagschale zu werfen, dass diese Massnahme zumindest notwendig wäre. Der Umfang wird aber wohl noch zu diskutieren geben.

Die vorgeschlagene Einmaleinlage von 1,25 Prozent schafft keinen vollständigen Ausgleich für die über 50-jährigen. Sie federt die Senkung des Umwandlungssatzes aber zumindest leicht ab.

Zur Person

Alfonso Paul Kaufmann ist Aargauer Kantonsrat für die Mitte, Malermeister und Unternehmer. Zu seinen Hobbys zählt er Wandern, Velofahren und die Politik.

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