Der Grosse Rat Aargau wird am 29. August über die berufliche Vorsorge beraten. Das Leistungsniveau soll durch verschiedene Massnahmen aufgefangen werden.
Bruno Rudolf
Bruno Rudolf, Grossrat Kanton Aargau (SVP). - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die steigende Lebenserwartung sowie unruhige Kapitalmärkte belasten die Pensionskassen.
  • Die Aargauer Regierung nahm eine umfassende Auslegeordnung der beruflichen Vorsorge vor.
  • Ziel ist, weitere Senkung der Rentenhöhe zu verhindern.

Sowohl die längere Lebenserwartung als auch die instabilen Kapitalmärkte haben negative Auswirkungen auf die Pensionskassen – auch auf die Aargauische Pensionskasse (APK) der Aargauer Staatsangestellten. Während bis zum Jahr 2018 eine Person in Rente rund 65 Prozent des früheren Lohnes erhielt (Pensionskasse und AHV), droht für das Jahr 2024 eine Senkung auf 55 Prozent.

Damit werde das aus der Bundesverfassung abgeleitete Vorsorgeziel von 60 Prozent aus der ersten Säule (AHV) und der zweiten Säule (Pensionskasse) im Durchschnitt nicht mehr erreicht, hält der Regierungsrat fest. Deshalb schlägt er ein Massnahmen-Paket vor. Ziel ist, weitere Senkung der Rentenhöhe zu verhindern, und dass die 60 Prozent erhalten bleiben.

SVP: «Angestellte mit tiefen Löhnen werden besser versichert»

Am 29. August wird der Grosse Rat unter anderem auch über das Pensionskassendekret beraten. Nau.ch hat sich mit Bruno Rudolf von der SVP Aargau über die Ziele des Regierungsrats unterhalten.

Nau.ch: Das planmässige Leistungsniveau der Aargauischen Pensionskasse fällt ab dem Jahr 2024 auf nur noch 55 %. Bis zum Jahr 2018 betrug dieses noch 65 %. Kommt das Massnahmen-Paket der «Sicherung beruflicher Vorsorge» des Regierungsrats zu spät?

Bruno Rudolf: Nein, das Massnahmen-Paket des Regierungsrates kommt nicht zu spät. Der Regierungsrat arbeitete diese Vorlage aus zur Abfederung der Senkung des Umwandlungssatzes, welche der Vorstand der Aargauischen Pensionskasse (APK) beschloss.

Im Herbst 2020 beschloss der Vorstand den Umwandlungssatz ab 2022 stufenweise von 5,3 % auf 5,0 % per Ende 2023 zu senken. Diese Anpassung liegt in der Kompetenz des Vorstandes, nicht in derjenigen des Regierungsrates. Die Vorlage sieht die Umsetzung per 1. Januar 2024 vor.

Nau.ch: Mit der Änderung des Pensionskassendekrets soll ein Leistungsziel von 60 % des versicherten Lohns erreicht werden. Ist ein Leistungsziel von 65 % nun ausgeschlossen?

Bruno Rudolf: Der Regierungsrat sieht das Leistungsniveau 60 % als Zielvorgabe vor. Wie der Regierungsrat in der Botschaft schreibt, leitet sich dieses Ziel aus der Bundesverfassung ab und wurde bei der BVG-Einführung in der entsprechenden Botschaft so formuliert. Der Bund (Bundesamt für Sozialversicherung) legt dies ebenfalls so aus, ebenso der Schweizer Pensionskassenverband ASIP.

Da diese Auslegung der allgemein anerkannten Praxis entspricht, orientiert sich der Regierungsrat daran. Da die geplanten Massnahmen, wie zum Beispiel Einmaleinlagen oder Erhöhung Sparbeiträge, sehr individuell ausfallen können, kann das Leistungsniveau bei einzelnen Versicherten auch über 60 % ausfallen.

Nau.ch: Eine der Massnahmen ist auch die Reduktion des Koordinationsabzugs. Wie wirkt sich diese Anpassung auf die Löhne der Arbeitnehmenden aus?

Bruno Rudolf: Der fixe Koordinationsabzug wird abgeschafft. Neu beträgt der Abzug 20 % des AHV-Lohns. Mit der Anpassung des Koordinationsabzugs werden zusätzlich Teilzeitmitarbeitende und Angestellte mit tiefen Löhnen besser versichert.

Die Kosten für diese Anpassung betragen für den Kanton und die Gemeinden als Arbeitgeber 9,2 Millionen Franken und 2,5 Millionen Franken jährlich. Für die Arbeitnehmenden (inklusive Lehrpersonen) bedeutet diese Anpassung jährliche Mehrkosten von insgesamt 7,8 Millionen Franken, welche ihrem Nettolohn abgezogen werden.

Nau.ch: Kann der Kanton mit Reduzierung des Nettolohns ein konkurrenzfähiger Arbeitgeber bleiben?

Bruno Rudolf: Ganz sicher. Die Kantonsangestellten profitieren immer noch von den nicht paritätischen Lohnabzügen bei der Altersvorsorge, zahlt der Kanton weiterhin 60 % der Beiträge in die zweite Säule, und die Arbeitnehmer 40 %. In der Privatwirtschaft ist es nicht selten, dass die Beiträge paritätisch einbezahlt werden.

Ebenfalls wurden die Löhne des kantonalen Personals und der Lehrpersonen in den vergangenen Jahren sehr gut gepflegt, zudem sollen die Löhne im 2024 voraussichtlich um 2,3 Prozent steigen. Auch darf nicht unterschätzt werden, dass es sich meistens um einen sehr sicheren Arbeitsplatz handelt.

Nau.ch: Um das planmässige Leistungsniveau von 60 % zu erreichen, soll eine Einmaleinlage für Versicherte im Alter 50+ geleistet werden. Weshalb ist die Massnahme bei dieser Altersgrenze wichtig?

Bruno Rudolf: Während jüngere Mitarbeitende aufgrund des Zeitfaktors ihr Rentenniveau durch höhere Sparbeiträge erhöhen können, ist dies bei älteren Mitarbeitenden je nach Alter nur beschränkt bis gar nicht möglich. Diese Angestellten sind durch die Senkung des Umwandlungssatzes daher stärker betroffen. Daher soll für diese Personengruppe eine Einmaleinlage auf ihre Altersguthaben geleistet werden.

Damit wird ein Ausgleich geschaffen zwischen Massnahmen für jüngere und ältere Mitarbeitende. Ob die Wahl mit Alter ab 50 Jahren sinnvoll gewählt wurde, lässt Diskussionen zu. Wurde doch in der Botschaft zur 1. Beratung von Personen über 50 Jahren gesprochen, welche kurz vor der Pensionierung stehen. In der jetzigen Botschaft wird als Grund unter anderem erwähnt, dass der Kanton sich dank diesen Massnahmen seine Attraktivität mit vergleichbaren Arbeitgebenden sichert.

Zur Person

Bruno Rudolf (SVP) ist verheiratet, 56 Jahre alt und hat einen erwachsenen Sohn. Er ist seit 2002 Reinacher Gemeinderat und seit 2013 Aargauer Grossrat. Seine Hobbys sind Schiessen und alte Motorfahrzeuge.

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