Die Polizei im Kanton Aargau darf in der Corona-Krise in Echtzeit auf Überwachungskameras zugreifen. Diese Aargauer Vollmacht sorgt für grosse Kritik.
Aargauer Vollmacht
Während der Corona-Krise setzen viele Länder mit grossem Erfolg auf digitale Überwachungstechnologien. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Aargau darf die Polizei in Echtzeit auf Überwachungskameras zugreifen.
  • Ziel ist es, das Corona-Versammlungsverbot besser kontrollieren zu können.
  • Diese Aargauer Vollmacht für die Polizei wird kritisiert.

Politiker kritisieren die Aargauer Vollmacht zur Überwachung von öffentlichen Plätzen in der Coronakrise.

GLP-Grossrat Gian von Planta sagt beispielsweise gegenüber der «Aargauer Zeitung» zur Aargauer Vollmacht. «Dass anonymisierte Handydaten ausgewertet werden sollen, damit kann ich leben. Wenn nun aber neue Kameras aufgestellt und Leute beobachtet werden können per Liveüberwachung, geht das definitiv zu weit.»

Die Aargauer Polizei kann auf öffentlichen Plätzen auf bestehende Videokameras in Echtzeit zugreifen. Dies zur Kontrolle des vom Bundesrat angeordneten Verbots von Menschenansammlungen. Der Regierungsrat hat eine entsprechende Sonderverordnung per sofort in Kraft gesetzt.

Aargauer Vollmacht erlaubt Echtzeitüberwachung

Konkret kann die Polizei zur Durchsetzung und Kontrolle der Verbote folgendes tun: Sie darf bestehende, von der Beauftragten für Öffentlichkeit und Datenschutz bewilligte optisch-elektronische Überwachungsanlagen öffentlich zugänglicher Räume zur Echtzeitüberwachung einsetzen. So heisst es in der Sonderverordnung des Regierungsrats.

Gemäss Verordnung des Bundesrats sind unter anderem Menschenansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum verboten. Namentlich auf öffentlichen Plätzen, auf Spazierwegen und in Parkanlagen. Bei Ansammlungen von bis zu fünf Personen sind zwischen den einzelnen Personen ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten.

Die Polizeikräfte des Kantons Aargau sind für die Durchsetzung und Kontrolle der Verbote verantwortlich. Als möglicher «Deliktsort» komme der gesamte öffentliche Raum des Kantons infrage, heisst es in den Erläuterungen zur Sonderverordnung.

Angemessene Kontrolle ansonsten nicht umsetzbar

Mit den beschränkt zur Verfügung stehenden polizeilichen Kräften sei eine angemessene Kontrolle nicht umzusetzen. Der Polizei solle daher die Möglichkeit einer «virtuellen Patrouille» ermöglicht werden.

Die Polizei kann zudem ohne Bewilligung der Beauftragten für Öffentlichkeit und Datenschutz neue, zusätzliche optisch-elektronische Überwachungsanlagen zur Echtzeitüberwachung einsetzen. Diese Anlagen sind nach Aufhebung der Massnahmen des Bundesrat zu entfernen.

Im Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen (IDAG) von 2006 besteht bereits eine Rechtsgrundlage. Diese lässt die präventive Überwachung des öffentlichen Raums unter gewissen Voraussetzungen zu. So werden bereits heute gewisse öffentlich zugängliche Räume polizeilich überwacht.

Keine verdeckte Überwachung

Dazu ist jedoch eine Bewilligung der Beauftragten für Öffentlichkeit und Datenschutz notwendig. Diese Bewilligung wird für bestimmte Zwecke erteilt. Diese umfassen jedoch nicht die Einhaltung der Versammlungsverbote. Der Einsatz für andere als die bewilligten Zwecke erfordert daher eine Rechtsgrundlage in der Sonderverordnung.

Wie bei bestehenden bewilligten Videoüberwachungsanlagen handle es sich nicht um eine verdeckte Überwachung. Es gehe um eine offene Überwachung, die präventive Zwecke erfülle und der Polizei rasche und zielgerichtete Einsätze erlaube. Das hält der Regierungsrat zum Thema Aargauer Vollmacht fest.

Die Sonderverordnung ist seit Donnerstag in Kraft und gilt für maximal sechs Monate. Der Regierungsrat hebt sie nach eigenen Angaben ganz oder teilweise wieder auf, sobald die Massnahmen nicht mehr nötig sind. Die Sonderverordnung schafft unter anderem auch Klarheit für die Gemeinden, die Sozialämter und für die Steuerzahlenden.

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