Nach dem Bilanzskandal beim Zahlungsdienstleister Wirecard ebben die Rufe nach besserer Kontrolle nicht ab: Während das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) intensivere Prüfungen von Unternehmen anmahnte, bekräftigte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Freitag, den Fall mit «grosser Intensität» aufklären und dafür auch Gesetze anpassen zu wollen.
Wirecard-Sitz im bayerischen Aschheim
Wirecard-Sitz im bayerischen Aschheim - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Scholz kündigt Gesetzesanpassungen an.

Der Vorstandsvorsitzende des IDW, Klaus-Peter Naumann, verwies gegenüber dem «Focus» darauf, dass sich für eine intensivere Prüfung von Unternehmen verstärkt auch forensische Methoden einsetzen liessen. Zudem könnten mithilfe von modernen IT-Systemen Auffälligkeiten geprüft werden, sagte er dem Magazin. Darüber werde in den Fachgremien derzeit diskutiert. Eine Möglichkeit sei auch verstärkte Einsicht in den E-Mail-Verkehr.

Naumann appellierte auch an die Deutsche Börse, strenge Massstäbe anzulegen. Nur mit guter Corporate-Governance, also Vorgaben für gute Unternehmensführung, sei «ein Unternehmen reif für den organisierten Kapitalmarkt, insbesondere für den Dax 30, unser Prime-Segment an der Börse». Es könne doch nicht sein, «dass die Aufnahme in den Dax nur auf Grundlage der Marktkapitalisierung sowie der Börsenumsätze und nicht auch von der Kapitalmarktreife abhängig gemacht wird - da brauchen wir verbindliche Regeln».

Bundesfinanzminister Scholz sagte bei einer Pressekonferenz der EU-Finanzminister am Freitag, dass es nun darum gehe, «dass man mit grosser Intensität aufklärt». Dies werde auch dazu führen, dass eine ganze Reihe von nationalen Gesetzen angepasst werde.

Er sei fest davon überzeugt, «dass es notwendig sein muss, dass die Aufsichtsbehörden hierzulande sofort und jederzeit, wenn sie das Bedürfnis dazu haben, mit forensischen Untersuchungen beginnen können», sagte Scholz. Bislang sei hierbei ein sehr langwieriges Verfahren vorgeschaltet.

Darüber hinaus gehe es auch um die enge Zusammenarbeit mit Europa, sagte der Finanzminister. «Wir stellen uns nämlich vor, dass aus der gemeinsamen Betrachtung der Angelegenheit schon folgen wird, dass es zusätzliche Kompetenzen auch für europäische Behörden geben muss». Auch die Gesetzgebung in Europa müsse so weiterentwickelt werden, «dass nicht nur unmittelbar als Finanzunternehmen tätige Unternehmen entsprechend beaufsichtigt werden können, sondern auch solche technischen Finanzdienstleister, die heute weitgehend unbemerkt von der sonstigen Finanzaufsicht agieren können.»

Nötig sei eine «starke und leistungsfähige Aufsichtsstruktur», forderte Scholz. «Wir sollten immer den Ehrgeiz haben, dass Europa die schärfsten Instrumente hat im weltweiten Vergleich.»

Wirecard hatte eingestanden, dass in der Jahresbilanz 1,9 Milliarden Euro fehlen und das Geld vermutlich gar nicht existiert. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt in dem Fall.

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