Ukraine-Krieg stellt Uhrenmarken beim Diamant-Einkauf vor Probleme

Keystone-SDA
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Zürich,

Russland ist nicht nur ein wichtiger Lieferant von Erdöl und Gas, auch beim Abbau von Diamanten nimmt das im Zuge des Ukraine-Kriegs mit scharfen Sanktionen belegte Land eine wichtige Rolle ein. Das zwingt die Schweizer Uhren- und Schmuckhersteller sowie Juweliere zum Umdenken. Die Einkäufer müssen nach Alternativen suchen, um Lieferprobleme und Imagerisiken zu verhindern.

Richemont
Uhren einer Schweizer Luxusuhrenmarke. - Keystone

«Nur schon aus ethischer Sicht ist es nicht mehr vernünftig, Diamanten aus Russland zu beziehen», sagte Oliver Müller, Chef der auf den Luxusgütersektor spezialisierten Beratungsfirma LuxusConsult im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

Er erinnerte daran, dass die Branche aus Imageüberlegungen den Rohstoffeinkauf auch aus anderen Konfliktländern gestoppt hat. So etwa den Kauf von Rubinen aus Myanmar. Das Land war wegen der Verfolgung der Rohingya-Minderheit in Verruf geraten.

Kommt hinzu, dass auch der Handel mit russischen Diamanten sanktioniert wurde. Am 11. März haben die USA und die EU sowie G7-Staaten wie Kanada und Japan im Rahmen verschärfter Sanktionen gegen Russland auch das Diamanten-Geschäft in die Mangel genommen. Damit will die internationale Gemeinschaft den Druck auf das Land und den russischen Präsidenten Wladimir Putin erhöhen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.

Die schärferen Sanktionen sind für den Diamantenmarkt einschneidend, schliesslich ist Russland der weltweit grösste Produzent der teuren Steine. Das grösste Diamantbergwerk der Welt liegt im sibirischen Mirny und wird von der Schürfgesellschaft Alrosa betrieben, die in Staatsbesitz ist. Wegen des Kriegs trat Alrosa Anfang März unter anderem freiwillig aus dem Führungsgremium des Responsible Jewellery Council (RJC) zurück.

Das RJC steht für «verantwortungsvolle ethische, menschenrechtliche, soziale und ökologische Praktiken» in den Lieferketten von Uhren- und Schmuckherstellern. RJC-Zertifizierungen sind ein wichtiges Instrument um aufzuzeigen, dass wichtige Rohstoffe wie Gold, Platin oder Diamanten aus «sauberen» Minen stammen und die Lieferketten transparent aufgestellt sind. Mit dem Krieg in der Ukraine war Alrosa für das RJC nicht mehr tragbar.

«Im Moment herrscht in der ganzen Branche Panik, da niemand mehr bei Alrosa einkaufen will», sagt eine Einkäuferin einer grossen Uhrenmarke aus der Schweiz, die nicht genannt werden will. Auf Alrosa entfallen etwa 30 Prozent der weltweit geförderten Diamanten. Und der russische Konzern liefere vor allem auch kleine runde Diamanten, die gerne zum Besetzen teurer Uhren verwendet werden.

«Noch haben wir genügend Diamanten an Lager und die Produktion ist bis im Juni gesichert», sagte die Einkäuferin weiter. «Für die Zeit danach prüfen wir Alternativen.» Dabei gehe es nicht nur um den Wechsel von Lieferanten, sondern auch darum, für einzelne Uhren allenfalls weniger Diamanten zu verwenden.

Die zu erwartenden Engpässe im Diamantenmarkt dürften die Preise der Edelsteine in die Höhe treiben. «Kurzfristig werden die Preise steigen, was die Lage in der Rohstoffbeschaffung für die Uhrenhersteller zusätzlich erschwert», sagte Jean-Daniel Pasche, Präsident des Schweizerischen Uhrenverbands (FH). Bereits im letzten Jahr mussten sie etwa für Gold oder Energie mehr bezahlen. Deshalb hätten einige Marken die Preise für ihre Produkte erhöht, so Pasche.

Immerhin ist die Preissetzungsmacht der bekanntesten Uhrenmarken dank der starken Nachfrage nach exklusiven Zeitmessern gross. «Wenn die Nachfrage nach Rolex-Uhren bei zwei Millionen Stück pro Jahr liegt und die Produktionskapazitäten auf eine Million begrenzt sind, dann gibt es beim Festsetzen der Preise einiges an Flexibilität», erklärte Oliver Müller.

Zudem sei der Preisanstieg bei den Rohstoffen für die Uhrenhersteller auch deshalb zu relativieren, weil diese Kosten nur einen geringen Anteil an den gesamten Produktionskosten ausmachten. «Aus diesem Grund scheint das Risiko, mit dem Einkauf russischer Diamanten das Image zu beschädigen, grösser zu sein als das Problem der steigenden Diamantenpreise», ist Müller überzeugt.

Der Engpass im Diamantengeschäft könnte derweil die Verwendung von synthetisch hergestellten Diamanten in der Uhrenbranche anstossen. Solche Edelsteine spielen in der Branche noch kaum eine Rolle. «Von unseren Verbandsmitgliedern verwendet meines Wissens noch kein Unternehmen solche Steine», stellte FH-Präsident Pasche fest.

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