Proviande hat eine neue Werbekampagne lanciert. Und setzt voll auf Tierwohl. Beim Tierschutz rümpft man die Nase.
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Der Schweizer Tierschutz hält die neue Proviande-Kampagne für «relativ realistisch». - Screenshot Youtube
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Fleisch-Branchenverband hat eine neue Werbekampagne lanciert.
  • Der Schweizer Tierschutz hält die in den Spots gezeigten Betriebe für relativ realistisch.
  • Doch die Tierschützer kritisieren, dass nur einzelne Vorzeigebetriebe gezeigt werden.

Grünes Gras, Sonnenaufgang und stolze Kühe. Bei den neuen Werbespots setzt Proviande voll auf Land-Romantik. Bauern aus allen Teilen der Schweiz erklären in kurzen Filmchen, wie sie ihre Tiere halten. Und wie wichtig ihnen Tierwohl ist.

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Der Bauer sorgt sich um seine Kühe. «Bei uns hat jedes Tier einen Namen», sagt der porträtierte Bauer im Werbespot. - Schweizer Fleisch, Screenshot Youtube

Ehrliche Geschichten mit authentischen Hauptdarstellern zeige man, schreibt Proviande in einer Mitteilung. Porträtiert wurden acht Bauern und Metzger, den Claim beliess der Fleisch-Verband unverändert: «Der feine Unterschied.»

«Relativ realistisches Bild»

Doch entspricht die Tierwohl-Romantik der Realität? Ja, heisst es beim Schweizer Tierschutz (STS). Die Spots würden ein relativ realistisches Bild zeigen. «Allerdings nur eines Teils der landwirtschaftlichen Tierhaltung», sagt Cesare Sciarra, Leiter Kompetenzzentrum Nutztiere STS.

So wirbt Proviande für Schweizer Fleisch.

Er kritisiert, dass die gezeigte Schweinehaltung – mit Streu und Auslauf – nur auf Schweizer Label-Tierhaltung zutreffe. «Über 40 Prozent der Schweine werden aber in Stallungen gehalten, welche weder Auslauf ins Freie noch eingestreute Liegeflächen besitzen.» Diese Tiere müssten mit deutlich weniger Fläche auskommen.

Gleiche Kritik bei den Rinder-Spots. «Bis 40 Prozent der Mastrinder verfügen über keinen Auslauf und keine eingestreuten Liegeflächen.»

BTS ist bei Geflügel Normalität

Besser kommt das Bild aus dem Geflügel-Spot weg. Hier würden Tiere gezeigt, welche aus sogenannter BTS-Haltung stammen. Dieses Tierwohl-Programm des Bundes sei hierzulande Standard.

Proviande will, dass Schweizer Konsumenten Fleisch von Schweizer Tieren kaufen.

Für die Fleisch-Werbung kriegt Proviande Unterstützung vom Bund. Rund sechs Millionen Franken Subventionen erhält die Branchenorganisation jährlich. Sciarra hätte Verständnis, wenn mit dem Geld aufklärende Werbung produziert würde, «welche dem Konsumenten die unterschiedlichen Haltungsformen aufzeigt».

Doch: «Die Proviande-Werbung nutzt seit Jahren Bilder der besten Schweizer Betriebe für den Verkauf von Fleisch, auch aus sehr schlechten Betrieben. Das ist aus unserer Sicht nicht in Ordnung», sagt der Tierschützer.

Weitere Spots folgen

Proviande-Marketingleiter Marcel Portmann erklärt, dass man den Unterschied zwischen Fleisch aus der Schweiz und dem Ausland aufzeigen wolle. Und freut sich darüber, dass der Tierschutz die Spots für recht realistisch hält. «Wir zeigen in den Spots die vielfältigen und die meist verbreiteten Haltungsformen.»

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Was die Spots verschweigen: Nicht alle Rinder haben Auslauf. - Keystone

Man sei sich bewusst, dass es unterschiedliche Formen der Tierhaltung in der Schweiz gebe. «Um dem Anteil Rindern gerecht zu werden, welche nicht auf Grasland gehalten werden, ist aktuell ein Spot mit Mastrindern in Vorbereitung, welche das Grasland nicht beweiden.» Dieser Werbeclip wird im Januar 2020 veröffentlicht.

«Wir nutzen die Bilder, welche mehrheitlich in der Schweizer Tierhaltung vorkommen», fasst Portmann zusammen. «Damit sich der Konsument für Fleisch aus der Schweiz und nicht aus dem Ausland entscheidet.»

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Zwei von fünf Schweizer Mastrindern kommen nicht in den Genuss von frischem Gras, schon gar nicht auf solch idyllischen Weiden. - Schweizer Fleisch, Screenshot Youtube

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