Die Login-Pflicht bei Ringier oder Tamedia verletze das Kartellrecht, findet ein SVP-Politiker. Auch SP-Nationalrat Aebischer findet das Vorgehen fragwürdig.
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Wer 20 Minuten besucht, wird aufgefordert sich zu registrieren. Noch ist dies freiwillig. - Screenshot 20min.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Wer Blick.ch, 20min.ch oder NZZ.ch lesen will, muss sich ab nächstem Jahr registrieren.
  • SVP-Politiker Claudio Schmid reicht Beschwerde ein, wegen Ausnutzung der Machtposition.
  • Auch SP-Nationalrat Matthias Aebischer findet das Vorgehen äusserst «fragwürdig».

Seit Mitte Oktober werden Besucher der Webseiten von Tamedia (zum Beispiel 20 Minuten oder Tagesanzeiger), Ringier (Blick), CH Media (etwa Luzerner Zeitung oder St. Galler Tagblatt) und NZZ aufgefordert, sich einzuloggen. Das Login ist freiwillig – noch. Nächstes Jahr sollen nur noch registrierte User Zugang zu den Newsseiten haben.

Dieser Zwang zum Login stört Claudio Schmid. Der Zürcher SVP-Kantonsrat und Unternehmer hat bei der Wettbewerbskommission Beschwerde eingereicht. Für ihn ist klar: «Das ist meines Erachtens ein krasser Verstoss gegen das Schweizer Kartellgesetz», wie er gegenüber Nau.ch sagt.

claudio schmid
Claudio Schmid ist Zürcher SVP-Kantonsrat aus Bülach. Er hat bei der Wettbewerbskommission Beschwerde eingereicht, die Login-Allianz verletze das Kartellrecht. - zVg

Es ist mühsam, weil man nichts mehr lesen könne ohne Registrierung. «Das ist eine konzentrierte Aktion der ‹Big Four›, welche ihre Marktmacht ausnutzen.» Dabei stehe nicht wie behauptet der Nutzen für den User im Vordergrund, glaubt Schmid. Im Gegenteil: «Die Firmen machen Business und horchen Leute gezielt aus, um damit Geld zu verdienen.»

Für Schmid ist die Entwicklung grundsätzlich problematisch, denn die «Vermischung zwischen Redaktion und PR-Abteilung ist nicht mehr ersichtlich». Der SVP-Politiker glaubt, dass die Leser ohnehin nicht bereit sein werden, sich zu registrieren.

SP-Nationalrat Aebischer will Zeitung lesen, ohne beobachtet zu werden

Keine Freude an der Login-Allianz hat auch SP-Nationalrat Matthias Aebischer. Er kritisiert das Vorgehen scharf: «Ich will nicht, dass man mir sagt, was ich zu lesen habe.» Auch gegen Bezahlung wolle er anonym bleiben können. «Mit dem Druck hochqualifizierter Medienprodukte ein ‹Big Brother›-Modell zu installieren, erachte ich als äusserst fragwürdig.»

Matthias Aebischer
Matthias Aebischer ist SP-Nationalrat, war lange Jahre Journalist bei SRF und war Medien-Dozent an der Universität Freiburg. - Nau

Genauso wenig wolle er im Netz verfolgt werden und über die eigenen Vorlieben ausspioniert werden. Die «Big Four» decken zudem einen derart grossen Bereich ab, dass der User praktisch keine Möglichkeit mehr habe, eine Zeitung zu lesen, ohne dass sein Tun erfasst werde. «Das geht gar nicht», wählt Aebischer klare Worte.

Nick Lüthi glaubt nicht, dass Claudio Schmid bei der Wettbewerbskommission Erfolg haben wird. Der Journalist ist Branchenkenner und Chefredaktor von Medienwoche.ch.

«Neben den Plattformen der Verlage, die sich zu einer Login-Allianz zusammengeschlossen haben, gibt es weiterhin viele Medienangebote, die auch in Zukunft ohne Login zugänglich sein werden – darunter auch Nau.ch», sagt Lüthi.

nick lüthi
Nick Lüthi, Publizistische Verantwortung der Medienwoche, spricht während dem Schweizer Medienkongress 2015 in Interlaken. - Keystone

«Eine zentrale Rolle spielt hier auch die SRG, die als Service-Public-Medium allen Nutzenden ohne Hürden zugänglich sein muss.» Auch für Matthias Aebischer wäre eine Login-Pflicht bei der SRG ein No-Go.

Login soll bessere Daten für Werbekunden liefern

Lüthi gibt Claudio Schmid aber in einem anderen Punkt recht. Es sei kein Geheimnis, dass die Login-Allianz kommerziell getrieben sei. «Sie soll helfen, vom digitalen Werbekuchen ein grösseres Stück abzuschneiden, indem die Verlage den Werbekunden bessere Daten über ihr Publikum vorlegen können.»

Dass sich Nutzer von einer Registrierungspflicht abschrecken und auf andere Newsportale ausweichen werden, glaubt Nick Lüthi indes nicht. «Das Login ist ja sehr niederschwellig. Man muss nur eine E-Mail-Adresse eintragen und ein Passwort generieren. Insofern denke ich, dass ein beträchtlicher Teil der Nutzer diesen Schritt machen wird.»

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