Sollen sich Lehrlinge Ferien dazuverdienen können?

Nicola Aerschmann
Nicola Aerschmann

Luzern,

Eine Luzerner Beiz gibt den Lehrlingen je nach Noten und Verhalten zusätzliche Ferienwochen. Der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaft Unia nehmen Stellung.

Lehrling
Ein Lehrling bei der Arbeit in einer Schreinerei. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Gewerkschaften fordern eine Erhöhung der Anzahl Ferienwochen in der Lehre.
  • Ein Luzerner Gastronomiebetrieb setzt stattdessen auf ein Bonussystem.
  • Die Arbeitgeber finden die Grundidee gut – von gewerkschaftlicher Seite kommt Kritik.

Wie viele Wochen Ferien sind in der Lehre angemessen? Diese Frage wird derzeit politisch wieder diskutiert. Zuletzt äusserten Gewerkschaften die Forderung, dass es für alle Lehrlinge acht Wochen Ferien brauche.

Ein offener Brief, der genau dies fordert, hat gemäss den Angaben auf der entsprechenden Seite bereits über 160'000 Unterschriften erhalten. Der Gewerbeverband spricht sich dagegen aus. Man wolle keine nationale Regelung für alle Branchen.

«Wilhelm Tell» Schiffrestaurant
Im Schiffrestaurant des «Wilhelm Tell» werden Lehrlinge bei höflichem Verhalten und guten Noten mit bis zu acht Wochen Ferien belohnt. - keystone

Eine weitere Möglichkeit, die Ferien in der Lehre aufzustocken, zeigt das Luzerner Schiffrestaurant «Wilhelm Tell». Gute Noten und erwünschtes Verhalten werden mit zusätzlichen Ferienwochen belohnt. Statt der regulären fünf Wochen können Lehrlinge so bis zu acht Wochen freihaben.

Wäre eine solche Lösung schweizweit betrachtet sinnvoll? Gerade weil viele Betriebe Mühe haben, Lehrstellen zu besetzen, scheint es nötig zu sein, die Attraktivität der Lehre zu steigern.

Arbeitgeber: Bonussystem gut – aber nur freiwillig

Der Schweizerische Arbeitgeberverband findet ein solches Bonussystem nicht grundschlecht.

Nicole Meier, Leiterin Bildung, sagt gegenüber Nau.ch: «Ein Ferienbonus-System kann ein wirksames Instrument der Talentförderung sein.» Es sollte aus der Sicht der Arbeitgeber aber nicht zur Norm oder gar zur Pflicht werden.

«Wichtig ist, dass solche Bonussysteme als Chance verstanden und entsprechend umgesetzt werden.» Dies, «um die Attraktivität der Lehre – gerade für leistungsorientierte Jugendliche – zu steigern».

Pauschale Erhöhungen der Ferienwochen würden hingegen den Druck auf Lernende und Berufsbildner erhöhen. Denn dann müssten dieselben Lernziele in kürzerer Zeit erreicht werden.

Hast du eine Lehre absolviert?

Zudem hält Meier fest: «Die Betriebe und Branchen in der Schweiz sind äusserst heterogen.» Was in einem Luzerner Gastrobetrieb funktioniere, funktioniere nicht zwingend in anderen Unternehmen.

Grundsätzlich begrüsse der Arbeitgeberverband «innovative Ideen, welche die Motivation und Leistung von Lernenden fördern». Sie müssten aber auf Freiwilligkeit beruhen, im Alltag umsetzbar sein und fair umgesetzt werden.

Unia: Bonussystem erzeugt unnötigen Druck

Wenig anfangen mit einem solchen Bonussystem kann die Gewerkschaft Unia. Giuseppe Reo, Regionalverantwortlicher in Luzern, sagt gegenüber Nau.ch: «Ein Bonussystem wird eine Berufslehre sicher nicht attraktiver machen.»

Für Reo ist eher das Gegenteil der Fall. Die Massnahme würde den Lehrling nämlich weiterem Druck aussetzen. «Nebst dem gesamten Druck, der sonst schon herrscht, würde ein kompetitiver Druck künstlich erzeugt.»

Lehre
Mehr Ferien für alle Lehrlinge, nicht nur für bestimmte: Das fordert ein offener Brief aus Gewerkschaftskreisen. - keystone

Dazu stelle sich die Frage, wie man die Leistungen messen soll. «Das einzige objektive Kriterium wären die Schulnoten», so Reo. Insgesamt sei es nicht richtig, Lehrlinge mit Boni zu ködern. Letztlich gehe es darum, die Leute auszubilden und auch Fehler zuzulassen.

Die acht Wochen für alle Lehrlinge, die von den Gewerkschaften gefordert wird, seien nicht unrealistisch. Im Vergleich zu anderen Menschen im gleichen Alter würden die Lehrlinge derzeit ungleich behandelt. Zur Erläuterung: Im Gymnasium haben die Schülerinnen und Schüler beispielsweise 13 Wochen Ferien.

«Mehr Ferien könnten die Lehre attraktiver machen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken», ist für Reo klar. Drei zusätzliche Ferienwochen seien zudem auch finanzierbar.

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Kommentare

User #5400 (nicht angemeldet)

Lecko mio, dass man so etwas überhaupt diskutiert. Was sind denn das für Leistungsfähige junge Leute denen alles zuviel ist. Früher in der Lehre gab es ein Meister der sagte wo lang geht. Dann habt es den Oberstift der sagte auch wo es lang geht. Man hat sich eben durch gebissen, am Freitag die ganze Werkstatt geputzt, alle Maschinen geputzt usw. Bin ich froh sind nicht alle Jungen so aber dieses Schneeflocken getue ist nur dadurch erklärbar, dass diese Kinder nicht zur Leistung erzogen wurden und es sind nicht nur diejenigen die eine Lehre machen das zieht sich durch alle Ausbildungswege. 😅😅😅 Aber was solls, auch die müssen irgendwann eine Miete bezahlen und KK und Steuern user. Der Schock wird dann doppelt so heftig. Mal sehen wie die neuen Politiker aus dieser Generation die Kohle auftreiben wollen. Lernt wieder zu arbeiten und habt Freude an Leistung.

User #7774 (nicht angemeldet)

Lehrlinge sollten 50% anfangen und dann kontinuierlich auf 100% steigen.

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